Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
resistenten Amerikaner eher für die Idee eines ganz neuen globalen Währungssystems gewinnen.
Es könnte in Sachen Wechselkurs schon helfen, die großen Währungen nur noch in festen Bandbreiten schwanken zu lassen, sagt Schulmeister. Wenn die Europäische Zentralbank, US-Fed, Bank of Japan und chinesische Notenbank dabei wären – und im Zweifel noch die Briten –, wäre das Gros des Devisenhandels schon abgedeckt. Die verbleibenden Länder könnten die fünf großen Währungendann als Anker nutzen, so Peter Bofinger – und ihre eigenen kleinen Währungen gemäß den entsprechenden Zinsabständen zur Ankerwährung bewegen. Das wäre ein »dynamisches Bretton-Woods-System«.
Würde es gelingen, darüber allzu große Ungleichgewichte in den Handelsbilanzen zu vermeiden, wäre das auch die beste Voraussetzung, allzu viel Kapital um den Globus zischen zu lassen, wie es vor der Krise 2007 der Fall war. Wäre der Austausch ausgeglichener, gäbe es auch nicht mehr so viel Potenzial für krisenhafte Wechselkurskapriolen.
Völlig unrealistisch? Als in den 2000er Jahren der Euro erst völlig übertrieben abstürzte und später ökonomisch kaum nachvollziehbare Höhenflüge machte, verständigten sich die Währungshüter bei der Europäischen Notenbank intern auf eine Art Richtwert für den Wechselkurs, den sie für vertretbar und tolerabel hielten. EZB-Chefökonom Otmar Issing ließ damals zusammenstellen, welche Gleichgewichtskurse in gängigen Studien ermittelt wurden. Aus den Ergebnissen ließ sich ableiten, was die EZB für anstrebbar hielt. Später gab es dann bei Überschreiten gewisser Schwellen verbale Interventionen von Notenbankchef Jean-Claude Trichet. Auch die Amerikaner dürften intern solche Richtwerte haben. Die Schweizer Notenbank fixierte im Herbst 2011 ein Ziel von 1,20 Euro für den Franken – um den Höhenflug zu stoppen. Das geht. Pragmatisch.
Sprich: So weit sind die Notenbanker in der Praxis gar nicht davon entfernt, wünschenswerte Wechselkurse festzulegen – in einer Finanzära, in der die Märkte ganz offenbar an der Aufgabe scheitern. Nur dass die Kursfixierungen und Manipulationen halt bislang eher ad hoc und unkoordiniert passierten. Warum dann nicht ein stimmiges System draus machen?
Effizienzcheck Neues Weltwährungssystem
Ein neues Währungssystem mit automatisch sich anpassenden Kursen könnte rasch Wunder wirken. Eine Festlegung auf Wechselkurse, die von allen Beteiligten glaubhaft verteidigt werden müssten, würde sofort wirken, sagt Stephan Schulmeister. Der Devisenhandel würde auf das Niveau des Austauschs von Dollar,Euro, Pfund, Renminbi und anderen sinken, der nötig ist, um den Handel mit Waren und Dienstleistungen sowie grenzüberschreitende Investitionen zu finanzieren – womit Ziel A sozusagen übererfüllt wäre, den Herdentrieb zu bremsen. Es gäbe zwar keinen Mechanismus, der prozyklische Muster kontert (Ziel B), das wäre aber auch nicht mehr nötig, wenn es im Grunde keine Spekulation jenseits des realen Handels mehr gäbe. Würde der Devisenhandel aufs Nötigste zurückgehen, würden dafür die Renditemöglichkeiten in der Finanzbranche schrumpfen (Ziel C); immerhin ist der Devisenmarkt das quantitativ größte unter den Spielfeldern der Geldjongleure. Was indirekt auch einen Beitrag zum Abbau der Einkommens- und Vermögensgefälle leisten würde (Ziel D).
Wer keine Rendite mit dem täglichen Hin- und Herschieben von Dollar mehr erzielen kann, schafft hier auch nicht mehr das Geld, aus dem hohe Boni bezahlt werden können. Wichtiger noch: Wenn das neue System zu mehr Stabilität und Planbarkeit führt, können Unternehmen sich auch teure Absicherungsgeschäfte gegen Kurskapriolen sparen – und das Geld in Sinnvolleres stecken (Ziel E). Dann müssten Jobs nicht mehr wegen Wechselkursrisiken verlagert werden, und manches Auslandsprojekt erschiene plötzlich als lukrativ, das unter den chaotischen aktuellen Bedingungen als zu riskant gilt. So wie das in den blühenden Nachkriegsjahrzehnten der Fall war.
Säule 3: Volksgut Staatsanleihe – mit Schulden spielt man nicht …
Was für die Währungspolitik gilt, trifft in ähnlicher Art auf einen anderen gewichtigen Teil der Finanzmärkte zu: den täglichen Handel mit Staatsanleihen. Da macht jede Regierung und Notenbank ein bisschen, was sie will, zumindest in Krisenzeiten. Und da scheitern die Märkte ganz offenbar an ihrer Aufgabe, Länder zu disziplinieren und zeitig auf den rechten Weg zu führen. Eher
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