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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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bei der Geburt als in den Ländern, die dem Wahn widerstanden haben.
    Und: Die Krankheitsanfälligkeit ist in den ungleichen Ländern selbst bei denen größer, die zu den Besserverdienenden gehören. Die extreme Ungleichheit verursache Stress und Verlustängste, vermuten Pickett und Wilkinson. Bemerkenswert: In den Ländern mit hoher Ungleichheit ist auch das Vertrauen in andere stark gesunken. Nur noch 35 Prozent der Amerikaner finden, dass man Mitmenschen normalerweise trauen kann – in Schweden sagen das immerhin noch mehr als 60 Prozent.
    Je mehr Finanz, desto schlimmer. Die USA sind das Land, in dem sich die Einkommen seit Ronald Reagans Start in die tolle neue Zeit am dramatischsten auseinander entwickelt haben. Nirgendwo gibt es den Auswertungen der beiden Forscher zufolge so dramatisch viele soziale und gesundheitliche Probleme. Umgekehrt sind die Menschen in gleicheren Gesellschaften tendenziell sogar innovativerund melden pro Kopf mehr Patente an als in Ländern mit einem großen Reich-Arm-Gefälle. Bemerkenswert.
    All das ist kein Sozialklimbim, um im Tenor der damaligen Zeit zu bleiben. Da geht es um messbare Schäden. Kein anderes großes Land muss einen so hohen Anteil seiner Wirtschaftsleistung für Krankheiten aufbringen wie die USA. In manchen US-Staaten geben die Regierungen mehr Geld für Gefängnisse als für Schulen und Universitäten aus. Kein Zufall. Und es lässt sich zweifeln, ob das steigende Gefälle auf der anderen Seite wirklich so viel mehr Anreize gebracht hat zu arbeiten, wie es die Protagonisten der Finanzsause behaupteten.
    Die enormen Gewinne, die sich seit Anfang der 80er Jahre mit Aktien und anderen Vermögenswerten machen ließen, dürften den einen oder anderen zum Einstieg ins Spekulieren an der Börse angereizt haben – nicht unbedingt zum Arbeiten oder Investieren in neue Arbeitsplätze. Was somit auch eher Finanzblasen befördert hat, statt die Wirtschaftsleistung zu erhöhen.
    Von einem nennenswerten Anstieg der Leistungsbereitschaft ist gerade in den USA, dem Mutterland des explodierten Einkommensgefälles seit der Freilassung der Banken, auch nicht viel erkennbar. Die Wirtschaftsleistung je Arbeitnehmer stieg seit den 70er Jahren langsamer als vorher – nicht schneller (wie Robert Gordons Rechnungen gezeigt haben). Auf ähnlich ernüchternde Ergebnisse kommt man für Großbritannien, eine Art Zweitmutterland ungleicher Einkommen, wenn man vom Wirtschaftswachstum die blasenträchtige Entwicklung der Finanzbranche abzieht. Man kann ja nicht sagen, dass die britische Autoindustrie dank erhöhter Leistungsanreize seit Frau Thatchers Tagen wiederauferstanden ist. No Bang.
    Der Schaden, den 30 Jahre Auseinanderdriften von Einkommen und Vermögen mit sich gebracht hat, lässt sich nur erahnen. Es dürften etliche Milliarden an Kosten durch höhere Krankheits-, Kriminalitäts- und Schulausfallraten entstanden sein. Wenn die Finanzglobalisierung dazu nur einen Teil beigetragen hat, hat die große Bankensause auch hier dem Rest der Nichtbankenmenschheit per Saldo mehr geschadet als genutzt. Dann drohen die Kosten ohne rasche Umkehr weiter zu steigen.
    Wachstumsverluste durch fehlgeleitete Ressourcen
    Die größten Kosten dürfte die Finanzglobalisierung auf eine sehr viel subtilere und nachhaltigere Art verursacht haben. Je stärker die Märkte liberalisiert wurden und die Akteure dort kreative Anlagen schufen, desto mehr ließ sich mit solchen Geldgeschäften Rendite machen – an sich prima. Desto mehr Möglichkeiten gab es nur auch, mit dem Geldzauber tendenziell schneller und mehr Rendite zu machen als mit ganz realen Investitionen, ob in Maschinen, neue Büros oder Arbeitsplätze. Eine Rendite von 25 Prozent, wie sie Bankchefs irgendwann zum Maßstab für sich deklarierten, lässt sich mit realen Investitionen im Normalfall und auf Dauer nicht erzielen, selbst wenn eine große Geschäftsidee mal den schnellen Gewinn bringt. Da hilft es auch wenig, dass der Kauf einer Aktie irgendwie auch realen Unternehmen zugute kommt. Dass die Unternehmen das Geld, das im Aktienboom seit 1982 entstand, nur zum Bruchteil in reale Investitionen gesteckt haben, lässt sich schon daraus ablesen, dass die Börsenkurse um ein Vielfaches stärker stiegen als die Realwirtschaft gemessen am Bruttoinlandsprodukt.
    Ergebnis: In den vergangenen 30 Jahren wurde eine Menge Geld in diese Zauberwelt mit den höheren Gewinnversprechen umgeleitet. Und: Weil gerade das die Vermögenswerte weiter steigen

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