Wiedersehen in Virgin River
Preacher, dachte er zum hundertsten Mal. Ich wette, er hat überhaupt keine Ahnung, was er hier hat. „Das ist doch nicht nichts“, sagte er und wischte ihr eine Träne von der Wange.
„Ich kann nicht darüber reden“, sagte sie.
„Natürlich kannst du das. Wie es aussieht, solltest du das auch besser tun. Du bist ja völlig aufgelöst.“
„Ich werde schon damit fertig.“
„Hat Preacher dich irgendwie verletzt?“
Sofort fing sie wieder an zu weinen, beugte sich vor und ließ ihren Kopf an seine Brust fallen. Er legte einen Arm um sie und sagte: „Hey, hey, hey. Ist ja alles in Ordnung.“
„Nichts ist in Ordnung“, heulte sie. „Ich weiß nicht, was ich falsch mache.“
„Vielleicht kann ich dir helfen, wenn du mir sagst, was los ist. Du wirst beeindruckt sein von meiner kostenfreien Beratung.“
„Es ist nur, dass … ich ihn so gern habe. Aber er findet mich einfach nicht …“
Mike hob ihr das Kinn. „Was, Paige?“
„Er findet mich nicht attraktiv.“
„Blödsinn.“
„Begehrenswert.“
„Paige, das ist Unsinn. So wie er dich ansieht. Er verschlingt dich doch mit seinen Blicken. Er ist völlig verrückt nach dir.“
„Er will mich einfach nicht berühren“, sagte sie, und eine dicke Träne löste sich aus ihren Augen.
Das hätte Mike fast umgeworfen. „Unmöglich.“
Sie nickte mitleiderregend.
„Oh Mann“, sagte Mike. Wie jeder andere hatte er geglaubt, dass die beiden es nächtelang trieben. Die Art, wie sie sich gegenseitig ansahen, als könnten sie es gar nicht erwarten, dass alle gingen und sie wieder allein wären, um damit fortfahren zu können. Diese süßen kleinen Küsse auf Stirn und Wangen. Wie sie sich berührten – vorsichtig, denn niemand sollte die Funken fliegen sehen, aber die Funken flogen in der ganzen Bar herum! Die erotische Spannung war elektrisierend. „Oh Mann“, wiederholte er. Er drückte sie ein wenig. „Paige, er will dich. Er will dich so sehr, das zeigt sich an allem.“
„Und warum dann?“
„Ich weiß es nicht, Liebes. Preacher ist seltsam. Mit Frauen konnte er noch nie so gut umgehen, verstehst du? Während unserer Dienstzeit hatten wir es alle geschafft, irgendwo eine Frau zu finden. Auf diese Art habe ich zwei Ehen zerstört. Nicht so Preacher. Bei ihm kam es selten vor, dass …“ Er unterbrach sich und versuchte, sich zu erinnern. Hatte es da überhaupt Frauen gegeben? Er war sich nicht sicher. Allerdings wusste er, dass Preacher niemals fest mit einem Mädchen zusammen war. Er glaubte zwar, sich an die eine oder andere Frau zu erinnern, aber schließlich war es ja auch nicht so, dass er auf Preachers Liebesleben fokussiert gewesen wäre. Dafür war er viel zu sehr mit seinem eigenen beschäftigt. Vielleicht mangelte es ihm an sexueller Selbstsicherheit, überlegte Mike. Es musste ihm schwerfallen, eine Frau sexuell anzumachen, die er unbedingt für sich gewinnen wollte.
„Ich wette, er hat Angst“, hörte Mike sich selbst sagen.
„Wie sollte das möglich sein? Ich habe mich ihm praktisch an den Hals geworfen! Er weiß, dass er nicht auf Ablehnung stoßen wird!“ Sie senkte die Augen und sprach flüsternd weiter. „Er muss doch wissen, wie sehr ich …“
„Oh Junge“, sagte Mike. „Ich wette, es ist gar nicht mal die Angst davor, abgelehnt zu werden. Ach, Paige, Preacher ist so scheu, manchmal ist es schon regelrecht lächerlich. Aber ich verspreche dir, Paige, ich kenne den Mann jetzt schon eine lange Zeit …“
„Er hat mir gesagt, dass er dir sein Leben anvertrauen würde. Dass er …“
„Ja, es stimmt, wir haben ein solches Verhältnis. Aber Männer sind seltsam. Sie können sich gegenseitig ihr Leben anvertrauen und trotzdem nie über etwas Persönliches miteinander reden, verstehst du? Manchmal scheint mir Preacher ein wenig naiv zu sein, was die Dinge des Lebens angeht.“ Dann erinnerte er sich an ihr Gespräch über Depression et cetera, das noch gar nicht so lange zurücklag, und er fügte hinzu: „Und manchmal lässt er den Grand Canyon flach aussehen.“ Er schüttelte den Kopf. „Preacher kann einem Rätsel aufgeben. In ihm steckt mehr als … Du hast ihn wirklich gern?“
„Ja.“
„Dann habe nur Geduld. Er wird schon die Kurve kriegen. Paige, es ist offensichtlich. Auch er mag dich sehr. Dich und Christopher. Ich habe ihn noch nie mit irgendjemand anders so erlebt.“
„Vielleicht will er sich ja auch nur vergewissern, dass ich nicht bloß …“
Mike schüttelte den Kopf. „Er
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