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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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Kritik ausgesetzt ist, dann muss man das ernst nehmen und muss es prüfen. Ob man das amerikanische Verfahren übernehmen kann, dazu müsste ich es mir ganz genau ansehen.

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    Es ist schwierig, es taugt als Ganzes nicht dafür.
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    Auch deswegen nicht, weil da jeder, also selbst Anhänger der populistischen Tea Party, plötzlich Einfluss darauf nehmen kann, dass bei den Demokraten der schwächere Kandidat aufgestellt wird. Das sind ganz merkwürdige Sachen.
    Â 
    Aber die SPD könnte sagen: »Nun gut, es gibt mehrere exzellente Kandidaten, wir lassen jetzt die SPD-Mitglieder entscheiden, ob Peer Steinbrück antritt oder Frank-Walter Steinmeier.« Damit würden die Sozialdemokraten den politischen Prozess eventuell beleben. Wäre das eine Überlegung wert?
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    Eine Überlegung ist es wert. Es hat positive wie auch negative Seiten. Sigmar Gabriel und Andrea Nahles haben darüber und über die Mitwirkung von Nichtmitgliedern eine Diskussion eröffnet. Da sollte man unter anderem auch prüfen, was es bedeutet, wenn ein solcher Wettbewerb damit endet, dass der eine Kandidat 55 Prozent und der andere 45 Prozent bekommt. Da könnten die anderen Parteien immerhin sagen: »Schaut her, den nominierten Kandidaten wollen nicht mal 45 Prozent der eigenen Leute.« Aber ein endgültiges Urteil ist das, was ich da gerade von mir gegeben habe, nicht. Sicher wäre es gut, den demokratischen Prozess zu beleben.
    Jedoch könnte man in einem Punkt sofort etwas tun. Das ist meine alte Forderung, dass man bei der Bundestagswahl mit der Zweitstimme nicht eine Partei, sondern einen der auf der Liste vollständig aufgeführten Kandidaten wählen kann. Bislang ist es so, dass man mit der Zweitstimme auf Bundesebene nur eine Liste wählt und damit Leute, die man gar nicht kennen kann, weil bei den großen Parteien auf dem Wahlzettel nur die ersten fünf Namen stehen. Das könnte man sofort korrigieren. Übrigens gibt es noch immer die Möglichkeit, dass der Bürger in einer Partei mitarbeitet. Das ist ganz altmodisch, aber auch ein Weg, sich stärker einzubringen.
    Â 
    Die Parteien erscheinen einem doch als geschlossene Clubs.
    Â 
    Das ist ein ungerechtes Urteil. Kommen Sie mal in meinen Ortsverein. Ich lade Sie dazu ein.

    Â 
    Wie viele Menschen sind da anwesend, im Vergleich zu der Zeit, in der Sie noch aktiv waren?
    Â 
    Ich kenne den Ortsverein erst, seitdem ich im Augustinum wohne. Somit kann ich die Frage nicht beantworten. Das letzte Mal waren zwanzig Leute da, die lebhaft diskutierten. Vor sechzig Jahren in Freimann waren es auch nicht sehr viel mehr.
    Â 
    Sehen Sie gar keinen Neuerungsbedarf in der Art und Weise, wie Parteien zu gestalten sind?
    Â 
    Es gibt kaum ein Gebiet, wo ich nicht Erneuerungsbedarf sehe. Auch auf diesem Gebiet gibt es ihn. Aber eine generelle Deklassierung der Menschen, die sich in Parteien engagieren, als seien das alles Leute, die mit dem wirklichen Leben nichts zu tun haben, die andere fernhalten wollen und nur eigene Interessen verfolgen – das kann ich nicht nachvollziehen. Ortsvereine sind keine geschlossenen Vereine. Sie freuen sich sogar über jeden, der neu zu ihnen kommt.
    Â 
    Das habe ich auch nicht behauptet.
    Â 
    Wer ist dann der geschlossene Verein?
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    Die politischen Parteien präsentieren sich – und das gebe ich jetzt in der Tat als eine persönliche Einschätzung wieder – als sehr geschlossene Gesellschaften. Jedenfalls wirken sie nicht einladend, sie kommen nicht mit ausgebreiteten Armen auf den Bürger zu.
    Â 
    Es gab Zeiten, in denen die Einladung von der konkreten Situation ausging. Das war insbesondere bei Willy Brandt so, von 1969 bis 1972/73. Das schlug sich damals auch in den Beitritten nieder. Aber solche Zeiten lassen sich nicht einfach wiederholen. Es gibt eben auch Zeiten, in denen sich äußere Einflüsse anders auswirken. Und dieses generelle Urteil über die Parteien, dass sie geschlossene Clubs seien, kann ich nicht akzeptieren. Jeder kann ihnen beitreten, jeder kann sich zu Wort melden. Er kann – wenn er das anstrebt – schon bald als Delegierter auf einem Unterbezirksparteitag zum Beispiel seine Meinung äußern. Natürlich müssen die Parteien ihre Arme immer wieder ausbreiten. Aber
kritische Fragen richte ich auch an diejenigen, die abseits bleiben, nur kritisieren und von diesen Armen gar keinen Gebrauch machen

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