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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Sie hatte jedoch nichts auftreiben können, das ihr mit dem Idiom dieser
    Sprache im vierzehnten Jahrhundert weitergeholfen hätte. Sie war vollkommen
    entnervt. Die gälische Sprache verfügte über lediglich achtzehn Buchstaben, aber
    die Schotten und die Iren hatten sich von dieser Einschränkung freigemacht und
    die Rechtschreibung äußerst freizügig gehandhabt. Erschwerend kamen die
    archaischen Handschriften und die eigenwillige Wortwahl hinzu. Sie brauchte

    doppelt so lange, um einen einzigen Satz auf gälisch zu übersetzen wie eine
    ganze Seite auf altenglisch oder lateinisch.
    Trotz aller Schwierigkeiten jedoch konnte sie einige Sätze entziffern, die dann
    auch einen Sinn ergaben. Der gälische Teil befasste sich mit einem gewissen
    Schwarzen Niall, einem Abtrünnigen aus dem schottischen Hochland. Obwohl der
    Zusammenhang mit den anderen Dokumenten die Schlussfolgerung nahe legte,
    ging Grace doch nicht automatisch davon aus, dass es sich hier um denselben
    Mann wie um Niall von Schottland handelte. Sie kannte bereits das Phänomen,
    dass ein und derselbe Name unterschiedlich geschrieben wurde, also war es
    umgekehrt auch möglich, dass es sich bei gleicher Schreibweise um
    unterschiedliche Leute handelte. Schließlich hatte es in Schottland viele
    Menschen namens Niall gegeben. Ihr Niall aber war der Niall von Schottland und
    von königlichem Blut. Welche Verbindung aber konnte jemand aus dem
    königlichen Geschlecht mit einem Abtrünnigen im Hochland haben? Diese
    Dokumente unterschieden sich von den anderen, sie hatten eine andere
    Handschrift und waren auf einem anderen Papier festgehalten. Vielleicht hatte
    man sie ja auch nur versehentlich oder lediglich aufgrund des Namens mit den
    anderen vermischt.
    Der Schwarze Niall war aber dennoch ein sehr unterhaltsamer Rabauke. Sie
    verbrachte fast ihre gesamte Freizeit mit der Entzifferung der Dokumente. Den
    Rest ihrer »Mußestunden« verbrachte sie mit einem von Harmonys »wirklich
    ekelhaften kleinen Ludern«, einem gewissen Matteo Boyatzis, einem
    zartgebauten jungen Mann polnischer und mexikanischer Herkunft. Matty kannte
    mehr gemeine Tricks als ein Politiker. Als Gefälligkeit gegenüber Harmony hatte
    er sich bereit erklärt, »Julia« ein paar Verteidigungstaktiken beizubringen. Grace
    jedoch gab sich keinerlei Illusionen über ihre langsamen Fortschritte hin. Aus ihr
    würde wohl nie ein wirklicher Profi werden. Sie hoffte allerdings, die Taktik des
    Überraschungsangriffs zu erlernen, um sich und ihre Dokumente zu schützen.
    Eigentlich sollte sie sich darüber gar keine Sorgen machen, dachte sie und rieb
    sich die Augen. Stundenlanges Lesen unverständlicher Rechtschreibung und
    merkwürdiger Betonungen hatte sie so verrückt gemacht, dass sie jeden
    Augenblick irre werden konnte. Dann wäre ohnehin gleichgültig, was danach
    geschah.
    Um sich eine Pause zu gönnen, legte sie die gälischen Papiere beiseite, schaltete
    ihren Computer an und fuhr mit dem Cursor bis zu einem Text auf altfranzösisch.

    Die Dokumente waren nicht chronologisch geordnet. Die Geschichte
    zusammenzufügen war so, als ob man ein Puzzle aus vielen verschiedenen
    Altsprachen zusammensetzte. Sofort fiel ihr Blick auf den Namen. Sie war so
    darauf fixiert, dass sie das gewohnte Schriftbild schon bemerkt hatte, noch ehe
    sie es klar vor Augen hatte. Schwarzer Niall.
    »Ist ja wohl nicht möglich«, murmelte sie und lehnte sich vor. Es schien
    tatsächlich so, als ob der Schwarze Niall und Niall von Schottland ein und
    dieselbe Person gewesen waren. Warum sonst sollten französische Dokumente
    sich mit einem fragwürdigen Schotten beschäftigen, außer eben, dass er gar
    nicht so sonderlich fragwürdig war? Ein Mitglied des Tempelordens von
    königlichem Blut, der aus dem Orden ausgeschlossen wurde und dem der Tod
    drohte, sollte er sich jemals aus Schottland fortwagen. In der Obhut dieses
    Mannes lag der Schatz - möglicherweise war das etwas abwegig, aber sicherlich
    nicht unwichtig. Es hatte damals Leute gegeben, vielleicht ehemalige
    Ordensmitglieder, die wussten, wer und was der Schwarze Niall war, und die
    seinen Aufenthaltsort vermerkten. Aber königlich? In der Bibliothek von
    Newberry hatte sie sich wieder und wieder die Stammbäume angesehen, ein Niall
    war in jener Zeitspanne jedoch nicht verzeichnet. »Wer warst du? « flüsterte sie,
    als ob sie die Seele eines Mannes berühren könnte, der bereits seit
    Jahrhunderten tot war. Sie war sich ihrer blühenden

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