Wiedersehen in den Highlands - Roman
galoppiert kam. Er schwang sich aus dem Sattel und stürmte auf die beiden zu, beugte sich über den Sarg und starrte auf das Gesicht des Verstorbenen, dessen gleichgültige Miene den Grundbesitzer erst recht in Rage brachte.
»Was zum Teufel soll das?«, brüllte er. »Was macht ihr mit diesem Mann?«
»Wir bahren ihn vor der Beerdigung auf«, sagte Henry.
»Warum? Aber warum?«
»Weil er tot ist«, antwortete Tom.
Der Schreiner und der Leichenbestatter waren gekommen, um ihre Arbeit in Angriff zu nehmen, noch bevor die Tinte auf Dr. Glendinnings Totenschein ganz getrocknet war. Henry war nach Hayes gefahren, um sie zu holen, und auf dem Weg hatte er bei Souter Gordon’s ein kleines Fass Whisky, ein halbes Pfund Tabak und fünf neue Pfeifen bestellt. Und er hatte Mr. Turbot, den Gemeindepfarrer, verständigt, auch wenn Religion bei Toten- und Begräbnisfeiern, die als weltliche Angelegenheiten galten, streng genommen keine Rolle spielte.
Er hatte es jedoch nicht für notwendig erachtet, Neville Hewitt zu benachrichtigen.
Schlechte Neuigkeiten sprachen sich auf Landstraßen ebenso schnell herum wie in quirligen Städten, und um kurz vor elf am Freitagabend, als Neville und seine Mätresse vor dem Zubettgehen ein Glas Sherry schlürften, hatte der Gehilfe des Chirurgen vor der Tür gestanden, um die Nachricht zu überbringen, der Pächter von Hawkshill hätte seine sterbliche Hülle abgeworfen.
»Für mich sieht er nicht tot aus«, rief Neville Hewitt jetzt, während er mit einem Zeigefinger an der Nase des Leichnams zupfte. »Ich rieche hier Betrug.«
Tom stellte sein Ende des Sarges ab und zerrte Hewitt zurück, bevor er sich noch weiter an dem Toten zu schaffen machen konnte. »Was Sie riechen«, sagte er etwas zu gelassen, »ist Essig. Mein Vater wurde teilweise einbalsamiert.«
»Einbalsamiert wofür?«, fragte Neville. »Die Nachwelt?«
»Morgen ist Sonntag«, erklärte Henry. »Mein Vater kann nicht vor Montag bestattet werden, nicht wenn wir ihn stilvoll verabschieden wollen.«
»Stilvoll? Stilvoll, ach ja?«, tobte Hewitt. »Wie wollt ihr ihn denn stilvoll verabschieden, wenn ihr nicht einmal zwei Halfpennys zusammenkratzen könnt? Wo ist mein Geld?«
Henry deutete auf den Leichnam. »Dort ist Ihr Geld, Mr. Hewitt, zur Beerdigung aufgebahrt mit dem besten Mann, der je eine Furche gepflügt hat. Er wird seine Schulden mit in den Himmel nehmen, und dann soll Gott der Herr darüber entscheiden, wer wem etwas schuldet.«
»Wie praktisch!«, schnaubte Neville Hewitt. »Wie überaus praktisch von ihm, den Geist nur Stunden, bevor die Schulden fällig sind, aufzugeben! Seid ihr sicher, dass ihr ihm dabei nicht geholfen habt?«
»Mein Vater ist gestern Nachmittag friedlich eingeschlafen«, sagte Henry gleichmütig. »Wenn Sie an meinen Worten zweifeln, werde ich Ihnen Glendinnings Totenschein zeigen.«
»War Glendinning hier, als er gestorben ist?«
»Leider nein«, erwiderte Henry. »Der Doktor traf eine halbe Stunde zu spät ein.«
»Das heißt, Glendinning steckt mit euch unter einer Decke?«, sagte Hewitt. »Der Amtsrichter wird von dieser Verschwörung erfahren, seid gewiss!«
»Der Amtsrichter wurde bereits unterrichtet«, entgegnete Tom. »Mr. Frye hängt in diesem Augenblick in unserem Auftrag die Todesanzeige aus. Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, uns vor Gericht zu bringen, Mr. Hewitt, dann muss ich Sie warnen, dass das Gesetz eindeutig auf unserer Seite ist. Henry und ich sind jetzt Pächter mit einer Zwölf-Jahres-Pacht, die Ausstiegsklausel ist mit dem Tode erloschen. Wir haben ein halbes Jahr Zeit, um die Pacht für ein halbes Jahr aufzubringen. Vor dem ersten Mai können Sie uns nicht vor die Tür setzen, und auch dann nur, wenn wir nicht bezahlen, was fällig ist.«
»Bei Gott, Brodie, ich bereue den Tag, an dem ich Mitleid mit diesem hinterlistigen Farmer aus Ballantrae hatte«, sagte Neville Hewitt. »Aber ich kann warten. Ich kann bis zum Mai warten. Ihr werdet saftige Rechnungen zu begleichen haben für diese großartige Totenwache, die ihr plant, und ohne Getreide oder Vieh, das ihr verkaufen könnt, werdet ihr tiefer als je zuvor verschuldet sein. Dann wird euch das Gesetz nicht mehr schützen, und ihr werdet niemanden mehr haben, den ihr ermorden könnt.«
»Hüten Sie Ihre Zunge, Mr. Hewitt!«, sagte Henry leise. »Wenn Sie verleumderische Gerüchte über die Art des Hinscheidens meines Vaters verbreiten, wird Ihnen ohnehin niemand glauben, aber dafür haben Sie eine
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