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Wie zaehmt man einen Scheich

Wie zaehmt man einen Scheich

Titel: Wie zaehmt man einen Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trish Morey
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anderer zeigen zu können, auf jede Situation vorbereitet zu sein, und ihr Leben lang hatte sie sich daran gehalten. Doch wozu sollte das gut sein, wenn das Leben eine abrupte Wende nehmen und sie zu einer Ehe zwingen konnte, nur weil ein vergilbtes Stück Papier es so wollte? Was machte es da noch aus, wie sie aussah? Mit den Fingern kämmte sie ihr Haar, dann strich sie, so gut es ging, die Falten aus der Hose. Das musste reichen. Noch vor Kurzem wäre es ihr nicht gleich gewesen, aber nach allem, was passiert war, fühlte sie sich seltsam losgelöst von ihrem einstigen Leben.
    Es war nicht mehr wichtig.
    Wenn man sie zu einer Ehe zwingen konnte, war nichts mehr wichtig. Nicht die äußere Erscheinung, nicht das Benehmen und ganz sicher nicht die Erwartungen, die man von seinem Leben hatte. Es zählte nur, dass man eine Prinzessin war. Man stammte aus der richtigen Familie, konnte den richtigen Stammbaum vorweisen. Und Zoltan verachtete sie so oder so. Ihm war völlig gleich, wie sie aussah. Er saß mit ihr fest, genau wie sie mit ihm festsaß.
    In gewisser Hinsicht tröstete sie der Gedanke, während sie langsam die Stufen hinabstieg. Warum sollte sie die Einzige sein, die unter diesem Arrangement litt?
    Der Garten war menschenleer, wie sie gehofft hatte, nur das leise Rascheln der Blätter, das Wassermurmeln und der Gesang der Vögel waren zu hören. Ziellos wanderte sie über die Wege, atmete tief die laue Luft ein und erfreute sich an dem abwechslungsreich angelegten und mit Sorgfalt gepflegten Park. Bei einem der Frangipani-Bäume blieb sie stehen, brach einen Zweig mit den weiß-gelben Blüten ab und sog tief den süßen Duft ein.
    Die Lieblingsblumen ihrer Mutter, so hatte ihr Vater erzählt, als sie sich das Album mit den Hochzeitsfotos der Eltern angesehen hatte. Und ja, im Hochzeitsstrauß ihrer Mutter hatte sie die Frangipani-Zweige stecken sehen. Aisha fragte sich, was ihre Mutter ihr in der jetzigen Situation raten würde. Ob sie die Sache ebenso nüchtern und sachlich wie König Ashar betrachten würde? Der Vater hatte ihr nämlich heute klipp und klar gesagt, dass es keinen Zweck hatte, sich zu wünschen, die Dinge lägen anders. Es war eben so, wie es war. Punkt. Würde ihre Mutter mehr Mitgefühl und Verständnis zeigen?
    Nicht zum ersten Mal fragte Aisha sich, wie die Ehe ihrer Eltern wohl gewesen sein mochte. Sie wünschte, sie wüsste, wie die beiden sich kennengelernt hatten. Doch ihre Mutter war zu früh gestorben, damals war Aisha noch zu jung gewesen, als dass ihr solche Fragen überhaupt in den Sinn gekommen wären.
    Sie kam an einen Durchgang in der Wand, zu dessen Seiten Palmen in Terrakottatöpfen standen. Führte dieser Weg in den nächsten Garten? Als sie durch den Torbogen trat, merkte sie, dass Bogen um Bogen folgte: eine Art Arkadengang, prächtig geschmückt mit großen Pflanzenkübeln.
    Sie sah sich um, prägte sich alles genau ein, damit sie sich nicht verlief und wieder zurückfinden würde, dann gab sie ihrer Neugier nach. Es konnte nichts schaden, sich ein wenig umzusehen, schließlich sollte dieser Palast ihr neues Zuhause werden.
    Sie ging an einer Vogeltränke vorbei, in der Vögel munter badeten und sich nicht von ihr stören ließen. Die Palmwedel raschelten leise im Wind, und der nächste Torbogen lockte dazu, herauszufinden, was hinter ihm lag. Aisha bewunderte die kunstfertigen Mosaikarbeiten und die Intarsien aus Perlmutt, staunte über das stolz dahinschreitende Pfauenpärchen. Nur eine junge Dienerin begegnete ihr. Mit einer Verbeugung eilte das Mädchen davon, und Aisha ließ sich von der Neugier weiterziehen.
    Der letzte Durchlass lag vor ihr, als sie laute Rufe und Lachen vernahm – Männerlachen und das Spritzen von Wasser, offensichtlich von einem Schwimmbecken. Hastig schwang sie herum und drückte sich mit dem Rücken gegen den Torbogen. Sie schluckte. Nur gut, dass sie die Stimmen gehört hatte, bevor sie unwissentlich mitten in die Gruppe gestolpert wäre. Sie sollte nicht hier sein, sie war dem Weg zu weit gefolgt.
    Dann hörte sie seine Stimme, Zoltans, und ein bitterer Geschmack stieg ihr in den Mund. Zu frisch war die Erinnerung an die Anstrengung, die es gekostet hatte, mit geradem Rücken und gereckten Schultern die Bibliothek zu verlassen, wenn Elend und Kummer sie doch fast erdrückt hätten. Jede Unze ihrer Selbstbeherrschung war nötig gewesen, um erst in Tränen auszubrechen, als die Tür ihrer Suite hinter ihr sicher ins Schloss gefallen war.

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