Wie vernascht man einen Millionär?
Becher zurück.
„Ich wusste, dass du ihn schlagen würdest“, merkte Sean achselzuckend an. „Deshalb wollte ich ja mitkommen.“
„Um mich davon abzuhalten?“
„Absolut nicht. Wenn du’s nicht getan hättest, hätte ich es getan.“
Lucas musste lächeln. Mochte sein Leben im Moment auch noch so durcheinander sein – es war gut, Brüder zu haben.
Rose war erst ein paar Minuten von ihrem Spaziergang durch den Nebel zurück, als es an der Haustür klopfte. Sie war immer noch müde und durcheinander und hatte eigentlich überhaupt keine Lust auf Besuch. Missmutig zog sie die Gardinen beiseite, um hinauszusehen, und seufzte.
„Na ja“, murmelte sie vor sich hin, „wenn mich schon jemand besuchen kommt, muss ich ihn wohl auch reinlassen.“
Ist ja schließlich meine Schuld, murmelte sie, während sie zur Tür ging und sie aufschloss. Hätte ich Dee nicht vor einer Stunde angerufen, würde sie jetzt auch nicht bei mir auf der Matte stehen. Ihre Freundin hatte zwei Pappbecher mit Kaffee und eine Papiertüte vom Bäcker dabei. Hoffentlich waren Donuts drin.
Sie öffnete die Tür und lächelte Dee müde an. „Du hättest wirklich nicht zu kommen brauchen.“
„Na, hör mal“, protestierte Dee und trat ein. „Meine beste Freundin ruft mich mitten in der Nacht an, und da soll ich mich einfach umdrehen und weiterschlafen?“
Gemeinsam gingen sie ins Wohnzimmer, und Delilah machte es sich gemütlich.
Es war erst kurz nach sechs Uhr morgens, aber trotzdem sah sie schon fantastisch aus. Sie trug ein gelbes Shirt und hautenge Jeans, ihr rotes Haar war perfekt frisiert, ihr Make-up makellos, und ihre grünen Augen leuchteten vor Neugier.
Dagegen wirke ich in meiner schlampigen Jogginghose wie das hässliche Entlein, ging es Rose durch den Kopf.
„Ich hoffe, in der Papiertüte sind Donuts“, spekulierte sie und gesellte sich zu Dee auf die Couch.
„Was sonst? Du kennst mich doch.“
„Vielen Dank.“
„Dafür nicht. Jetzt erzähl endlich. Was ist los?“ Dee nahm einen Schluck Kaffee und wartete ungeduldig. Zuhören war eine ihrer größten Stärken.
Rose wusste: Wenn es sein musste, würde Delilah den ganzen Vormittag und zur Not auch noch den Nachmittag ihrer Beichte lauschen. Sie würde nichts dazu sagen – oder jedenfalls fast nichts – und Rose am Schluss in der Entscheidung bestärken, die sie selber traf.
Das Problem war nur: Rose hatte keine Ahnung, was sie tun sollte.
„Ich muss dich warnen: Es ist eine lange Geschichte“, begann Rose zögernd und nahm einen Schluck Kaffee.
„Deshalb habe ich auch ein paar Donuts mehr mitgebracht“, erwiderte Dee lächelnd. „Jetzt leg schon los.“
Rose schnappte sich einen ersten Donut, nahm einen kräftigen Biss und begann zu erzählen.
Eine Stunde später war sie pappsatt und erschöpft.
„Das ist also die Geschichte meines verkorksten Lebens“, sagte sie zum Schluss, während sie in der leeren Papiertüte nach den letzten Krümeln fischte.
„Wirklich eine umwerfende Geschichte, da muss ich dir recht geben“, erwiderte Dee, zerknüllte die Tüte und warf sie auf den Tisch. „Die große Frage ist: Was hast du jetzt vor?“
„Wenn ich das nur wüsste.“ Rose legte sich eine Hand auf den Bauch und versuchte, sich vorzustellen, wie es wohl wäre, ein Kind in sich zu tragen.
Jetzt hätte sie gut noch ein paar Donuts gebrauchen können!
„Also, wahrscheinlich bist du gar nicht schwanger“, sinnierte Dee. „Ich meine, manche Paare versuchen jahrelang vergeblich, ein Kind zu kriegen. Wie stehen da die Chancen, dass es bei dir gleich beim ersten Mal geklappt hat?“
„Da ist was dran“, räumte Rose ein – aber wirklich überzeugt war sie nicht.
„Außerdem – na ja, wahrscheinlich willst du nichts davon wissen, aber als deine beste Freundin muss ich es wenigstens erwähnen …“
„Was denn?“
Dee seufzte. „Es gibt ‚die Pille danach‘. Man nimmt sie am Morgen nach dem Geschlechtsverkehr und … du weißt schon. Dazu muss man natürlich zu einem Arzt. Hast sicher schon mal davon gehört.“
„Ja, habe ich“, erwiderte Rose. „Heute Morgen so gegen drei habe ich auch schon daran gedacht.“ Entschlossen schüttelte sie den Kopf. „Aber … ich kann das nicht, Dee. Man würde das Baby – wenn es überhaupt eins gibt – sozusagen zum Teufel schicken, und das bringe ich nicht. Meine Eltern leben beide nicht mehr, und wenn es ein Baby gibt, wäre das gewissermaßen meine Familie. Also kommt das für mich
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