Wie Samt auf meiner Haut
endlich entschlossen hatte, auf dem Heiratsmarkt
aktiv zu werden. Er brauchte einen Erben und gedachte dieses Problem bis zum
Ende der Saison zu lösen.
Avery
runzelte die Stirn. Diesen Balfour konnte er nicht in Mary Stantons Nähe
dulden. Der Mann stand im Ruf, ein Verführer zu sein, und Mary war bereits
verlobt, wiewohl sie es noch nicht wußte. Avery würde es dem Earl mit gebührender
Deutlichkeit beibringen. Sobald er seine lästige Verlobte los war, gedachte er,
seinen ganzen Charme bei Mary Stanton spielen zu lassen.
Avery
lächelte. Das Mädchen würde in die Ehe einwilligen – und zwar bald. Er würde
dafür sorgen, daß ihr nichts anderes übrigblieb. Der Fehler, den er bei Velvet
Moran gemacht hatte, würde ihm bei Mary nicht unterlaufen.
Er strich
über seinen falschen dunklen Bart und dachte an Heinrich. Sobald er wieder zu
Geld gekommen war, wollte er seine Macht ausbauen. Vielleicht würde er sogar
sein Mütchen an Velvet Moran kühlen, wenn sich seine Position wieder
gefestigt hatte.
Velvet, die
es mit dem Earl of Whitmore kaum noch aushielt, zwang sich zu einem Lächeln.
Den ganzen Abend lang hatte er nichts anderes getan, als ihre Brüste mit
lüsternem Lächeln anzustarren. Zum Glück hatte Avery den Großteil des Abends
seine Rolle perfekt gespielt, hatte mit ihr getanzt und aller Welt kundgetan,
daß sie noch ein Paar waren und daß zwischen ihnen alles stimmte. Eine
Zeitlang hatte seine übertriebene Aufmerksamkeit sie vor den
Annäherungsversuchen des Earls bewahrt, nun aber schien der Herzog anderweitig
interessiert.
»Sie sehen
müde aus, meine Liebe«, sagte der Earl mit einem Blick auf ihre Wangen, die vom
letzten Tanz gerötet waren. »Vielleicht würde ein Moment auf der Terrasse Sie
erfrischen.«
»Nein! Ich
meine ... tut mir leid, Mylord, aber ich fürchte, daß es nicht geht.« O Gott,
Erbarmen! Mit diesem alten Lüstling allein zu sein, war das allerletzte, was
sie wollte. »Den nächsten Tanz habe ich schon jemandem versprochen. Sicher wird
mein Partner jeden Moment auftauchen und sein Recht fordern.«
Sie drehte
sich um und wollte gehen, in der Hoffnung, ihm zu entkommen, wurde jedoch
abrupt daran gehindert, da ihr eine breite Brust den Weg versperrte.
»Ganz
recht, Mylady«, hörte sie die rauhe und doch samtige Stimme, die ihr so gut in
Erinnerung geblieben war. »Wenn ich nicht irre, gehört dieser Tanz mir.«
Jason! Ihr Herz fing zu rasen an und schlug
in eigenartigem Rhythmus. Er konnte es nicht sein. Er konnte unmöglich hier
sein. Er war maskiert und trug eine Perücke, und doch wußte sie ohne Zweifel,
wer er war.
»Mylady?«
Er verbeugte sich tief und deutete mit schräggelegtem Kopf zurück auf die
Tanzfläche.
Ihr Mund
war wie ausgetrocknet. »Nun ... ja, ich glaube, dieser Tanz
gehört Ihnen, Mylord.« Er trug den scharlachroten Rock und die knappen weißen
Breeches eines Offiziers der Kavallerie. Seine kraftvollen Beine steckten in
hohen schwarzen Stiefeln. Eine silberne Perücke bedeckte sein dunkles Haar,
eine schwarze Seidenmaske verhüllte die obere Gesichtshälfte, nicht jedoch die
leuchtenden blauen Augen, deren beunruhigende Wirkung sie sofort spürte.
Seine
dargebotene Hand ergreifend, wurde ihr wieder seine imponierende Kraft bewußt,
als er ihre Finger warm und energisch umschloß. Ihre Knie zitterten unter ihrer
blauen Tunika, als er sie auf die Tanzfläche führte.
Sie sah ihn
an, spürte die Glut seines Blickes, und Erregung durchfuhr sie. Mit einem
Schlag ging ihr auf, wie sehr er ihr gefehlt hatte, seit damals, als er sie auf
dem Feld zurückgelassen hatte. Wie oft sie an ihn gedacht hatte, wie sehr sie
sich um ihn gesorgt hatte! Es war verrückt, doch ihre Besorgnis um ihn war
geblieben und wuchs, als sie ihn die Tanzfiguren ausführen sah, anmutig wie ein
Höfling, obwohl er größer und breiter war als der Großteil der anderen
männlichen Gäste. Velvet sah nervös an ihm vorüber zu den anderen. Die Situation
war für ihn nicht ungefährlich. Wer immer er war, er war sicher ein
Gesetzesbrecher und jeder, dem er etwas angetan hatte, würde ihn so leicht
erkennen wie sie. Man würde ihn festnehmen, womöglich sogar ins Gefängnis
werfen. Lieber Gott, selbst als verarmter Edelmann war er gegen den Arm des
Gesetzes nicht gefeit.
Sie
versuchte sich auf die Melodie zu konzentrieren, die gespielt wurde, einen
ländlichen Tanz, der kein Ende zu nehmen schien. Ihre Gedanken waren
intensivst mit dem Mann ihr gegenüber beschäftigt. Trotz
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