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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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eine eher vernichtende Bilanz, wenn man bedenkt, welch Multibillionen die Banken hin- und herbewegen, wie selbstverständlich die Gehälter ihrer Manager über diejenigen von Lehrern und Forschern hinausgewachsen sind, und wie viel Macht sie heute haben.
    Jetzt wäre das womöglich noch hinnehmbar, wenn das Experiment dafür auch keine großen Schäden hinterlassen hätte. Aber Sie ahnen es. Was Sie bisher gelesen haben, deutet eher darauf hin, dass es Schäden größeren Ausmaßes gab und weiter zu geben droht. Höchste Zeit, die Gesamtkosten des Geldzaubers zu schätzen.
    Kosten durch höhere Unsicherheit
    Wenn Rohstoffe oder Devisen spekulationsbedingt binnen weniger Wochen um zwanzig oder mehr Prozent teurer werden können, bringt dies für deutsche Exporteure, die diese Produkte in der eigenen Herstellung brauchen, nicht nur plötzliche Kostenbelastungen, die anderweitig kompensiert werden müssen. Es erschwert jede vernünftige Kalkulation und Planung.
    Jedes Unternehmen mag für sich Wege gefunden haben, damit umzugehen. Klar, die Finanzindustrie bietet international aktiven Unternehmen gleich die Lösung: Absicherungsinstrumente gegenschwankende Währungs- und andere Kurse. Was bei näherer Betrachtung schon bizarr wirkt: Da verursacht eine Branche durch ihre Flatterhaftigkeit im Rest der Welt enorme Unsicherheit, um dann Geld damit zu verdienen, den Rest der Welt gegen diese Unsicherheit zu versichern. Schönen Dank. Zu glauben, dass die Risiken damit weg sind, ist naiv. Natürlich kostet die Absicherung auch Gebühren, und natürlich bleibt das Risiko, es wird nur auf andere abgewälzt oder verteilt. Wenn man die Folgen schwankender Kurse ganz wegzaubern könnte, bliebe ja die Frage, warum man überhaupt frei schwankende Kurse braucht. Das Auf und Ab der Preise soll ja lenkende Funktion haben.
    Das Tückische ist: Die Kurskapriolen führen in den Unternehmen seit Jahren zu zweifelhaften Ausweichreaktionen. Wenn mancher Konzern Teile seiner Produktion und Arbeitsplätze in den vergangenen 20 Jahren etwa in die USA verlegt hat, wurde dies immer wieder auch damit begründet, dass sich auf diesem Wege Währungsrisiken beseitigen ließen. Nach einer Umfrage des DIHK vom Frühjahr 2012 gaben 17 Prozent der deutschen Exportfirmen an, dass sie erwägen, im Ausland zu investieren, um sich damit (auch) vor Devisenturbulenzen zu schützen. Bei den Firmen, die aus Kostengründen ins Ausland gehen wollen, gab jede vierte dieses Motiv an. Und auch für alle anderen spiele die Reduzierung von Wechselkursrisiken »zumindest eine Nebenrolle«, so die DIHK-Diagnose: »Mit Produktionsstätten am Standort der Kunden können Unternehmen dieses Kostenrisiko minimieren (sog. ›Natural Hedging‹).« Das sei im Zweifel besser, als sich abzusichern. Die Kosten für Absicherungen stiegen ja »gerade bei steigenden Volatilität und hoher Unsicherheit über die Wechselkursentwicklung«.
    Die DIHK-Experten ziehen daraus den Schluss, dass bei der Finanzregulierung »entsprechend sensibel« vorgegangen werden müsse, »um den Unternehmen Spielraum für Absicherungsgeschäfte zu erhalten«. Kurios. Warum nicht die Ursache beheben und dafür sorgen, dass es gar nicht mehr nötig ist, sich teuer abzusichern?
    Wenn die eigene Kalkulation für den Export in die USA immer wieder durchkreuzt wird, weil plötzlich der Euro gegenüber dem Dollar um zehn Prozent teurer geworden ist, was die eigenen Produktefür die Menschen drüben um diese zehn Prozent kostspieliger macht, dann ist es betriebswirtschaftlich sinnvoll auszuweichen, volkswirtschaftlich aber absurd. Es ist zu bezweifeln, ob es ökonomisch effizient ist, wenn Unternehmen Arbeitsplätze aus Deutschland verlagern, nur um sich vor den Wirren von Devisenmärkten zu schützen, was bei funktionierenden Währungsverhältnissen gar nicht in Frage käme.
    Adair Turner bringt das Absurde auf den Punkt: Das Finanzsystem tendiere durch sein eigenes Handeln dazu, Schwankungen zu erzeugen, gegen die sich die Nicht-Finanzwelt schützen müsse – indem sie der Finanzbranche Gebühren zur Absicherung gegen eben diese Risiken zahle. Das Ergebnis sei, dass die Finanzbranche einen Gewinn mache, den Firmen und Konsumenten zu zahlen haben. Per Saldo eine Umverteilung: vom Rest der Wirtschaft in die Banken.
    Die Finanzglobalisierung hat einen Zustand fortwährender Kurskapriolen geschaffen, deren ökonomischer Nutzen in den Sternen steht, von denen aber die Banken profitieren, indem alle anderen

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