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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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hatte, gewonnen.
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    Was hat er denn gerufen? Links schlagen?
    Â 
    Das weiß ich nicht mehr. Aber er hatte befürchtet, ich würde einen Fehler machen, weil ich die Instrumente verkehrt hielt. Dass ich da den ersten Platz errang, ermutigte mich doch sehr. In dieser Zeit wurde auch ein Theaterstück aufgeführt, das Die Brautschau hieß. Es ging dabei um einen Bauern, der eine sehr hübsche und tüchtige Tochter hatte, das war die Stadt München, um die drei Bewerber buhlten. Ernie Singerl hat da mitgespielt, auch die Liesl Karlstadt. Das Stück war ein Riesenerfolg, und natürlich hat der gewonnen und die Braut und den Hof bekommen, der mich auf der Bühne repräsentierte.
    Â 
    Das nennt man Wahlhilfe, oder?

    Â 
    Ja – allerdings eine, die die Partei selbst organisiert hatte. Und jetzt kommt noch etwas. Das Theaterstück hatte später ein kleines Nachspiel. Damals wandte die Polizei zunächst noch ihre alten Methoden an, so wurde zum Beispiel nach dreimaliger Aufforderung der Schlagstock benutzt. Und während der Schwabinger Krawalle 1962 wurde derjenige, der mich in dem Brautschau-Stück dargestellt hatte, während einer der Demonstrationen ordentlich verhauen.
    Â 
    Und Sie waren für das Eingreifen der Polizei verantwortlich gewesen, nicht wahr?
    Â 
    Ja, freilich, da war die Polizei in München noch kommunal. Der Mann hat sich dann bitter beschwert.
    Â 
    Zu Recht.
    Â 
    Ja. Wir haben aus den Krawallen Konsequenzen gezogen und die Münchner Linie entwickelt, mit der Folge, dass wir mit den Vorgängen 1968 besser zurechtkamen als andere Städte. Es bedarf einer Krise, um Veränderungen durchzusetzen, das haben wir ja schon besprochen.
    Â 
    Zurück zu Ihrer Wahl: In dem Moment, wo klar war, dass Sie gewonnen hatten, spürten Sie da Stolz auf sich selbst?
    Â 
    Jetzt gebe ich Ihnen ein weiteres Beispiel für meine Pedanterie: Für diesen Wahlabend hatte ich drei Erklärungen vorbereitet. Eine für den Fall, dass ich gewinne, eine, wenn es eine Stichwahl gibt, und eine, wenn ich verlieren sollte. Und beinahe hätte ich noch die verkehrte Erklärung herausgezogen. Mein Gefühl in diesem Moment könnte ich so beschreiben: Nun hast du eine schwere Verantwortung zu tragen. Aber sicherlich empfand ich auch große Freude.
    Â 
    Ich hatte nach Stolz gefragt. Das Schwierige bei Ihnen ist, dass Stolz nichts ist, was man mit Ihnen verbindet, was man mit Ihnen bestimmt auch nicht in Verbindung bringen soll. Aber trotzdem hätte ich die Vermutung …

    Â 
    Stolz in dem Sinn, dass ich besser bin als die anderen, das war mir an diesem Abend eher fremd. Es überwog die Freude, dass man eine solche Prüfung – und das war es ja – anständig bestanden hatte. Aber besonders präsent war eben dieses Gefühl, dass ich eine schwere Verantwortung übernommen hatte und die Menschen, die mir das Vertrauen geschenkt hatten, nicht enttäuschen durfte. Na, es hat ja auch mit 64 Prozent geklappt. 1966, bei der ersten Wiederwahl, waren es sogar 78 Prozent, und das war dann ein weiterer Anlass zur Freude – und in diesem Fall nun auch für einen gewissen Stolz.
    Â 
    Und ich hätte jetzt gesagt, das war ein stolzes Ergebnis. Ich frage Sie jetzt etwas ganz anderes: Haben Sie ein Lieblingsnachbarland, ein Land, das Ihnen in Europa besonders am Herzen liegt?
    Â 
    Ganz persönlich gilt meine Sympathie einem südlichen Nachbarn, nämlich Südtirol. Südtirol ist eine der erfolgreichsten Regionen in ganz Europa mit den geringsten Arbeitslosenzahlen. Und auch sonst hervorragenden Lebensbedingungen. Kompliment für die Beteiligten! Südtirol hat inzwischen eine Autonomie erreicht, die weltweit als Vorbild dienen kann. Aber meine Liebe gilt gar nicht in erster Linie den wirtschaftlichen Zahlen, sondern den Bergen und den Menschen. Ich denke aber auch gern an die Länder und Gegenden, in denen meine Frau und ich gelebt oder die wir des Öfteren besucht haben. An Berlin, an die Mark Brandenburg, an die Insel Rügen und an einige der sogenannten Ostsee-Bodden. Aber wenn Sie mich so speziell fragen, dann ist meine Antwort Südtirol.
    Â 
    Haben Sie viel Urlaub in Griechenland, Frankreich oder Spanien gemacht ?
    Â 
    Jetzt kommt wieder dieser merkwürdige Mensch zum Vorschein, der ich wohl manchmal bin. Meine Frau und ich haben eigentlich nur zwei Urlaubsorte gehabt: In den geraden Jahren waren wir in

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