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Wie Tau Auf Meiner Haut

Titel: Wie Tau Auf Meiner Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Schottland zu vertreiben. Die einzige
    Möglichkeit, wie Niall einerseits verwandt und andererseits abtrünnig sein
    konnte, war die, dass er ein uneheliches Kind war.
    »So muss es gewesen sein«, sagte Grace und lehnte sich heftig atmend zurück.
    Die Bedeutung dieser Feststellung und der sich daraus ergebenden Möglichkeiten
    ließen sie nicht stillsitzen. Sie sprang auf und rannte in ihrem engen Zimmer auf
    und ab, während sie die vielen Details überdachte und das Puzzle sich Stück um
    Stück zusammenfügte. Ein unehelicher Halbbruder war im Mittelalter nichts
    Ungewöhnliches - es sei denn, der eheliche Thronfolger strebte die Thronfolge
    an. In Schottland wurden Verwandtschaftsbande seit jeher anders gehandhabt
    als im restlichen Europa. Während anderswo Nialls unehelicher Status ihm die
    Krone von vornherein verwehrt hätte, stand in Schottland demjenigen die Krone
    zu, der die Macht hatte, sie sich auf den Kopf zu setzen. Die kriegerischen
    Fähigkeiten der Bruces waren zweifelsohne bemerkenswert gewesen, die von
    Niall jedoch mussten außergewöhnlich gewesen sein. Seine bloße Existenz hätte
    für Robert eine Bedrohung bedeutet.
    Erstaunlich war jedoch, dass man sich dieser Bedrohung nicht dadurch entledigt
    hatte, den Schwarzen Niall einfach umzubringen. Daraus ließ sich schließen, dass
    er in gewisser Weise geachtet und geschätzt wurde. Später war er dem
    Tempelorden beigetreten, vielleicht waren seine Bestrebungen also eher
    kirchlicher, denn politischer Art gewesen. Aber nach dem, was sie bisher über
    den Schwarzen Niall gelesen hatte, war er ganz und gar nicht von der religiösen
    Sorte gewesen. Warum also war er dann dem Orden beigetreten? Abenteuerlust?
    Reichtum? Sie konnte die Anziehung dieser Dinge auf Niall nachvollziehen, aber

    sein Charakter schien viel zu wild und bodenständig zu sein, als dass er sich
    bereitwillig irgendwelchen Einschränkungen unterworfen hätte.
    Was auch immer die Beweggründe für seinen Beitritt zum Orden gewesen sein
    mochten, die Tatsache, dass er es getan hatte, war für den zukünftigen
    schottischen König nur von Vorteil. Der Bruce würde sich keine Sorgen darum
    machen müssen, dass ein Mönch den Thron besteigen wollte, denn sein
    Keuschheitsgelübde hätte zukünftige Thronfolger ausgeschlossen.
    Wenn sie die Dokumente richtig deutete, war sein Keuschheitsgelübde mit dem
    Zusammenbruch des Ordens hinfällig geworden. Die Andeutungen hinsichtlich
    seines bewegten Liebeslebens waren zwar nicht überdeutlich, aber dennoch
    kaum falsch zu interpretieren. Als Mönch jedoch hatte Niall sein Gelübde
    gehalten. Nach der Zerstörung des Ordens jedoch hatte er sich dem Leben - und
    den Frauen - ganz und gar hingegeben. Aber selbst da war er dem Thronfolger
    nicht bedrohlich geworden, denn als ehemaliges Mitglied des Tempelordens
    musste er jegliche Öffentlichkeit vermeiden.
    Dennoch erklärte es vieles: warum Niall Creag Dhu erobern und besetzen
    konnte, ohne dass der König einschritt; auch warum Robert der Bruce der einzige
    König in ganz Europa war, der die vom Papst geforderte Todesstrafe gegen die
    Ordensbrüder nicht in die Tat umsetzte und warum dessen Land für alle
    möglichen Verfolgten ein Zufluchtsort geworden war. Robert hatte sich
    geweigert, das Todesurteil für seinen Halbbruder zu unterzeichnen. Es erklärte
    auch, warum man Niall mit der Wahrung des Schatzes beauftragt hatte: Die
    Ordensvorsteher kannten seine Blutsbande und wussten, dass der Schatz
    nirgendwo sicherer als in Schottland sein würde.
    Sie atmete tief ein. Das Zimmer um sie herum versank in Dunkelheit, als sie sich
    der Bedeutung ihrer Entdeckung klar wurde. Der Schatz. Ford und Bryant hatten
    sterben müssen, weil in diesen Dokumenten das Versteck des legendären,
    verlorenen Schatzes verborgen war. Creag Dhu.
    Geld, nichts als Geld stand dahinter. Sie hatten wegen Geld sterben müssen,
    wegen Geld, auf das Parrish Sawyer seine Hand legen wollte. Weil sie die
    Dokumente besaß, hatte er entweder angenommen, dass sie und damit auch
    Ford und Bryant informiert waren, oder er wollte einfach jedes Wissen darüber
    vollkommen auslöschen.
    Sie hatte geglaubt, die Trauer sei leichter zu ertragen, wenn sie den Grund
    kennen würde.

    Das aber sollte sich nun als ein Irrtum erweisen.

    Conrad lag im fast Dunkeln auf seinem Bett. Die Stadt war niemals vollkommen
    dunkel, und über die kargen Hotelwände huschten bunte Neonfarben. Der
    neueste Computerausdruck lag auf seinem Tisch,

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