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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fricke
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besseren Regeln für solide Staatsfinanzen würde das Finanzsystem gleich auf mehrfache Art stabilisieren. Es würde Herdentriebe stoppen, wenn Panik aufkommt (Ziele A und B). Es würde zudem die Renditemöglichkeiten von Anleihen und darauf basierenden Spekulationsinstrumenten verringern (Ziel C). In der Krisewurde viel Geld mit dem Handeln von Kreditausfallversicherungen für Staatsanleihen gemacht. Der beschriebene Mix könnte noch auf andere Art helfen, prozyklische Eigendynamiken zu kontern (Ziel B): Bei hinreichendem Pleiteschutz hätten Regierungen mehr Zeit, mittelfristig zu konsolidieren und dafür kurzfristig auch mal gegenzusteuern und bei wegbrechender Konjunktur Geld ins System zu geben. Das würde auch die Stimmung an den Finanzmärkten stabilisieren. Und es müssten bei mittelfristiger Defizitplanung nicht mehr ad hoc Zukunftsinvestitionen gestrichen werden, wie das in Deutschland lange der Fall war (Ziel E). Das würde dann auch dazu beitragen, Einkommens- und Vermögensgefälle zu verringern – je mehr diese Einkommen aus realem Wirtschaften statt aus Vermögensspekulation entstehen, desto weniger werden sie auf ein paar Wenige konzentriert (Ziel D).
    Säule 4: Kontrollierte Rohstoffe – … mit Essen auch nicht
    Wenn Rohstoffmärkte in den vergangenen Jahren derart Kapriolen geschlagen haben, liegt das sehr stark daran, dass die Preise dort zunehmend von den (virtuellen) Wetten auf künftige Kurse bestimmt werden – nicht umgekehrt die Wetten von den realen Preisen, wie es dem Modell zufolge sein müsste. Grotesk. Kein Mensch wisse, wie die Ernte in einem Jahr ausfalle, sagt der frühere UNCTAD-Chefökonom Heiner Flassbeck. Der Derivathandel mit Dingen wie Zucker oder Kautschuk sei daher per se absurd. Ergebnis: ein ständiges Über- und Unterschießen der Kurse. Die übliche Logik der Finanzmärkte.
    Wenn die Finanzspekulation zu den Wirren so stark beigetragen hat, muss die Logik sich wieder umkehren, liegt die Lösung an den Rohstoffmärkten darin, den Handel wieder möglichst weitgehend auf das zu beschränken, was nötig ist, um den realen Bedarf an Rohstoffen zu sichern. Es ist ja durchaus sinnvoll, Rohstoffe kaufen und verkaufen zu lassen, um so einen Preis zu ermitteln und anzuzeigen, ob ein Rohstoff gerade knapp zu werden droht – oder nicht. Das Problem liegt im virtuellen Handel, bei dem es nicht einmal nötig ist, die gehandelten Produkte zu besitzen. Da steigen Spekulanten ein, wenn die Kurse steigen, was die Kurse weiter steigen lässtund kollektive Wellen fördert – an realen Märkten lässt (in der Regel) bei steigenden Preisen die Nachfrage nach.
    Teil der Lösung könnte es bereits sein, auf wachsenden öffentlichen Druck zu setzen, den es schon gibt. Seit der Krise sind jene Anlageprodukte arg in Verruf geraten, mit denen die Banken auf Rohstoffmärkten spekulierten – mit Nahrungsmitteln, die andere Leute zum Überleben brauchen. Da half zur Beschönigung auch der Begriff »Agrarfonds« wenig. Darauf angesprochen, beteuern Bankchefs heutzutage hastig, dass die eigene Bank solche Anlagen aus ethischen Gründen nicht mehr empfiehlt oder anbietet und dass sie den Handel mit Nahrungsmitteln zumindest nicht mehr ohne Anbindung an einen realen Handel praktiziert.
    Solcherlei Druck wirke, sagt der Wiener Finanzmarktexperte Stephan Schulmeister. Warum sollten Börsen wie die Chicagoer Commodity Trading Commission (CTD) daher nicht viel mehr als bislang publik machen, wer am Markt wie viele Positionen mit Rohstoffen hält? Dann fiele auf, wenn einer in kurzer Zeit plötzlich für etliche Milliarden einen Rohstoff kauft – und im Zweifel schnell verkauft, um Gewinn mitzunehmen. In Österreich habe der öffentliche Druck schon dazu geführt, dass die Banken gar keine Agrarfonds mehr anbieten.
    Ob das reicht, um Spekulationswellen zu stoppen? Wahrscheinlich nicht. Nach Schulmeisters Analyse wäre es sinnvoll, ganz grundsätzlich »das Wettkapital zu begrenzen«. Da der Handel voll elektronisch laufe, ließe sich auch definieren, bis zu welchem Volumen bestimmte Anlegerklassen am Tag handeln dürfen. Das würde mögliche Herdentriebe automatisch begrenzen und damit auch die Möglichkeit einzelner Investoren, auf so einen Trend sozusagen mathematisch aufzuspringen und entsprechende Gewinne zu generieren.
    Helfen würde auch hier natürlich eine Steuer auf alle Finanztransaktionen. Auch das würde die spekulativen Geschäfte stärker treffen als die weitaus weniger häufigen realen. Und

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