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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stirling
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Tom Brodie auf einem Bein hüpfte, herumschnellte und den Inhalt des Nachttopfs in einem hohen Bogen von sich schleuderte, der für einen bizarren Augenblick einen kleinen Regenbogen vor den Sonnenstrahlen bildete, bevor er auf das Pflaster des Hofes spritzte.
    »Verschwinden Sie und lassen Sie uns in Ruhe!«, knurrte Tom Brodie.
    »Das ... das werde ich«, sagte Neville unterwürfig. »Ich meine, ich war nur gekommen, um zu sehen, ob ihr ... irgendetwas braucht.«
    »Von Ihnen? Ha!«, rief Tom. »Zum Teufel, dafür ist es zu spät, Hewitt, viel zu spät.« Damit wandte er sich ab und stapfte auf das Cottage zu, wo die Tochter des Webers McBride mit vor der Brust verschränkten Armen in der offenen Tür stand. Ihr zerknautschtes Baumwollnachthemd, so dünn wie Pergamentpapier, klebte ihr an Bauch und Schenkeln, und Neville fand, dass auch sie so aussah, als wäre sie eben erst aus dem Bett gefallen.
    »Ich denke, Sie sollten jetzt besser gehen, Mr. Hewitt«, sagte Henry.
    »Da könnten Sie recht haben«, pflichtete Neville Hewitt ihm bei. Er machte einen weiten Bogen um Tom Brodie, ging hinter dem ehemaligen Misthaufen vorbei zu seinem Pferd und stieg auf. Er hielt nur lange genug inne, um einen Blick auf den Farmer und die dralle Magd zu werfen, die sich am Eingang der Scheune umarmten und lachten, und mit einem wissenden Knurren ritt er rasch davon.

DRITTER TEIL
KERZEN AM MITTAG

18
    Es war spät im Jahr, als der erste Schnee fiel. Er kam von Südwesten, wehte über die Förde von Irland herüber – und von irgendwo dahinter, dachte Betsy, aus Amerika, auch wenn ihr Geografiewissen so verschwommen war, dass es genauso gut Holland hätte sein können oder jener geheimnisvolle Ort namens Nantes, an dem ihr Vetter seine Waren kaufte.
    Aber woher Conn seine Fracht auch beschaffte, binnen eines Monats hatte er ihnen genug gebracht, um Mrs. Brodies Kasse zu füllen.
    Von einer missglückten Anlandung ließ er sich nicht abschrecken. Zehn Tage nach dem Beinahedesaster in der Brandung von Port Cedric war er mit einem größeren Boot, mehr Helfern und einer Ladung Wein, Tabak und Tee wiedergekommen. Dann, in der ersten Woche des Weihnachtsmonats, als die Flut so hoch war, dass sie fast die Dünen erreichte, hatte er zwanzig Fässer Brandy angeliefert und die Brodies zu einer weiteren Nacht schweißtreibender Arbeit verurteilt.
    Und schließlich, als die ersten Schneeflocken in der Dunkelheit tänzelten, hatte er eine Bootsladung mit Tee herangeschafft, die in Kisten verpackt, in Öltuch gewickelt und so fest verschnürt war, dass die kostbaren Blätter durch nichts als Hanf geschützt zu sein schienen.
    Die Kisten waren klein, doch sehr schwer. Auf dem Hügel über der Zollschranke kamen die Pferde ins Schlittern, und Henry warf sicherheitshalber einen Teil der Fracht ab und ließ ihn, so riskant es auch war, am Wegesrand liegen, bis Tom und er bei Tagesanbruch mit dem Wagen wiederkamen, um ihn abzuholen.
    Tee war Mr. Dingles bevorzugte Fracht. Über die Maßen hoch besteuert, erzielte er auf dem Schwarzmarkt mehr als Brandy. Um seine Dankbarkeit und, wie er behauptete, Zuneigung zu bekunden, überreichte Rufus Dingle der Witwe Brodie ein verfrühtes Neujahrsgeschenk, eine kleine, aber sehr kunstvolle Uhr, und Janet und Betsy je ein Musselintuch mit einem Pfauenmuster, das laut Mr. Dingle all die vornehmen Damen in Paisley trugen, damit der Wind nicht an ihre Hälse peitschte.
    Überrumpelt von der Großzügigkeit des Lieferanten, gab Agnes ihm zehn frische Eier in einem kleinen Korb und ein Kännchen Milch, von dem die Sahne nicht abgeschöpft war. Dann stürzte sie zu ihrer Kasse und entnahm ihr vier Schillinge, die sie den Dingle-Mädchen überreichte, auch wenn eines von ihnen kichernd erklärte, es habe lieber einen Kuss von Mr. Brodie. Diesem Wunsch kam Tom großzügig nach, als eine Art Dividende nicht nur für das vorwitzige junge Mädchen, das darum gebeten hatte, sondern auch für die drei anderen Schwestern.
    »Und was ist mit mir?«, rief Henry. »Was bekomme ich?«
    Niemand schien geneigt zu sein, Henry irgendetwas zu geben, niemand bis auf Betsy, die ihn lachend an sich drückte, in die Luft hob und ihm unter dem Jubel der Dingle-Mädchen einen Kuss auf die Stirn drückte.
    An jenem Abend versammelten sich die Brodies um den Tisch und rechneten ihren Gewinn für das ganze Jahr aus. Betsys Anteil betrug das Zweifache ihres Lohns. Am nächsten Morgen kämpfte sie sich durch kniehohe Schneeverwehungen nach

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