Wiedersehen in den Highlands - Roman
aus dem Kopf schlagen. Und die Begeisterung seiner Mutter für etwas, was letztendlich ein Verbrechen gegen die Interessen der Krone war, trug nicht dazu bei, Tom zu beruhigen. Er nahm ihr den übergroßen Eifer übel, der einer Witwe nicht gut zu Gesicht stand, wie Tom fand. Dieser Eifer verriet verborgene Abgründe, Charakterzüge, die ihm nie aufgefallen waren, als sein Daddy noch am Leben gewesen war. Wenn seine Mutter mit Betsy oder Janet plauderte, kicherte sie und fuchtelte mit den Händen wie ein flatterhaftes junges Ding. Wenn sie die Kasse hervorholte und die Ausbeute zählte, musste er an einen Geizhals in einem französischen Theaterstück denken, das er einmal gelesen hatte. Ihre Genugtuung schien hämisch, als hätte sie vor den Guineen in der Kasse mehr Achtung als vor dem Andenken seines Vaters.
Der Grabstein war inzwischen auf dem Kirchhof aufgestellt worden. Henry und er waren hingegangen, um ihn zu begutachten, aber Mammy hatte seine Einladung, sie zu begleiten, kurzerhand ausgeschlagen. Sie hatte bis zum Sonntag damit gewartet, als sie und Mr. Turbot zwischen den Grabsteinen umhergeschlendert waren, und hatte, fast im Vorbeigehen, einen flüchtigen Blick auf den Stein geworfen, der Matthew Brodies letzte Ruhestätte kennzeichnete. Es war für Tom wie ein Stich ins Herz gewesen, als er seine Mutter zu dem Pfarrer hatte sagen hören: »Ich hätte Blumen mitbringen sollen, aber es gibt keine. Im Frühjahr werde ich ihm ein paar Schneeglöckchen bringen. Ich bin sicher, bis dahin wird er geduldig warten.« Und sie hatte nicht eine Träne vergossen, um den Stein über der Stelle zu segnen, wo die Gebeine des Mannes ruhten, der gestorben war, um Hawkshill zu retten.
Der Mist roch süßlich im Nieselregen. Sie hatten keine Zeit für ein zweites Pflügen, keine Zeit, »modern« zu sein. Henry und Betsy stachen mit ihren Mistgabeln immer wieder in den reifen Dung und schleuderten ihn in hohem Bogen über das Feld, während Janet den Wagen lenkte, frisch und munter trotz des trostlosen, nassen Wetters. Möwen und Saatkrähen hatten sich wieder eingefunden und schienen über den Schlamassel zu spotten, den Tom aus seinem Leben gemacht hatte. Er beobachtete Betsy aus dem Augenwinkel. Ihr Haar, dick wie eine Getreidegarbe, war mit einem Kopftuch zusammengebunden, und sie hatte die Röcke in ihrem Gürtel festgesteckt, sodass ihr Fleisch bis zu den Oberschenkeln zu sehen war. Er schaute zu, wie sie sich auf diesen hübschen, kräftigen Beinen immer wieder bückte und streckte, sah ihre Brüste wippen, wenn sie den Dung ausstreute, ihn in hohem Bogen von der Mistgabel warf und dann eine Sekunde oder zwei auf dem Wagen verharrte, mit erhobenen Armen, das Gesicht in den fallenden Regen gereckt, als wollte sie ihn trinken.
Wenn er nicht zu jenem Fenstersims in der Thimble Row hochgeklettert wäre, wenn er Rose Hewitts weiche Lippen nicht geküsst hätte, wenn er von Natur aus weniger draufgängerisch, weniger romantisch wäre, dann hätte er Betsy McBride vielleicht genommen und sein dringendstes Verlangen zwischen ihren Beinen gestillt. Aber es war Winter, und es war nass. Es gab keine schattigen Plätze, in die man sich legen konnte, keine Blüten, die von den Zweigen hingen und sie abschirmten, während er das Mädchen streichelte und beschwatzte und sich hübsche Komplimente ausdachte, die seinen Vorstoß rechtfertigten. Es gab kein Laub an den Bäumen, das diesen Schrei dämpfte, wenn Tom sich über sie beugte und sah, dass sie die Augen geschlossen und den Mund geöffnet hatte, und ihre Beine treten spürte und der Puls ihrer weiblichen Teile ihn umklammerte und drückte.
»Tom?«
»Hm?«
»Sieh mal nach Westen!«, rief Henry. Schlammverschmiert und zerzaust stand sein Bruder grinsend neben dem Wagenrad und zeigte in die besagte Richtung.
Tom verstärkte den Griff um den Zügel, hielt die klappernde Egge aber nicht an. Er warf einen Blick hinter sich. »Was denn?«, fragte er.
»Sieh mal, der Himmel klart auf. Wir werden doch noch eine schöne Nacht dafür haben.«
»Eine schöne Nacht wofür?«
»Die Tour«, sagte Betsy zu ihm. »Die Brandy-Tour.« Sie war mit Stroh und Pferdemist bekleckert, ihre Schienbeine beschmiert mit grünlich braunem Rinderdung. Betsy fuchtelte mit der kurzen Mistgabel durch die Luft, als hätte sie wie eine Hexe über das Wetter triumphiert.
Henry sah zu ihr hoch und jauchzte auf. »Und der Himmel verspricht für morgen einen schönen Tag, Mädchen«, rief er, »einen
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