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Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinne Hofmann
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helfen ihm dabei. Die eine hält eine Taschenlampe, die andere das jeweilige Bein.
    Jetzt beginnt die Häutung der Ziege. Dazu braucht er kein Messer mehr. Mit der einen Hand zieht er an dem Fell, während er mit der anderen den toten Körper nach unten drückt. So löst sich das Fell schnell und problemlos vom Fleisch. Fasziniert sehe ich zu, da diese Szene ohne Blutvergießen vor sich geht. Es dauert keine zwanzig Minuten, bis das Tier vollständig enthäutet vor uns liegt. Nun wird der Bauch geöffnet und Gedärme und Innereien quellen heraus. Papa Saguna trennt alles säuberlich und legt die einzelnen Teile auf das Wellblech. Da ich von früher weiß, wie schrecklich der Darminhalt riecht, entferne ich mich nun auch. Schließlich will ich später ja noch von diesem Fleisch essen.
    Ich setze mich zu den anderen ins Haus und trinke heißen Chai aus der Thermoskanne. Der kleine Albert rennt sofort wieder hinter seine Mutter und schaut mich mit erschreckten Augen an. James beginnt zu erzählen, wie die Einheimischen hier in Barsaloi reagiert haben, als ich nicht sofort im Dorf erschienen bin. »Weißt du, die meisten glaubten sowieso nicht, dass du nach vierzehn Jahren wieder hierher kommen würdest. Als dann nur Klaus ausgestiegen ist, dachten sie, dies sei der Beweis dafür. Jetzt erscheint ein Mzungu, um mitzuteilen, dass Corinne doch nicht kommen wird. Aber ich beruhigte sie und erklärte ihnen, dass du noch die Schule besuchst. Dann hörte ich, wie sich die Leute unterhielten und zueinander sagten: Sie kommt wie eine Königin mit zwei Wagen, die noch dazu von Chauffeuren gelenkt werden. Zuerst erscheint nur ein Auto, aus dem ein Weißer aussteigt, um die Situation abzuklären und um eine Kamera aufzustellen. Erst eine ganze Weile später erscheint sie dann selbst. Für alle war klar: Only a Queen is moving in this way.«
    Wir brechen in lautes Gelächter aus. Mit einer Königin verglichen zu werden, habe ich nun wirklich nicht erwartet, obwohl mir natürlich klar war, dass wir mit zwei so großen Geländewagen einschließlich Fahrern Aufsehen erregen würden. Schließlich kannten sie mich als Selbstfahrerin in unserem klapprigen Land Rover. James wiederholt die Geschichte ein paar Mal und erntet immer fröhliche Heiterkeit. Heute Nachmittag habe er auch gehört, dass sogar die Leute, die mich nicht gekannt, sondern nur von mir gehört haben, sich über meinen Besuch freuen.
    Draußen, wo der Vollmond und Tausende von Sternen den Nachthimmel erleuchten, ist von der Ziege nichts mehr zu sehen. Stattdessen sitzt Lketinga bereits an einer Feuerstelle und grillt einige Fleischstücke auf einem Rost. Es ist genau festgelegt, welche Teile die älteren Männer bekommen, welche Stücke an die Frauen gehen und welche wiederum von den unbeschnittenen Mädchen und Jungen gegessen werden dürfen. Ich erinnere mich, dass die Innereien, die Füße und der Kopf immer bei Mama in der Manyatta gekocht wurden. Ich setze mich zu Lketinga ans Feuer und schaue auf die brutzelnden Fleischstücke. Kaum zu glauben, dass diese Ziege vor einer Stunde noch quicklebendig vor uns stand.
    Wir versuchen uns zu unterhalten, aber es ist nicht ganz einfach, den passenden Gesprächsstoff zu finden. Als ich mit ihm über mein Buch sprechen möchte, blockt er ab und meint: »Später, nicht jetzt.« Versuche ich, etwas über die Zeit nach meinem Weggang zu erfahren, sagt er: »Über die Zeit in Mombasa möchte ich nicht mehr sprechen, sonst werde ich gleich wieder verrückt. Ich habe mein Leben völlig geändert. Ich trinke nicht mehr und bin zufrieden. Ich habe drei Frauen und keine Probleme.« Na ja, mich kann er eigentlich nicht mehr als seine Frau betrachten, doch im Moment möchte ich keine Diskussion darüber anzetteln. So erzähle ich ihm von unserer Tochter Napirai, was sie in der Schule macht, welche Fächer sie liebt und welche nicht. Dass sie vielleicht lieber arbeiten möchte, als jahrelang zur Schule zu gehen. Das versteht er natürlich sofort und stellt fest: »Yes, she is clever like me.«
    Auch in den Manyattas wird Fleisch zubereitet, überall quillt Rauch heraus. Allmählich verspüre ich einen richtig guten Appetit und freue mich darauf, in ein großes, wenn auch sicher eher zähes Stück Fleisch zu beißen. Endlich ist es so weit. Wir sitzen in James’ Haus und auf dem Tisch steht ein Blechtopf gefüllt mit vielen Fleischteilen. Jeder greift zu. Die einen nagen an Rippenknochen, andere beißen kräftig in ein Schenkelstück. Mir

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