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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stirling
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fragen.
    »Nein, da mache ich mehr, viel mehr.«
    »Warum haben Sie aufgehört, Lucas?«
    »Weil Sie eine Dame sind.«
    Lucas war nicht kalt oder selbstgerecht. Er trug seine Selbstbeherrschung nicht zur Schau. Er war ebenso erschüttert wie sie, keuchte wie ein kaputter Blasebalg, und seine Wangen waren gerötet. Außerdem fühlte er sich sichtlich unbehaglich. Er schlich rückwärts um den Tisch und setzte sich wieder, beide Hände in den Schoß gepresst.
    »Das hätte ich nicht tun sollen«, murmelte er, halb zu sich selbst. »Sie sind nur ein kleines Mädchen. Es war nicht recht.«
    »Warum war es nicht recht, Lucas?«
    »Weil ich der Mann bin«, sagte er. »Verdammt, ich bin der Mann!«
    »Muss der Mann denn immer die Verantwortung übernehmen?«
    »Natürlich muss er das«, erklärte Lucas. »Verdammt, natürlich muss er das.«
    »Habe ich denn kein Mitspracherecht bei der Angelegenheit?«
    »Aye, Sie können immer Nein sagen.«
    »Sagt Nancy Ames je Nein?«
    »Sie sind nicht Nancy Ames«, murmelte Lucas.
    Rose strich ihre Röcke glatt, rückte die Schürze zurecht und beruhigte sich wieder. »Danke, Lucas.«
    »Aber wofür?« Er seufzte. »Ich habe Sie berührt.«
    »Das haben Sie«, sagte Rose leise. »Sie haben mich berührt.«
    »Sie werden es doch nicht Ihrem Daddy erzählen, oder?«
    »Nein, keiner Menschenseele. Das ist unser Geheimnis, Lukie.« Sie beugte sich über den Tisch vor und küsste ihn auf die Wange. »Unser Geheimnis.«
    »Wen hast du denn da drinnen?«, erklang eine Stimme aus der Diele.
    In einen von Papas alten Morgenröcken gewickelt, der zu kurz war, um ihre mageren Knöchel zu verbergen, schlurfte Eunice Prole ein paar Schritte auf die Küche zu. »Ist das Tom Brodie?«
    »Es ist Lucas«, beeilte sich Rose zu antworten. »Lucas Fergusson. Er hat uns ein Stück Rindfleisch und eine Pastete gebracht, Geschenke von seiner Mutter.«
    »Dann bedank dich höflich«, rief die Haushälterin. »Und gib dem Jungen einen Tee!«
    Und damit schlurfte sie, von Rose untergehakt, wieder ins Bett.
    Und Lucas sah derweil mit hämmerndem Herzen zu, dass er wegkam.

16
    Das kalte Wetter hielt nicht länger als ein, zwei Tage an, dann setzte der Regen wieder ein, ein milder, sanfter, nebliger Regen, der alles durchnässte und unter dem die Schafe litten. Conns junge Ochsen, große, stämmige Tiere, wurden zum Kuhstall gebracht. Im spärlichen Licht, das durch das Cottage-Fenster hinausfiel, errichtete Henry einige Pferche in einer geschützten Ecke des Hofes, um die Jungochsen dort unterzubringen. Morgens und abends wurde im Licht der Laterne gemolken, und die Tage wurden kürzer.
    Saatgut kauften Tom und Henry bei einem Händler in Drennan, gutes, trockenes Saatgut, das leicht durch die Finger rann. Die Säcke lagerten sie im Pferdestall. Es war spät im Jahr, um Sibirischen Weizen zu säen, aber Tom und Henry waren sich einig, dass drei milde Tage ausreichen würden, um das lange Feld zu besäen, und Tom ging vor Tagesanbruch mit der Egge hinaus. Die Mädchen arbeiteten den Misthaufen ab, der inzwischen fast so hoch wie das Cottage-Dach war, und Henry brachte die Fuhren mit einem Wagen zum Feld.
    Die Arbeiten der Jahreszeit wurden mit Begeisterung in Angriff genommen. Die düstere Stimmung der vergangenen Wochen schien endgültig hinter ihnen zu liegen. Betsy fragte sich, ob es an der Abwesenheit des alten Mannes lag, nicht an dem Saatgut im Stall und dem Geld in der Kasse, dass die Brodies sich so ins Zeug legten. Vor allem Agnes schien bemüht zu sein, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie wusch die Bettlaken und die Decken, besserte Kleidungsstücke aus und kochte deftige Mahlzeiten. Inzwischen schlief sie wieder in dem großen Bett im Alkoven in der Küche und gab, auf das Kissen aufgestützt, Anweisungen, die ihre Söhne weitgehend ignorierten.
    Agnes machte sich gerade bettfertig. Tom döste auf einem Stuhl neben dem Kamin. Janet kniete zu seinen Füßen am Boden und starrte verträumt ins Feuer. Henry saß am Tisch über der Buchhaltung. Das Kinn in die Hand gestützt, hockte Betsy ihm gegenüber und war ein wenig eingenickt. Kein warnendes Hundegebell war von draußen zu hören, kein Hufgetrappel auf dem mit Stroh bestreuten Boden. Die erste Ankündigung eines spätabendlichen Besuchers war ein plötzliches Klopfen an der Tür, und einen Augenblick später knarrten die Angeln, als die Tür aufschwang.
    Tom sprang auf und schnappte sich einen dreibeinigen Hocker, um ihn als Waffe zu

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