Wiedersehen in Barsaloi
Lketinga meine Gedanken erraten hätte, schaut er mich an und sagt: »Really, das Leben ist jetzt viel besser. Vielleicht willst du ja wieder hier bleiben?« Dabei lacht er und seine weißen Zähne blitzen. Etwas verlegen und doch schelmisch entgegne ich: »Du hast doch schon wieder eine junge Frau geheiratet. Wo ist sie denn?« Sofort wird er ernst, macht eine unwillige Armbewegung und antwortet knapp: »I don’t know – somewhere!« Offensichtlich möchte er nicht über sie sprechen und deshalb wechsle ich das Thema.
Im Türrahmen lässt sich ab und zu der kleine zweijährige Sohn von James blicken. Zu Ehren meines Verlegers wurde er auf den Namen Albert getauft. Die Namensgleichheit jedoch scheint wenig Eindruck auf ihn zu machen, denn sobald ihn ein weißes Gesicht anschaut, weint er los oder rennt davon. Seine Schwester Saruni dagegen ist viel zutraulicher. In Etappen schleicht sie langsam auf mich zu. Sie ist so niedlich, dass ich sie am liebsten sofort auf den Arm nehmen möchte. Sie erinnert mich sehr an Saguna.
Stefania – mittlerweile haben wir erfahren, dass James’ Frau so heißt – steht in dem schmalen Raum neben dem Eingang, der als Kochstelle dient. Unaufgefordert spricht sie nichts. In der »Küche« befindet sich lediglich eine Feuerstelle, allerdings nicht am Boden wie normalerweise üblich, sondern etwas erhöht, so dass sie im Stehen kochen kann. Rund um die zementierte Kochstelle ist eine kleine Ablagefläche, links an der Wand hängen einige Töpfe, Tassen und Teller. Das Wasser steht in einem 20-Liter-Kanister am Boden.
James fragt, ob wir Hunger haben, doch Lketinga protestiert sofort energisch: »No, ihr müsst nachher eine Ziege essen. Ich schlachte die beste und größte für euch.« Albert bemerkt, das müsse wirklich nicht sein, und verzieht als ehemaliger Vegetarier und Tierliebhaber sein Gesicht. Aber James erwidert bestimmt: »Doch, das muss sehr wohl sein. Was sollen denn die Leute denken, wenn wir zu deiner Rückkehr nicht die allerbeste Ziege schlachten!« Beim Anblick der leicht betretenen Gesichter von Albert und Klaus muss Lketinga lauthals lachen. Bis die Herde jedoch am Abend zurückkommt, wird es noch etwa zwei Stunden dauern. Diese Zeit sollten wir nutzen, um unsere Schlafplätze zu erkunden, bevor die jähe Dunkelheit hereinbricht.
Unser Lager
Wir marschieren zur nahe gelegenen Mission. Auf dem Weg muss ich ständig Hände drücken und höre immer wieder: »Mama Napirai! Supa! Serian a ge?« Es ist wirklich beeindruckend, wie ich empfangen werde nach all den Jahren. In der Mission erkenne ich den Wachmann und eine Angestellte wieder. Wie wir bereits wussten, ist Pater Giuliani nicht mehr hier. Stattdessen begrüßt uns ein junger kolumbianischer Pater und heißt uns auf seinem Gelände herzlich willkommen. Natürlich hat er nichts dagegen, wenn wir unsere Zelte hier oben für ein paar Tage aufstellen. Er verwaltet die Mission seit ein paar Jahren und hat schon von der weißen Massai gehört.
Unsere Wagen werden auf das Missionsgelände gefahren und auf einer ebenen Fläche geparkt, da auf jedem Autodach ein Zelt errichtet wird. Die Fahrer beginnen sofort mit dem Aufbau und eine halbe Stunde später sind die Übernachtungsmöglichkeiten für meine Reisebegleiter geschaffen.
Als die Fahrer gerade dabei sind, ein Bodenzelt für mich aufzustellen, kommt Lketinga dazu. Mit großen Augen schaut er auf die Dachzelte und fragt irritiert: »What is this?« Ich lache und erkläre ihm, dass dies die »Häuser« für Albert und Klaus sind. Wie immer, wenn ihm etwas neu und ungewohnt vorkommt, schüttelt er den Kopf und brummt: »Crazy, really crazy! Wie kann man da oben nur schlafen?« Vorsichtig steigt er an einer der beiden Leitern ein paar Stufen hoch und steckt den Kopf ins Zelt. Schon hören wir ein glucksendes Lachen und seinen belustigten Kommentar: »Yes, oh yes, das sieht wirklich gut aus!«
Sicher hat er noch nie ein Zelt gesehen und erst recht keines auf einem Autodach. Mir ist bewusst, dass ihm die ganze Situation höchst ungewöhnlich erscheinen muss. Bei den Samburu ist es schließlich nicht üblich, dass Gäste ihr eigenes Haus mitbringen. Wenn sie unterwegs sind, können sie überall um Unterschlupf bitten. Es gilt nur, bestimmte Regeln einzuhalten. So kann ich mich erinnern, dass mein Ex-Mann nur bei Frauen übernachten durfte, die einen Sohn in seiner Altersstufe hatten. Wahrscheinlich ist dies eine Sitte, um dem Fremdgehen vorzubeugen.
Nachdem Lketinga
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