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Wie soll ich leben?

Wie soll ich leben?

Titel: Wie soll ich leben? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bakewell
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Anfang 1589 verließ er Blois. Ende Januar war er wieder auf seinem Landgut und in seiner Bibliothek. Dort war er weiter aktiv und blieb in Verbindung mit Matignon, Generalleutnant und Bürgermeister von Bordeaux in Personalunion. Er scheint jedoch von nun an keine diplomatischen Missionen mehr erfüllt zu haben. Ironischerweise kam es kurz nach seinem Rückzug zu der lang ersehnten Annäherung zwischen Heinrich III. und Heinrich von Navarra. Sie bündelten ihre Kräfte und belagerten im Sommer 1589 die von der Liga beherrschte Hauptstadt.
    Dies aber war ein neuer Fehler des Königs. Als sich die Armeen inihren Lagern außerhalb der Stadttore sammelten, war Heinrich III. in Reichweite der Ligisten von Paris. Der junge Dominikanermönch Jacques Clément fühlte sich von Gott aufgerufen zu handeln. Unter dem Vorwand, dem König eine Botschaft von heimlichen Sympathisanten in der Stadt zu überbringen, wurde er am 1. August zum König vorgelassen, der in diesem Augenblick auf der Toilette saß – der übliche Rahmen für einen Monarchen, Besucher zu empfangen. Clément zückte einen Dolch und stach ihn dem König in den Unterleib, bevor er von Wachen überwältigt und getötet wurde. Heinrich verblutete langsam. Eine seiner letzten Handlungen war die Ernennung Heinrichs von Navarra zum Thronerben – unter der Bedingung, dass er zum katholischen Glauben zurückkehrte.
    Die Nachricht vom Tod des Königs wurde in Paris mit Jubel aufgenommen. Papst Sixtus V. lobte die mörderische Tat. Und endlich erklärte sich Heinrich von Navarra bereit, erneut zum Katholizismus zu konvertieren. Anfangs weigerten sich einige Katholiken, ihn anzuerkennen, besonders die Mitglieder des Pariser Parlaments, die den Kardinal von Bourbon als König betrachteten. Aber mit der Zeit gelang es Heinrich, sich durchzusetzen. Er wurde als Heinrich IV. unangefochtener König von Frankreich: der Monarch, der schließlich einen Weg fand, die Bürgerkriege zu beenden und das Land zu einigen. Dies gelang ihm vorrangig durch die Kraft seiner Persönlichkeit. Er war der König, auf den die politiques immer gehofft hatten.
    Montaigne, der mit dem Navarrer stets eine freundschaftliche Beziehung gepflegt hatte, fand sich jetzt erneut in einer halboffiziellen Rolle als Berater des nunmehrigen Königs Heinrich IV. – als erstaunlich freimütiger Berater, wie sich bald zeigen sollte. Montaigne schrieb Heinrich IV. einen Brief, in dem er ihm seine Dienste anbot, wie es die Etikette verlangte. Am 30. November 1589 bestellte der König Montaigne nach Tours, dem vorübergehenden Sitz des Hofes. Entweder brauchte der Brief sehr lange, oder Montaigne ließ ihn eine Weile auf seinem Kaminsims liegen, bevor er ihn öffnete, denn sein Antwortschreiben datiert vom 18. Januar 1590. Da war es bereits zu spät, der Aufforderung Folge zu leisten. Montaigne war dem König gegenüber zwar zu treuem Dienst bereit, dennoch aber entschlossen, auf eine Reise zu verzichten, zumal sich seine Gesundheit jetzt zunehmend verschlechterte.Er schrieb dem König, sein Brief sei leider sehr spät eingetroffen. Er wiederholte seine Glückwünsche und fügte hinzu, er freue sich, wenn der König weitere Unterstützung gewinne.
    Dieser Teil des Briefes war recht konventionell, doch dann wagte es Montaigne, dem neuen König eine Lektion zu erteilen. Formal respektvoll schrieb er ihm, er hätte sich gewünscht, Seine Majestät hätte sich den plündernden Soldaten seiner Armee gegenüber weniger nachsichtig gezeigt. Eroberungen seien nicht nur mit Waffen und Gewalt durchzusetzen, sondern müssten «mit Hilfe von Milde und Großzügigkeit» vollendet werden. Sie seien ein besseres Lockmittel als Strenge und Bestrafung, um die Menschen auf seine Seite zu ziehen. Der König müsse zwar Stärke zeigen, zugleich aber auch Vertrauen in seine Untertanen setzen, um vom Volk mehr geliebt als gefürchtet zu werden.
    Am 2. September sandte er ihm einen weiteren Brief. Heinrich hatte Montaigne erneut aufgefordert aufzubrechen, diesmal, um sich mit Matignon zu treffen. Er bot ihm an, die Kosten dieser Reise zu übernehmen. Aber auch diesmal ließ Montaigne sechs Wochen verstreichen, bevor er antwortete, und behauptete erneut, er habe den Brief gerade erst erhalten. Er habe, schrieb er, Matignon bereits drei Briefe geschickt und ihm angeboten, ihn aufzusuchen, jedoch keine Antwort erhalten. Vielleicht, so Montaigne, wolle ihm Matignon in Anbetracht «der Länge des Wegs und der Gefährlichkeit der Straßen»

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