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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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der Euro-Zone gilt, dürften die Defizite in beginnenden Abschwüngen, anders als früher, auch mal steigen. Was dann allerdings auch gewährt werden muss. Die Bundesregierung hat da in der Euro-Schuldenkrise zuletzt etwas anderes gepredigt, als in der eigenen Schuldenbremsenregel steht: Da mussten Spanier, Italiener und Griechen bei jedem neuen konjunkturellen Einbruch neue Kürzungsprogrammeauflegen, was die Rezession nur verschärfte und die Staatsdefizite wieder steigen ließ. Groteskes Krisenmanagement. Viel effektiver wäre es, mittelfristig Pläne aufzustellen mit Maßnahmen, die heute beschlossen werden und erst später wirken, etwa die Reform von Rentensystemen. Das ist allemal besser als heilloses Defizitjahreszielmanagement ohne Verstand.
    Sinnvoll könnte auch eine Art unabhängiger Finanzpolitikrat sein, wie ihn der Genfer Ökonom Charles Wyplosz oder sein Kieler Kollege Dennis Snower vorschlagen. Darin würden Experten sitzen, die anhand der jeweils aktuellen konjunkturellen Lage urteilen, wie sinnvoll es ist, finanzpolitisch grundsätzlich aktiv zu werden oder nicht. Die Umsetzung bliebe dann immer noch Sache von Parlament und Regierung.
    Nicht einfach. Nur kann die Alternative nicht sein, den Job Finanzmärkten zu überlassen, die mit einer sachten Disziplinierung überfordert sind. Zu hoffen, dass die Staatsschulden durch das Wirken von Anleihejongleuren stärker abgebaut würden als ohne, ist nach aller Erfahrung naiv. Das Wirken der Märkte hat weder die Staatsschuldenexplosion in den USA verhindert noch die in Japan, Großbritannien und Griechenland.
    Früher gab es in Europa das Problem, dass die Devisenmärkte Regierungen immer wieder unter Druck setzten und damit Krisen verstärkten. So wie 1992/93. Die Antwort auf das Währungschaos war, den Euro einzuführen und den bilateralen Devisenhandel im neuen Währungsraum damit abzuschaffen. Jetzt haben die Jongleure ein neues Spielfeld: den Handel mit Staatsanleihen. Ein ebenso gefährliches Spiel. Zumindest, wenn man mit Aufgabe (der Beurteilung ganzer Länder) und Verantwortung (für das Schicksal ganzer Länder) überfordert ist.
    Die logische Antwort auf solches Märkteversagen wäre, in Europa auf kurz oder lang eine gemeinsame Staatsanleihe einzuführen – ein irre sensibles Thema in Deutschland, wo Euro-Skeptiker es geschafft haben, die Idee dieser Euro-Bonds im gängigen Sprech darauf zu reduzieren, dass es da um die Vergemeinschaftung von Schulden geht. Blödsinn. Es geht darum, den Märkten einen gefährlichen Spielball zu nehmen, Regierungen nicht mehr auf absurde Art gegeneinander ausspielen zu lassen und gewählte Volksvertreternicht mehr zu Trotteln zu machen, die vor dem Hüsteln von Fondsmanagern Angst haben und dann dumme Politik machen müssen, weil es »der Markt« will – einen Zustand zu beheben, der (auch) unsere Währung jederzeit wieder in Gefahr bringen kann.
    Solche Euro-Bonds würden auf globaler Ebene wieder einigermaßen gleiche Bedingungen für die (Kontinental-)Europäer schaffen. Es kann ja nicht sein, dass besagte Märkte Amerikanern und Japanern so viel mehr Schulden durchgehen lassen, weil beide Länder große Staatsanleihemärkte und eine Notenbank als Lender of last resort haben – während in Europa mangels Garantien ganz andere Maßstäbe gelten und Länder unter Druck geraten, die fundamental besser dastehen als die oben genannten.
    Wenn gemeinsame Euro-Anleihen zu stabileren Verhältnissen führen, wäre das auch für die Deutschen gut, die als Topexporteure von der guten Konjunktur bei anderen (nach wie vor stark in Europa) abhängen. Die reflexartige Ablehnung der Bonds wirkt da ungewollt masochistisch.
    Der Trend geht ohnehin in die Richtung, Staatsanleihemärkte stärker unter Kontrolle zu bringen, wie die US-Historikerin Carmen Reinhardt mit Verweis auf Parallelen zur unmittelbaren Nachkriegszeit vermutet. Auch damals gab es in den USA und Großbritannien hohe (Kriegs-)Staatsschulden abzubauen. Was durch eine Art »financial repression« gelang, bei der Pensionsfonds vorgeschrieben wurde, ein Minimum an Staatsanleihen im Portfolio zu halten; und durch Maximalzinsen, was den Schuldendienst erleichterte. Die ersten Anzeichen für solches Nachhelfen gebe es auch heute, diagnostiziert Reinhardt. Jetzt werde zumindest überall nachgeholfen, die Zinsen möglichst niedrig zu halten.
    Effizienzcheck kontrollierte Staatsanleihemärkte
    Ein Mix aus Garantien gegen sich verselbständigende Pleitespiralen und

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