Wiedersehen in Virgin River
Handschuhe über, um bei Liz nachsehen zu können. „Ich werde ihr etwas geben, um dem Schmerz die Spitze zu nehmen, ohne dass sie langsamer wird oder wegtritt. Aber wir müssen das hier in Gang halten“, erklärte sie den beiden. „Lass mich einmal nachsehen, Liebes. Stell die Knie auf. Gutes Mädchen. So ist’s gut. Gut … wir nähern uns. Es wird nicht mehr sehr viel länger dauern.“
„Warum?“, fragte Liz schluchzend. „Warum? Was ist geschehen?“
„Niemand weiß es, Baby“, sagte Rick. „Ein Irrtum der Natur … Niemand weiß es.“
„Oh Gott, Rick!“
„Ich bin hier, Baby. Ich verlasse dich nicht. Ich liebe dich, Liz. Ich liebe dich so sehr. Wir werden das überstehen.“
„Kann denn niemand etwas tun?“, kreischte sie.
„Wenn sie es könnten, würden sie es tun. Ich bin bei dir, Baby. Ich lass dich nicht allein.“
Während sie zusammen weinten, sich durch eine quälende Wehe nach der anderen hindurch aneinander festhielten, konnte Mel gar nicht anders, als so etwas wie einen tragischen Stolz auf diese beiden Kinder zu empfinden, die sich gegenseitig durch ein Erlebnis hindurchhalfen, das gewiss das Schrecklichste war, was jemand überhaupt ertragen konnte, gleich welchen Alters.
„Ich werde dich gleich bitten zu pressen, Liz.“ Mel ging zur Tür, öffnete sie kurz, um Doc, der dort wartete, zu sagen: „Es ist gleich so weit. Sie steht kurz vor zehn Zentimetern.
Zurück im Zimmer, leitete sie Liz und Rick beim Pressen an, ein mühsamer Prozess. Liz verhielt sich heldenhaft, und zwischen den starken Wehen schluchzte sie hemmungslos. Dann kam John Stone in den Raum. „Ich dachte, du könntest etwas Hilfe brauchen“, sagte er. „Ich bin hier, wenn nötig.“
Tonlos formten Mels Lippen ein Danke, dann wandte sie sich wieder dem Geburtsfeld zu. John zog sich Handschuhe über und legte Klammern und Schere bereit.
Liz presste mehrmals und klammerte sich zwischen den Kontraktionen an Rick. Ein paarmal begegnete Mel seinem Blick und sah, dass er sich erstaunlich gut im Griff hatte. Kurz kam ihr in den Sinn, wie sehr der Junge Jack ähnlich war. Seine Augen waren klar, aber er hatte feuchte Wangen und biss die Zähne zusammen. Wenn er sich aber bückte und seine Lippen auf ihre Stirn legte, wurden seine Züge weicher und er murmelte ihr süße Worte zu, sagte Liz, dass er da war, dass er sie liebte.
Mel sah, wie sich die Labia teilten und die Schädeldecke des Babys sichtbar wurde. Es würde schnell herauskommen, denn es war nicht völlig ausgereift und kleiner als der Durchschnitt.
Der Kopf des Babys tauchte dann ganz auf, und der Entwicklungsabbruch war sogleich an der leicht bläulichen Verfärbung zu erkennen. Aber seine Haut war intakt. Dieses Baby war vielleicht vor einem Tag gestorben. „Einmal noch, Liz, dann ist es vorbei.“ Mel zog eine Schulter heraus.
Den schlaffen, leblosen Körper des kleinen Jungen ließ Mel auf dem Bett zwischen ihren Beinen liegen und überließ es John, zu klammern und zu schneiden. Dann wickelte sie das Baby in seine Decke, liebevoll und behutsam, als wäre es am Leben, und ließ das Gesicht herausschauen. Seine Augen waren geschlossen, Arme und Beine schlapp.
„Gib ihn uns“, forderte Liz. „Gib ihn mir!“
Mel legte Liz das Baby in die Arme. Gemeinsam hielten Rick und Liz ihn fest, steckten die Köpfe zusammen und trauerten um ihn. Rick weinte leise mit zuckenden Schultern, Liz schluchzte herzzerreißend. Dann sah Mel zu, wie sie ihn langsam auswickelten, ihn berührten und Zentimeter für Zentimeter erkundeten, ganz so, als hätte sie ihnen ein lebendes Baby präsentiert. Die Tränen trübten ihr den Blick, und sie spürte sie auf ihren Wangen. In ihrem Bauch fühlte sie die Tritte ihres eigenen Kindes.
Ein paar Minuten lang massierte sie Liz die Gebärmutter, dann kam die Plazenta heraus. Während sie nachschaute, ob sie vollständig war, dachte sie daran, dass dort das Baby gelebt hatte und gestorben war. Es war so sinnlos. Und als sie zu Liz und Rick schaute, stellte sie fest, dass sie trotz der Tränen, die ihnen über die Wangen liefen, noch immer das nackte Baby erforschten, es sanft und liebevoll streichelten und seine winzigen Finger in den Händen hielten. Überwältigt senkte Mel den Blick.
Dann fühlte sie Johns Hand auf ihrer Schulter. Er flüsterte ihr ins Ohr: „Soll ich das nicht für dich zu Ende bringen?“
Sie nickte und zog sich zurück. Normalerweise hätte sie darauf bestanden, bis zur Reinigung alles selbst zu
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