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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stirling
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einen gelblichen Ring getrampelt, und dicke, klebrige Schneeklumpen hingen an ihrem Fell. Als Henry und Betsy auftauchten, blökten sie verzweifelt, warfen sich in die Schneewehe, die sich an der kleinen Mauer türmte, und versuchten, den Schäfer, oder vielmehr den Sack mit Heu und gehackten Rüben auf seinem Rücken, zu erreichen.
    Auf dem Hügel stand noch immer Heidekraut, und Wild war von den Höhen der Lang Rocks heruntergekommen, um dort zu weiden. Betsy konnte die Tiere eben noch erkennen, als sie über die Hügelkuppe zogen. Sobald der Schnee schmolz, würde Henry die Schafböcke wieder zum Moor hochführen, denn Heidekraut war ein gutes Fressen für sie. Die lammenden Mutterschafe hingegen würde er füttern, bis sie warfen. Betsy hatte selbst schon erlebt, wie Nachlässigkeit eine Herde zugrunde richten konnte, und hatte oft gehört, wie Farmer bei einem schlechten Lämmerwurf ihr angebliches Pech verfluchten. Dabei hatten Glück oder Pech meist gar nichts damit zu tun. Aber Henry war ein guter Schäfer, und er behandelte all seine Schafe fast mit etwas wie Zuneigung, selbst diejenigen, die fürs Schlachtmesser gemästet wurden.
    Sie sah zu, wie er an beiden Beinen ein glückloses Mutterschaf festhielt, das sich allzu tief in die höchste Schneewehe geworfen hatte. Er packte es bei den Schultern und zerrte an dem störrischen, blökenden Tier, bis er es schließlich aus seiner Zwangslage befreit hatte. Betsy war bis zu diesem Moment gar nicht bewusst gewesen, wie stark Henry war – er schien eher zierlich gebaut und gar nicht muskulös. Und als er den Schafen nun Futter in den ausgetretenen Ring schüttete, stießen sie ohne jede Angst gegen seine Beine und stupsten ihn an.
    Er schüttete die Spreu aus dem Sack und warf ihn sich über die Schulter. »Damit werden sie bis morgen früh zufrieden sein«, sagte er. Henry sah zu dem Wild auf dem Hügel hoch, dann wandte er sich um, legte eine Hand schützend über die Augen und blinzelte zur Sonne hoch, die in diesem Augenblick zwischen den Inseln weit draußen im Meer versank. »Gott!«, murmelte er. »Liebst du es nicht auch, hier zu sein, Betsy?«
    »Oh ja«, sagte sie, »manchmal jedenfalls.«
    Er nahm ihren Arm und half ihr über die Mauer. Der Schnee war kalt an ihren Beinen, aber nicht allzu sehr. Unter ihrem Kleid war ihr warm, so warm vielleicht wie der Saat in den Furchen auf dem langen Feld. Henry legte Betsy die Hände um die Taille und hielt sie fest, und sein Atem vermischte sich in der kalten Luft mit ihrem.
    »Wirst du bei uns bleiben, Betsy?«
    »Ich werde so lange bleiben, wie Sie mich brauchen.«
    »Tom zuliebe«, fragte Henry, »oder mir?«
    »Es ist eine gute Arbeit, und ich bin zufrieden damit.«
    »Das ist nicht die Antwort auf meine Frage.«
    »Es ist die einzige Antwort, die ich zu geben habe, Mr. Brodie.«
    »Dann«, sagte er und ließ sie nicht los, »ist es wegen Tom, habe ich recht? Noch immer Tom?«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Aye, ich glaube, das weißt du sehr wohl, Betsy«, erwiderte Henry. »Hat meine Mutter dich nicht gewarnt, dass Tom nichts für dich ist?«
    »Ich denke, das hat er selbst zu entscheiden.«
    »Er ist nicht der Richtige für dich, Betsy. Er ist mein Bruder, und ich werde zu ihm stehen, aber nicht auf Kosten deines Glücks. Liebst du ihn?«
    »Was ist das denn für eine Frage?«
    »Eine wichtige Frage – jedenfalls wichtig für mich.«
    »Tom ist nicht in mich verliebt, sondern in das Hewitt-Mädchen.«
    »Tom dreht sich wie ein Wetterhahn, sobald der Wind umschlägt.«
    »Ich bin nichts, verglichen mit Rose Hewitt.«
    »Sie ist nur eine flüchtige Laune. Er glaubt, in sie verliebt zu sein, weil er sie nicht haben kann. Das ist unser Tom, Betsy«, erklärte Henry. »In Rose Hewitt verliebt zu sein wird ihn nicht davon abhalten, eine andere zu heiraten.«
    »Wen denn?«, fragte Betsy. »Steht noch ein anderes Mädchen auf seiner Liste?«
    »Aye«, meinte Henry. »Du.«
    »Ich?«
    »Er hat unserem Daddy auf dem Sterbebett versprochen, eine passende Frau zu heiraten«, sagte Henry. »Und du bist die passendste Frau, die er vermutlich je treffen wird.«
    »Ist das alles, was ich für ihn bin?«, entgegnete Betsy. »Passend?«
    »Es gibt Schlimmeres, was man sein könnte, glaub mir.«
    »Aye, so viel haben mich fünf Jahre bei Johnny Rankine gelehrt.«
    »Ich weiß alles über Rankines hässliche Gewohnheiten.«
    »Und Tom?«
    »Ich bin sicher, er weiß es auch.«
    »Ist das der Grund, weshalb er

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