Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet
gesagt.« Johannes presst dieses »Nein« verächtlich heraus.
»Und was passiert dann?«, will der Opa wissen.
»Dann textet mich Mama zu.« Johannes verschränkt die Arme und zieht eine finstere Schnute.
»Was heißt zutexten?«, fragt Willi.
»Na ja, sie labert und labert und labert.«
»Ah ja.«
»Genauso war’s auch heute.«
»Und wie hat sie dich heute zugetextet?«
Johannes schlüpft nun in die Rolle seiner Mutter, ahmt ihre Stimme und Körperhaltung perfekt nach.
»Johannes, jetzt hör mir mal zu!«, imitiert er Katharina. »Wir hatten Opa versprochen, diese Woche zu kommen. Du bist doch so gern bei Opa, oder? Und du freust dich doch auch über sein Taschengeld.«
Hannes atmet genervt aus. »Und so weiter! Und so weiter!«
»Apropos Taschengeld, hier!« Willi steckt seinem Enkel ein Scheinchen zu.
»Danke, Opa!«, freut sich Hannes. »Deswegen habe ich das aber nicht erzählt.«
»Schon gut«, lacht Willi und klopft seinem Enkel sacht auf den Rücken. Nachdenklich stellt er dann fest: »So, so, da textet dich die Mama also immer zu. Wie lange dauert das denn so?«
»’ne Viertelstunde mindestens! Heute war es länger.«
»Und was passiert dann?«
»Dann sag ich, okay, ich komme mit.«
Willi muss schmunzeln.
»Ich find das aber nicht so witzig«, beschwert sich Johannes.
»Das versteh ich«, entschuldigt sich der Opa.
»Was könnte deine Mama denn anders machen?«
»Ich wüsste da schon was«, verkündet Johannes und macht es spannend.
»Was denn?«, will sein Opa wissen. »Ich bin neugierig.«
»Na ja, die Mama kann doch einfach sagen, wie es ist.«
»Wie meinst du das?«
»Na ja, sie kann sagen: Hannes, ich will heut gern zu Opa, ich habe schon mit ihm telefoniert. Und ich möchte, dass du mitkommst!«
»Und was hätte sie davon?«, will der Opa wissen.
Johannes lacht seinen Opa spitzbübisch an. »Na, dann wären wir heute pünktlich gewesen!«, verkündet er triumphierend. »Und sie wäre nicht so im Stress!«
Es gibt Fragen, die sind gar keine
Vieles spricht dafür, Kinder bei einer Entscheidung zu beteiligen, fördert dies doch auch die Bereitschaft, Mut zu eigenen Entscheidungen zu entwickeln und Verantwortung dafür zu übernehmen. Dazu ist es wichtig, mit einem offenen Ausgang in das Gespräch zu gehen: »Ich habe mir überlegt, zu Opa zu gehen. Was meinst du?« Oder: »Hättest du Lust, zu Opa zu gehen?« Oder: »Wir könnten mal wieder Opa besuchen. Was hältst du davon?«
Bei diesem Vorgehen darf aber noch KEINE VORENTSCHEIDUNG gefallen sein. Das Kind muss spüren, dass es an einer Entscheidung wirklich mitwirkt. Es ist also wichtig, dass Sie sich vor dem Gespräch darüber klar sind: Teile ich dem Kind eine bereits getroffene Entscheidung mit, oder will ich gemeinsam mit dem Kind zu einer Lösung kommen, die beide Seiten zufriedenstellt?
»Ein Kommandowort bewegt Armeen ; das Wort ›Freiheit‹ Nationen .«
[ Novalis | deutscher Schriftsteller (1772–1801) ]
Wer will das nicht: Harmonie, Verständnis und Akzeptanz. Doch Streit und Konflikte sind normale Bestandteile des Familienalltags – und keine persönlichen Niederlagen oder Zeichen für Inkompetenz. Deshalb sollten Eltern ihre Energie nicht darauf verwenden, Konflikte zu vermeiden, sondern produktiv mit ihnen umgehen, sie als Herausforderung betrachten, um zu Lösungen zu kommen, die allen Beteiligten gerecht werden.
»Warum
artet
jeder
Streit
bei uns nur so
aus
?«
Konflikte gehören zum Leben und sind an sich kein Problem, wenn am Ende zwar kein Happy End à la Hollywood steht, dafür aber eine Entscheidung, mit der alle Beteiligten leben können. Denn auch wenn die Wogen zu hoch gegangen sind und alle eine Achterbahnfahrt der Gefühle hinter sich haben, kann das zu einem konstruktiven Resultat führen. Dazu müssen zwei Dinge erfüllt sein: Zum einen sind alle Beteiligten bestrebt, zu einer Lösung zu kommen, die den Interessen und Bedürfnissen aller – der Eltern wie der Kinder – gerecht wird. Und zum anderen gibt es am Ende WEDER SIEGER NOCH BESIEGTE , dafür aber mit dem Ergebnis Zufriedene.
Gibt es zwischen Ihnen und Ihren Kindern immer wiederkehrende Streit- und Konfliktsituationen, sollten Sie nach den Gründen dafür suchen. Allerdings nicht im Sinne einer schmerzlichen Selbstkasteiung – »Warum muss ich immer streiten« oder »Ich bin schuld, wenn ständig dieser Konflikt ausbricht« oder »Wie wäre es schön, wenn es diese unerquicklichen Auseinandersetzungen nicht gäbe« –,
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