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Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Titel: Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge , Angelika Bartram
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Normen und Werten. In Kraftausdrücken und Schimpfwörtern spiegeln sich aber auch das Unmoralische und das Anarchische kindlicher Fantasien. Die Bedeutung von Ausdrücken und Verballhornungen erschließt sich Kindern erst, wenn sie die Wörter in verschiedenen Zusammenhängen benutzen und die Reaktionen ihrer Umgebung erleben.
    Jüngere Kinder nehmen das Ordinäre der Sprache und auch VERBALE AGGRESSIONEN überall wahr – bei ihren Eltern, denen ein Fluch herausrutscht, genauso wie bei Spielkameraden. Sie hören die entsprechenden Ausdrücke und erfahren durch Beobachtung deren Wirkung. Sie kennen aber nicht immer deren wirkliche Bedeutung, sind es doch meist Ältere, die Kraftausdrücke gebrauchen. Die jüngeren Kinder übernehmen dann – nicht: imitieren! – die aufgeschnappten Wörter, stellen sie in einen ihnen vertrauten, deshalb meist familiären, Zusammenhang und beobachten die Wirkung ihrer Worte. Je heftiger die Reaktionen der Erwachsenen, umso mehr ahnen Kinder, einen »Volltreffer« gelandet zu haben. Und jedes Kind wird versuchen, diesen »Volltreffer« zu wiederholen und die GRENZEN DER ERWACHSENEN zu testen.
Robin spielt mit der Arschgeige
    Jetzt ist es bei ihrem Robin auch so weit! Traudl, die Mutter des Vierjährigen, greift zum Telefon und ruft ihre Freundin an: »Ina, ich brauch deinen Rat! Stell dir vor, Robin kommt heute vom Kindergarten nach Hause. Und was soll ich dir sagen … Weißt du, was er zu mir gesagt hat … Nein, nicht das böse Wort mit ›f‹. Eben das andere … Nein, Ina, auch nicht das mit ›…loch‹. Ich will’s jetzt gar nicht sagen … Die Frage ist doch, was mach ich da, wenn das so weitergeht … ich meine, deswegen schicke ich Robin doch nicht in die Kita!«
    Robin besucht seit drei Tagen den Kindergarten. Und natürlich haben ihn seine Eltern dorthin geschickt, damit er lauter schöne Sachen mit den anderen Kindern macht. Laternen basteln zum Beispiel. Aber im Kindergarten wird ja heute kaum mehr gebastelt. Warum auch? Die Laterne geht nach drei Wochen kaputt oder sie hängt 20 Jahre im Wohnzimmer, um den Eltern zu zeigen, wie alt sie geworden sind. Also warum basteln? Robin hat da etwas viel Besseres gefunden. Das hat er sich bei Tobias abgeschaut. Tobias ist Robin im Kindergarten als Pate zugewiesen worden. Tobias ist schon sechs und weiß, wie der Hase läuft. Er ist bereits seit zwei Jahren im Kindergarten und kennt alle Schwächen seiner Erzieherinnen. Robin findet Tobias toll. An diesem Morgen hört er, wie Tobias zu Katja, auch sechs Jahre, ganz lässig ein Wort sagt, das Robin vorher noch nie gehört hat: »Arschgeige!«
    »Selber Arschgeige!«, hat Katja geantwortet und Tobias die Zunge rausgestreckt.
    Dieses Wort geht Robin nicht mehr aus dem Kopf. »Arsch«, das kennt er schon vom Papa beim Autofahren. Und immer wenn Papa das sagt, stößt Mama ein empörtes »Hans-Georg!« aus. Auch das Wort »Geige« ist Robin bekannt, von seiner Schwester, die den Geigenunterricht besucht und deshalb ständig Ärger hat, weil sie nicht üben will. Aber »Arschgeige«?
    Und Robin denkt sich, wenn ich schon keine Laterne mitbringe aus dem Kindergarten, dann bringe ich eben dieses Wort mit.
»Hallo, du Arschgeige!«
    Zu Hause, als seine Mutter ihn freundlich fragt: »Na, mein Schatz, wie war’s im Kindergarten?«, da stellt er sich vor ihr auf, lächelt spitzbübisch und sagt: »Hallo, du Arschgeige!«
    Robin lauscht den Konsonanten und Vokalen nach, genießt den Klang. Welch wundersame Kombination! So weich! Und er zelebriert das Wort noch einmal: »Arschgeige!«
    Seine Mutter Traudl gibt sich zwar alle Mühe, sich zu beherrschen, zischt dann aber entsetzt und in hoher Lautstärke: »Woher hast du das?« Und ihre Augen weiten sich vor Entsetzen.
    Robin vergräbt seine Arme bis über beide Ellbogen in seinen Hosentaschen, schaukelt ein wenig hin und her und antwortet dann betont unschuldig: »Aus dem Kindergarten. Das sagen alle …«
    Traudl kann es nicht fassen. Sie greift zum Telefonhörer: »Da ruf ich jetzt sofort an! Das ist ja wohl die Höhe! Dafür zahl ich doch nicht!«
    Während sie im Kindergarten anruft, denkt Robin zufrieden: »Treffer versenkt! In zwei Stunden kommt Oma, mal sehen, wie die das neue Wort findet!«
»Das sagt man nicht!«
    »Hallo, Robin!«, begrüßt die Oma kurz darauf fröhlich ihren Enkel.
    »Hallo, du Arschgeige!«, antwortet der grinsend.
    Die Mutter zieht ihn am Arm zur Seite. »Robin, jetzt hör auf damit!«
    Und sie erklärt ihrer

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