Wie Sie reden, damit Ihr Kind zuhoert und wie Sie zuhoeren, damit Ihr Kind redet
einem Verhör fühlen. Fragen Sie zum Beispiel »Wie war es denn in der Schule (oder im Kindergarten)?«, bekommen Sie deshalb auch nur knappe oder gar keine Antworten. Solche Fragen kühlen die Atmosphäre ab und bauen kein Vertrauen auf.
Nun haben geschlossene Fragen auch ihren Sinn. Sie dienen vor allem dazu, über Fakten kurz und knapp informiert zu werden. Eine ständige Aneinanderreihung von GESCHLOSSENEN FRAGEN führt allerdings dazu, dass Kinder immer mehr verstummen, weil sie sich ausgefragt und in die Ecke gedrängt fühlen. Dies gilt insbesondere für eher introvertierte Kinder. Je »verschlossener« ein Kind ist, desto mehr muss es aufgeschlossen werden, desto mehr braucht es Sicherheit und eine Atmosphäre, die Vertrauen aufbauen hilft.
Mit alternativen Formulierungen wie »Erzähl mal von der Schule! Was hast du denn da erlebt?« oder »Erzähl mal, was ist heute im Kindergarten so passiert?« bekunden Sie mehr Interesse am Alltag Ihres Kindes. Dadurch fordern Sie es zum Berichten und zum Formulieren auf, nehmen seine Persönlichkeit ernst und versuchen, sich in seine Gefühle und Befindlichkeiten hineinzuversetzen. Solche offenen Fragen setzen freilich GEGENSEITIGES VERTRAUEN und ein Sichaufeinander-Einlassen voraus, weil sie eben nicht nur Informationen abfragen, sondern auch Hintergründe und die dazugehörigen Befindlichkeiten.
Reden in angenehmer Atmosphäre
Martine Delfos hat noch auf einen weiteren wichtigen Gesichtspunkt verwiesen, der den »Verhör-Charakter« einer Gesprächssituation aufweicht und die langweilige Abfolge von Fragen und Antworten unterbricht. Für Kinder ist längeres konzentriertes Sitzen sehr anstrengend. Es spannt sie an. Deshalb fangen sie häufig an, mit dem Stuhl zu kippeln, nehmen etwas in die Hand, schauen aus dem Fenster oder lenken sich auf andere Weise ab. Je jünger ein Kind ist, umso mehr Bewegung braucht es. Bei SPIEL UND SPORT kann es sich nicht nur gut entspannen. Dabei entsteht auch eine angenehme Atmosphäre, in der sich gegenseitiges Vertrauen aufbaut und die Bereitschaft entsteht, sich aufeinander einzulassen. Deshalb gibt Martine Delfos den Rat, Spielen und Reden miteinander zu kombinieren, das Gespräch einzubinden in eine Spielsituation, die dem Kind Sicherheit gibt – ganz nach dem Motto: spielend erzählen und erzählend spielen.
Wir möchten noch ergänzen, dass auch auf gemeinsamen Spaziergängen und Wanderungen oft eine ungezwungene Atmosphäre entsteht, in der es sich offener reden lässt als in geschlossenen Räumen. Quasi nebenbei erzählen dann viele Kinder ganz selbstverständlich aus ihrem Alltag, von ihren Freuden und Sorgen. Und oft haben die Kinder dann auch mal Gelegenheit, ihre Eltern zu befragen – über die eigene Kindheit, nach deren Leben oder einfach über die alten Zeiten.
Erfolg nicht garantiert
Verbiegen Sie sich aber nicht, bleiben Sie authentisch, auch in der Gesprächsführung! Und erwarten Sie nicht zu viel: Sie können noch so gut zuhören und interessiert nachfragen – ein gutes Gespräch gelingt nicht immer. Vieles hängt von der Tagesform der Beteiligten ab. Manchmal ist einer schlecht drauf, ein anderes Mal ein anderer. Manchmal verpasst man den richtigen Zeitpunkt zum Gespräch, oder man rutscht wieder in altgewohnte Formen der SCHULDZUWEISUNG UND BESSERWISSEREI . So etwas kann passieren! Stecken Sie deshalb nicht Ihre ganze Energie in die Vermeidung von Fehlern. Die gehören nun mal zum Leben. Und es ist ebenso produktiv wie spannend, wenn Sie sich so akzeptieren, wie Sie sind. Wenn Sie sich und Ihre Fehler annehmen, können Sie auch Ihre Kinder mit ihren Fehlern annehmen. Und für Heranwachsende ist es ermutigend, mit Menschen aus Fleisch und Blut zusammenzuleben und nicht mit pädagogischen Obergurus, die alles wissen und können und die die Schuld, sollte das Erziehungsprogramm nicht funktionieren, niemals bei sich, sondern grundsätzlich beim Kind suchen. Nach dem Motto: Wenn du nicht so böse wärst, dann könnte ich auch gut sein!
TIPP
4 Fragetechniken für eine Atmosphäre des Vertrauens
Erzählt Ihr Kind etwas, können Sie KURZE RÜCKFRAGEN stellen, die ihm Gelegenheit geben, sich ausführlicher zu äußern. Zugleich können Sie sich vergewissern, ob Sie Ihr Kind und seine Schilderungen verstanden haben. Anstelle der Rückfragen können Sie auch ein Wort aus der Erzählung des Kindes aufgreifen und darum bitten, dieses ausführlicher zu erläutern: »›Böse‹, hast du gesagt. Was meinst du
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