Wie vernascht man einen Millionär?
mit einem Kunden, ein heftiger sinnloser Streit und … ach ja, schwanger war sie ja womöglich auch noch! Und jetzt hatte sie ihre beste Freundin aus dem Schlaf gerissen. Was sie wohl als Nächstes anstellen würde? Vielleicht kleine Hundewelpen quälen?
„Ich muss hier raus“, murmelte sie vor sich hin und ging zur Tür. „Hier fällt mir die Decke auf den Kopf.“
Als sie das Haus verließ, umfing sie kühler, schier undurchdringlicher Nebel.
8. KAPITEL
Lucas freute sich über die Ablenkung. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, weil er ständig über die Sache mit Rose nachgedacht hatte. Und bevor sein Gehirn explodierte, musste er jetzt etwas unternehmen. Etwas, was nichts mit ihr zu tun hatte.
„Bist du wirklich sicher, dass du das jetzt machen willst?“
Lucas schaltete den Motor ab und sah Sean an. „Warum nicht?“
„Ich weiß nicht recht“, erwiderte sein Bruder. „Du scheinst mir ganz schön geladen zu sein. Du wirkst, als ob du am liebsten jemandem einen Kinnhaken verpassen würdest. Ich möchte nicht derjenige sein, und wenn du Warren eine verpasst, könnte er uns verklagen. Deswegen dachte ich, es wäre vielleicht besser, wenn du noch ein bisschen wartest. Bis du dich etwas beruhigt hast.“
„Falsch gedacht“, zischte Lucas.
„Na schön, wie du willst. Dann also los.“
Sie befanden sich im Hafen von Long Beach, nicht weit entfernt von Terminal Island. Hier lagen zahlreiche Frachter und Marineschiffe. Die Luft war kalt und roch nach Fisch und Dieselöl.
Es war fast sechs Uhr früh, und auf dem Gelände von King Construction herrschte schon reges Treiben. Der Sicherheitsmann am Tor hatte sie sofort reingelassen, als er Lucas’ Wagen erkannt hatte. Jetzt stand das Auto neben der Lagerhalle, in der sich die Maschinen und Werkzeuge der Firma befanden. Männer und Frauen – King Construction war für Gleichberechtigung, auch auf Baustellen – liefen herum, unterhielten sich, lachten, holten sich die Werkzeuge, die sie an diesem Tag für die Arbeit brauchen würden.
Jeden Morgen kamen die Arbeiter hierher, um sich für die Arbeit auszurüsten, die um Punkt acht Uhr begann. Es gab nicht viele Baufirmen, die die gesamte Ausrüstung an einer zentralen Stelle lagerten, aber den Kings schien es aus mehreren Gründen am praktischsten zu sein. So waren die Gerätschaften besser vor Diebstahl geschützt, und die Arbeiter hatten die Gelegenheit, sich beim Abholen besser kennenzulernen. Wenn alle auf der Baustelle befreundet waren, lief die Arbeit gleich doppelt so gut.
Auch Warren würde Lucas hier antreffen. Sicher, er hätte den Mann auch per Telefon entlassen können, aber das war ihm zu unpersönlich. Wenn er schon jemandem mitteilte, dass seine Zeit bei King Construction abgelaufen war, wollte er es ihm wenigstens ins Gesicht sagen.
„He, Sean“, rief plötzlich jemand. „Wir haben hier ein Problem. Könntest du mal eben kommen?“
Sean warf Lucas einen Blick zu. „Meinst du, du kommst alleine klar?“
Lucas verdrehte die Augen. „Ja, Mutti. Ich bin schon ein großer Junge.“
„Auch ohne dass du ihm eine verpasst?“
„Verzieh dich, Sean.“
„Schon gut.“ Besorgt sah er Lucas an. Dann ging er zu den Männern hinüber, die lautstark diskutierten.
Amüsiert beobachtete Lucas, wie Sean in kumpelhaftem Ton die Meinungsverschiedenheit beilegte. Er war nicht nur ein Fachmann, was die technische Seite des Berufs anging, er hatte auch ein Händchen für den Umgang mit Menschen.
Lucas wischte die Gedanken an seinen Bruder beiseite und betrat die riesige Lagerhalle. Von überallher dröhnte und schepperte es. Jetzt wurde ein Dieselmotor angelassen, und die Männer schrien sich ins Gesicht, um den Lärm zu übertönen.
Lucas liebte diesen Lärm. Es machte ihm immer Spaß, vor Ort zu sein. Meistens saß er ja im Büro und erledigte seine Arbeit telefonisch, aber es war doch schön, ab und zu mal wieder an der Basis zu sein, mit den Arbeitern zu reden. Sein Bruder Rafe hatte erst vor ein paar Monaten bei einem Renovierungstrupp mitgearbeitet – allerdings weil er eine Wette verloren hatte. Und auch Lucas packte gelegentlich auf einer Baustelle selbst mit an, um nicht aus der Übung zu kommen.
In dieser Umgebung mit dem Lärm und dem Geruch nach Maschinenöl fühlte er sich schon ruhiger. Was auch immer in seinem Leben sonst passierte – oder schiefging –, hier bei King Construction fühlte er sich zu Hause, hier wusste er genau, was er tat.
Er nickte freundlich
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