Wie vernascht man einen Millionär?
wenn wir heute ein Kind gezeugt haben, dann heiraten wir auch. Ich könnte dem kleinen Geschöpf nicht zumuten, so wie ich aufzuwachsen. Mit einem Vater, der sich kaum blicken lässt, und einer Mutter, die ständig vergeblich auf der Suche nach einem Mann ist, der bei ihr bleibt.“
Das hatte er noch nie zuvor laut ausgesprochen. Bisher hatte er das, was in seiner Kindheit passiert war, immer für sich behalten. Natürlich hatte er seine Eltern geliebt – aber er hatte sie auch durchschaut. Seine Mutter war eine gute Frau, die aber der Rolle als alleinerziehende Mutter einfach nicht gewachsen war. Unablässig hatte sie nach der Liebe gesucht, die Ben King ihr verweigert hatte.
Nein, so eine Kindheit, so ein unerfülltes Leben, wie er hatte teilen müssen – das wünschte er keinem Kind und seinem schon mal gar nicht.
Plötzlich empfand Rose tiefes Mitgefühl für ihn. Versöhnlich sagte sie: „Heute können wir das nicht mehr klären, Lucas. Davon abgesehen ist ja höchstwahrscheinlich gar nichts passiert. Ich sollte jetzt lieber gehen.“
Sie wirkte bekümmert und kraftlos, und das schmerzte ihn.
Sein Verführungsplan hatte zu gut funktioniert. Er hatte sie ins Bett bekommen, ja. Aber auch er selbst war der Verführte. Sie hatte ihn betört, verzaubert. Sogar jetzt, wo er wirklich andere Sorgen hatte, sehnte er sich schon wieder danach, von ihr berührt zu werden. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren, aber sein Körper signalisierte ihm nur Verlangen.
So leicht wie gedacht lief das alles nicht.
„Ich glaube, es gibt durchaus noch Klärungsbedarf.“
„Und ich glaube, wir haben schon viel zu viel geredet.“ Schnell hob sie ihren Slip und ihre Jeans auf und zog sie an. In diesem Moment fiel ihr ein, dass ihr Hemd noch unten im Erdgeschoss liegen musste.
„Nicht mal mein Hemd habe ich hier“, murmelte sie und hielt schützend die Arme vor die Brust. „Wo hatte ich nur meinen Kopf?“
Das Problem ist, dass wir beide den Kopf verloren haben, dachte Lucas. Diese ganze Verführungsgeschichte war völlig außer Kontrolle geraten. Dabei hatte er geglaubt, dass er die Fäden in der Hand hätte. Was für ein Witz! Jetzt hatte er sich in seiner eigenen Falle verstrickt und wusste nicht, wie er da herauskommen sollte. Beziehungsweise: ob er überhaupt herauskommen wollte.
Was für ein abwegiger Gedanke, schalt er sich. Etwas Längerfristiges ist doch nie geplant gewesen. Nicht mal was Kurzfristiges. Es sollte eine Verführung für eine Nacht sein – und dann die Rache. Ganz einfach.
Das Problem war nur: Einfach war inzwischen gar nichts mehr.
„Ich muss jetzt gehen“, sagte Rose in die Stille hinein. „Sofort.“
Vor Minuten hatten sie noch heißen Sex gehabt, waren eins gewesen. Und jetzt waren sie befangen, wussten nicht, wie sie miteinander umgehen sollten. So eine Ratlosigkeit erlebte Lucas zum ersten Mal.
Er nahm sie am Ellenbogen, um mit ihr nach unten zu gehen. „Jetzt ist es zu spät, um deine Brüste vor mir zu verstecken.“
„Im Bett ist das was anderes“, erwiderte sie verschämt. „Aber jetzt, in dieser Situation …“
Schnell griff er nach einem T-Shirt, das in seinem Schlafzimmer über einem Stuhl hing, und gab es ihr. „Hier.“
„Danke“, sagte sie und zog es an. Es war viel zu groß und reichte ihr bis über die Schenkel. Dadurch wirkt sie klein und verletzlich – was sie bestimmt nicht gerne gehört hätte.
Sie wich seinem Blick aus. Jetzt war alles anders. Sie hatten sich einander geöffnet, sich Geheimnisse anvertraut – und nun bauten sie wieder Mauern zwischen sich auf. Als sie die Treppe hinuntergingen, herrschte beklemmendes Schweigen.
Sean hatte wirklich recht gehabt mit seiner Prophezeiung: Lucas’ Racheplan hatte sich zu einem Fiasko entwickelt.
Rose saß vor dem Computer und versuchte, sich auf ihre Buchführung zu konzentrieren, aber sie musste ständig an Lucas King denken. Sie rieb sich die Augen, trank einen Schluck Kaffee, doch es nützte alles nichts.
Die Zahlen und Buchstaben auf dem Bildschirm waren kaum zu erkennen, alles lief ineinander. Rot und Schwarz, Kunden und Lieferanten, Termine und Zeitpläne. Du bist unfähig, du bekommst nichts auf die Reihe, schienen die Zeichen sie zu verhöhnen. Aber sie war ja selber schuld. Warum versuchte sie auch zu arbeiten, wenn sie so erschöpft war, dass sie kaum noch die Augen offen halten konnte?
Ratlos sah sie sich in ihrem ordentlichen kleinen Büro um. Als sie ihr Unternehmen gestartet hatte,
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