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Wiedersehen in den Highlands - Roman

Wiedersehen in den Highlands - Roman

Titel: Wiedersehen in den Highlands - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Stirling
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seine behaarten Schenkel abrubbelte, denn in der Scheune war es selbst zu den besten Zeiten zugig. Henry hatte sich den ganzen Nachmittag um seine Herde gekümmert und roch streng nach Schafen, aber um nichts in der Welt würde er bei diesem Wetter nackt baden.
    »Wasch mich ab, Henry, und beeil dich!«, sagte Tom.
    Henry nahm einen Eimer, und als er seinem Bruder das Wasser über die Brust schüttete, hörte er ihn vor Schreck aufstöhnen. Er nahm Toms Hemd und warf es ihm anstelle eines Handtuchs zu. Henry sah zu, wie sein Bruder sich die Beine und den Bauch abtrocknete.
    »Hast du dich schon entschieden?«, fragte er.
    Tom stieg in seine Hose. »Die Entscheidung liegt nicht bei mir.«
    »Nein«, sagte Henry. »Es ist Vaters Entscheidung.«
    »Er weiß nicht, was er von uns verlangt.«
    »Oh, ich denke, das weiß er durchaus«, widersprach Henry.
    »Nun, ich werde nicht derjenige sein, der es tut.«
    »Du würdest ihm seinen letzten Wunsch verweigern?«
    Tom legte sich den Mantel um die Schultern. »Ich bin vieles, Henry, aber ich bin kein Mörder.«
    »Es wäre kein Mord«, entgegnete Henry. »Es wäre Gnade.«
    »Willst du ihn tot sehen?«
    »Er ist schon tot«, sagte Henry. »Ihm ist durchaus bewusst, dass er nie wieder einen Fuß aus dem Bett setzen wird. Es ist keine Frage von Monaten oder Wochen, sondern von Tagen und Stunden.«
    »Es ist ein Verbrechen gegen die Natur, Henry. Ich will damit nichts zu schaffen haben.«
    »Willst du mit Hawkshill etwas zu schaffen haben?«
    »Ein verdammt fauliger Boden«, rief Tom. »Sollen wir etwa unser Lebensblut in dieses Loch fließen lassen und gebrochen sterben, so wie Daddy?«
    »Der Boden hat ihn nicht umgebracht«, sagte Henry.
    »Was denn dann?«
    »Die Sparsamkeit.«
    »Sparsamkeit?«
    »Armut, wenn dir das lieber ist«, meinte Henry. »Ein Laster folgt auf das andere wie Hühner aus dem Ei.«
    Tom zog den Mantel fester um sich und trat auf den Bruder zu. »Gibst du etwa Daddy die Schuld daran, dass er mit den Zahlungen im Rückstand ist? Wenn das der Fall ist, dann werde ich dich mit einem Stock grün und blau ...«
    »Bleib ruhig«, sagte Henry. »Ich gebe niemand anderem als Hewitt die Schuld. Als wir von Ballantrae weggegangen und nach Hayes gekommen sind, da wusste er, dass Daddy verzweifelt genug war, um einen schlechten Vertrag zu unterschreiben.«
    »Und jetzt gibst du mir die Schuld, was?«
    »Nein, nein«, erwiderte Henry beschwichtigend. »Was vorbei ist, ist vorbei. Nun müssen wir nach vorn blicken. Das weiß Daddy besser als jeder andere. Wenn er morgen vor Mitternacht stirbt, dann haben wir eine Chance, alles wieder einzurenken.«
    »Eine schöne Chance!«
    »Besser als gar keine«, entgegnete Henry. »Daddy hat schon immer praktisch gedacht. Das Geschwür hat vielleicht sein Fleisch verzehrt, aber sein Geist ist so wach wie eh und je. Er weiß, wenn er morgen stirbt, dann gibt es Hoffnung für den Rest von uns, doch wenn er bis zum Samstag überlebt, dann gibt es keine.«
    »Hat er das zu dir gesagt, ja?«
    »Das hat er.«
    »Wann denn?«
    »Gestern Nacht, nachdem du zu Bett gegangen warst.«
    »Lügner!«
    »Dann frag ihn, frag ihn selbst!«
    »Das ... das kann ich nicht«, murmelte Tom.
    »Und ich weiß auch, warum.« Henry tippte seinem Bruder auf die Brust. »Du willst ihn nicht fragen, damit er dich nicht bittet, sich seinem Willen zu beugen.«
    »Mutter ...«
    »Mutter wird tun, was am besten für uns ist.«
    »Und Janet?«
    »Muss die Wahrheit nie erfahren.«
    »Hast du das die ganze Zeit geplant?«
    »Nicht ich«, antwortete Henry. »Er selbst hat es sich überlegt, während er um jeden verdammten Atemzug gerungen und gehört hat, wie wir uns wegen der Zukunft gezankt haben.«
    »Und du würdest es tun?«
    »Nein«, sagte Henry, »doch ich würde dafür sorgen, dass es getan wird.«
    »Von mir?«
    »Von uns beiden, Hand auf Hand.«
    »Mein Gott! Mein Gott!«
    »Auf diese Weise will Daddy gehen, Tom, mit seinen Söhnen an seiner Seite.«
    »Oh, Gott, großer Gott!«
    »Frag ihn!«, drängte Henry noch einmal. »Rede mit ihm! Er wird dich zur Vernunft bringen.«
    »Das ist keine Vernunft«, widersprach Tom. »Das ist Wahnsinn.«
    »Warum ist es Wahnsinn?«
    »Weil wir, verdammt noch mal, dafür baumeln könnten.«
    »Wenn es einen Beweis gäbe, aye, aber es wird keinen geben«, sagte Henry. »Den Tod eines sterbenden Mannes wird niemand in Zweifel ziehen.«
    »Oh, Gott, Henry, du hast doch hoffentlich nicht vor, es heute Nacht zu tun?«,

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