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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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die Logik freier Finanzmärkte stark beigetragen hat. Zugleich ist die Verschuldung um ein Vielfaches höher als vor der Liberalisierung der Märkte. Nie war die Weltwirtschaft durch so gigantische Ungleichgewichte geprägt – zwischen Ländern, die teils aus Angst vor neuen Finanzcrashs Überschüsse anhäufen, statt Geld auszugeben, und denen, die, animiert durch Vermögensblasen,zu viel ausgeben, riesige Defizite erwirtschaften und sich verschulden. Was die Geldmaschine nur weiter antreibt. Auch da hat die Bankensause kräftig mitgewirkt.
    All das sind keine Betriebsunfälle. Das Problem steckt im System. Und mit jedem neuen Jahr der Krisenverarbeitung drängt sich der Verdacht auf, dass die Ursachen der Debakel weit radikaler angegangen werden müssen, als es derzeit versucht wird. Da drängt sich auch die Frage auf, ob die Jahrhundertaktion überhaupt gelohnt hat, ob es richtig war, die Finanzwelt so frei zu lassen, wie viel gesellschaftlichen Nutzen heutige Banken mit sich bringen – und ob der Nutzen eines so gewaltigen Finanzsystems wirklich größer ist als der Schaden.

    1   Einen exzellenten Überblick über die historischen Krisen bietet Kindleberger in seinem Standardwerk Manias, Panics, and Crashes .
    2   Gelegentlich heißt es, die Märkte hätten eben nie geglaubt, dass die No-Bail-out-Klausel eingehalten werde, weshalb die Griechen als sicher gegolten hätten. Warum brach dann 2010 doch Panik aus? Weil die Bundesregierung am Bail-out zweifeln ließ? Richtig. Nur: Warum haben die weisen Märkte diese deutsche Haltung (die ja nahe lag) dann vorher nicht so eingepreist? Wahrscheinlicher ist, dass einfach niemand Griechenland bis 2009 als Pleitekandidat sah.
    3   Siehe OECD, Survey Greece, 2007: »Das Wachstumsergebnis des vergangenen Jahrzehnts zählt zu den besten im OECD-Raum (…). Besonders ermutigend ist, dass sich das Wachstum selbst in den vergangenen beiden Jahren fortsetzte, obwohl die Staatsfinanzen stark konsolidiert wurden; und dass es vor allem durch Investitionen und Exporte getrieben wurde.«
    4   Bizarrstes Beispiel waren in der Krise die Ökonomen der Commerzbank, die in einem »Schuldenmonitor« großspurig Länder beurteilten – während die eigene Bank durch Steuergelder gestützt werden musste. Da hieß es: »Geht Griechenland die Puste aus?« oder: »Belgien top, Niederland so lala«.
    5   Siehe dazu auch das exzellente Buch Gleichheit ist Glück von Kate Pickett und Richard Wilkinson aus dem Jahre 2009.
    6   Dazu kommen noch die Rohstoffexporteure, die dank hochschießender Rohstoffpreise in dieser Zeit steigende Exportüberschüsse einfuhren.

3. Welchen Nutzen hat die Bankensause überhaupt?
    In den mehr als 30 Jahren seit 1982 haben Banken und Immobilienbranche die Industrie in den USA umsatzmäßig überholt. In dieser Zeit sind die Gehälter auf ein Mehrfaches des Durchschnittslohns gestiegen. Die Umsätze mit Derivaten schnellten von Null auf Trillionen Dollar hoch. Die Vermögenswerte stiegen um ein Vielfaches, was die oberen Einkommen davonziehen ließ. Und gewählte Regierungen begannen nervös zu werden, wenn »die« Märkte Zweifel bekundeten und sobald die Kurse zuckten.
    Wofür?
    All diese Phänomene ließen sich für die Zukunft nur noch rechtfertigen, wenn hinter den gewaltigen täglich gehandelten Summen ein annähernd vergleichbarer Nutzen stecken würde, der größer wäre als die Schäden, die das globalisierte Hin und Her der Finanzmärkte mit sich bringt.
    Machen wir uns an die Bilanz.
    Von der Mär effizienter Preisfindung
    Zu den Urerwartungen an freie Finanzmärkte gehört, dass sich bei möglichst viel Handel die denkbar besten Ergebnisse einstellen. Das war die These von der Weisheit der Vielen, die alle Informationen einbringen, um den möglichst besten Preis für eine Aktie, eine Währung oder eine Staatsanleihe zu finden. Von wegen. Das funktioniert sogar ganz grundsätzlich nicht richtig, wie eine Studie von Thomas Philippon aus dem Jahr 2012 ergab. Darin hat der Ökonom systematisch untersucht, ob die Effizienz der Preisfindung mit demAnstieg der gehandelten Volumina an Finanztiteln in den vergangenen Jahrzehnten zunehmender Liberalisierung gestiegen ist. Ergebnis: Fehlanzeige. »Der Informationsgehalt, der in Aktien- und Anleihekursen steckt, um Gewinne zu prognostizieren, ist heute nicht größer als 1960«, so Philippons Fazit. Dabei gibt es in globalisierten Zeiten durchaus mehr gute oder schlechte Überraschungen bei Gewinnen und

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