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Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet

Titel: Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge , Angelika Bartram
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Schwiegermutter: »Das Schimpfwort hat er im Kindergarten gelernt.«
    »Was für ein Wort?«, fragt Robin.
    »Das weißt du ganz genau!«, faucht seine Mutter. »Jetzt ist aber Schluss! Sofort Schluss!«
    »Warum?«, hakt Robin nach.
    »Das sagt man nicht! Ich sag’s nicht zu dir. Und ich will nicht, dass du es zu mir sagst!«
    »Kannst du aber ruhig sagen«, lacht Robin. »Robin, du Arschgeige!« Er verdreht genussvoll die Augen. Die Großmutter kann ein Lachen kaum unterdrücken.
    »Komm, zeig mir dein neues Buch.« Sie nimmt ihren Enkel an der Hand und verschwindet mit ihm im Kinderzimmer. Robin kuschelt sich auf den Schoß seiner Oma. Zusammen blättern sie das Bilderbuch durch. Zwischendurch streichelt er sie.
»Ich bin keine Arschgeige«
    Nach einiger Zeit sieht die Großmutter ihren Enkel an. »Du Robin, ich bin keine Arschgeige.«
    Robin reißt seine Augen überrascht auf und überlegt kurz. Dann gibt er seiner Oma einen dicken Kuss. »Du bist keine Arschgeige, du bist meine alte Geige.«
    »Aber eine ganz alte …«, lacht Robins Oma.
    Als sie das Zimmer dann gemeinsam verlassen, spricht Robin extra laut, damit seine Mutter ihn auch ja hört: »Hallo Oma, du A…!«
    »In der rechten Tonart kann man alles sagen. In der falschen nichts .«
    [ George Bernhard Shaw | irischer Literat (1856–1950)  ]
    Traudl eilt herbei. »Robin, noch einmal, hörst du?«, droht sie mit energischem Unterton. »Noch einmal, hast du mich verstanden?« Robin sieht seine Mutter spitzbübisch an, dann streichelt er seine Oma. »Du bist meine alte Geige, nicht?« Die Großmutter nickt.
    Traudl bleibt mit offenem Mund stehen und schüttelt den Kopf. Sie versteht die Welt nicht mehr. Und auf dem Weg zum Wohnzimmer hört sie, wie Robin vor sich hinsingt: » Arschgeige … Geigenarsch … Geigenbeige … Arschibeige … Beigiarschi …« Der Rest geht in Robins Gelächter unter.
»Der ist ein richtiger Arsch!«
    Traudl denkt noch viel darüber nach. Und als ihr Mann Hans-Georg am Abend nach Hause kommt und sie mit dem gewohnten »Na, Schatz, wie war’s?« begrüßt, soll auch er es gleich wissen.
    »Stell dir vor, jetzt fängt Robin auch schon mit diesen Wörtern an.«
    »Mit welchen?«
    »Na, du weißt schon … bringt er alles aus dem Kindergarten mit. Wär gut, wenn du auch mal mit ihm reden würdest.«
    »Ja, ja, klar … mach ich.« Mit einem tiefen Seufzer lässt Hans-Georg sich in den Sessel fallen und greift zur Zeitung.
    »Und wie war’s bei dir?«, erkundigt sich Traudl.
    »Ging so. Der Breuer schießt immer noch quer! Weißt du, was der für mich ist?« – »Na?«, will Traudl wissen.
    »Ein Arsch! Ein richtiges Arschloch!«
    Robin hat die Unterhaltung interessiert verfolgt. »Du, Papa!«, mischt er sich ein. »So etwas sagen wir aber nicht!«
Sprache lädt zum Spielen ein, aber auch zum achtsamen Umgang
    Eltern sind stolz darauf, wenn Kinder sprechen, sich angemessen ausdrücken können, wenn sie »Bitte« und »Danke« sagen, die Grammatik beherrschen und auch ansonsten wortgewandt auftreten. Aber wehe, Kinder gebrauchen Schimpfworte, vermögen die Fäkalsprache gezielt einzusetzen, und das noch in Situationen, die den Eltern mehr als nur peinlich sind – dann ist die Not groß und der Blick geht hilfesuchend zum Himmel, als könne man von dort eine Lösung erwarten. Kinder nehmen auf elterliche Erwartungen, SICH GESITTET AUSZUDRÜCKEN , nicht immer Rücksicht. Sprache zu gebrauchen heißt für sie, sich auszudrücken mit allem, was die Sprache hergibt: Und dazu zählen nun mal auch deftige Formulierungen. Die können Sie nicht verhindern oder unterdrücken. Sie können aber angemessene Reaktionen entwickeln: Denn bei allem Verständnis dafür, dass grenzüberschreitende Ausdrücke zum sprachlichen Repertoire eines Heranwachsenden gehören, akzeptieren darf man sie als Erwachsener nicht. Denn eine falsch verstandene Lässigkeit – gerade in der Sprache – führt schnell dazu, Normen und Werte, Achtung und Respekt und damit die notwendige VERLÄSSLICHKEIT in den menschlichen Beziehungen zu untergraben. Ein paar wichtige Strategien hätten Robins Mutter geholfen, mit dem Kraftausdruck ihres Sohnes umzugehen. Diese finden Sie im nebenstehenden Kasten.
    TIPP
    3 Strategien bei Kraftausdrücken
Hören Sie einen bestimmten Kraftausdruck das erste oder zweite Mal, ÜBERHÖREN Sie ihn am besten. Ganz im Sinne des Modell-Lernens kann dies aufseiten des Kindes zur Überlegung führen: Was woanders gewirkt hat, kommt zu Hause

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