Wiedersehen in Virgin River
Aber wir werden nicht zu früh damit aufhören, hm? Sag ihr das. Wir hören nicht zu früh auf.“
„Ja“, stimmte Preacher ihm zu. „Du hast recht.“
Es fiel Mel nicht leicht, sich daran zu gewöhnen, Jack mit einer Waffe hinter dem Tresen stehen zu sehen. Mit der Tatsache, dass jeder in Virgin River eine Waffe besaß, hatte sie sich arrangiert. Es war notwendig. Es ging um den Viehbestand, es ging um Probleme mit wilden Tieren. Diese Gewehre, die man in den Halterungen der Pick-ups sah, waren geladen. Die Kinder wurden schon früh im sicheren Umgang mit Waffen unterwiesen. Aber dort, wo sie herkam, in L. A., waren Menschen, die Waffen trugen, entweder Gesetzeshüter oder gefährlich.
Verständlicherweise war Paige sehr aufgeregt, als sie hörte, dass ihr Ex aus dem Gefängnis entlassen worden war, aber schon eine Woche später schien sie etwas entspannter, zumal Mike aus L. A. angerufen hatte, um mitzuteilen, dass Wes seinen Bewährungsauflagen nachkam und sich um einen Platz in einer gemeinnützigen Einrichtung kümmerte. Das ließ sie hoffen, all diese Vorsichtsmaßnahmen könnten einfach nur eine Übung sein.
Währenddessen begann Mels Baby, nach unten zu drücken, und sie hatte Rückenschmerzen. Sie war eine kleine Frau für ein solches Gewicht, und der Druck konnte sehr heftig sein. Ein paar Tage lang kamen die Rückenschmerzen und gingen auch wieder. Manchmal, wenn sie sich eine Pause gönnte und ein wenig hinlegte, verschwanden sie ganz. Sie wusste, dass sie kurz vor der Geburt stand.
„Allmählich sehen Sie mir ganz danach aus, als sollten sie aufhören zu arbeiten“, meinte Doc.
„Allmählich sehe ich ganz danach aus, als würde ich ein komplettes Footballteam zur Welt bringen“, erwiderte sie. „Was soll ich denn mit mir anfangen, wenn ich nicht zur Arbeit komme? Etwa den ganzen Tag im Waldhaus sitzen und mir seichte Fernsehsendungen ansehen?“
„Ruhen Sie sich aus“, riet er ihr. „Sie werden sich noch wünschen, Sie hätten es getan.“
„Ehrlich gesagt, es gibt nur eins, das ich mir im Augenblick wünsche. Mir läuft schon das Wasser im Mund zusammen, wenn ich nur an diese Epiduralspritze denke …“
„Wie wär’s denn mit einer kleinen Partie Gin Romme? Wenn Sie mich dann eingeseift haben, können Sie anschließend nach Hause fahren und ein Nickerchen machen.“
„Klingt gut, finde ich.“ Sie holte die Karten heraus, aber bevor sie sie noch verteilen konnte, kam ein Patient zur Tür herein. Doc stand auf, um nachzusehen, Mel ging ihm nach.
Carrie Bristol stützte ihre dreizehnjährige Tochter Jodie mit einer Hand unter dem Ellbogen, während Jodie sich den Bauch festhielt. „Ganz schlimmes Bauchweh“, erklärte Carrie.
„Dann lass uns doch mal nachschauen“, lud Doc sie ein, ging über den Flur voraus und trat dann beiseite, um sie ins Untersuchungszimmer eintreten zu lassen. Ein paar Minuten später rief er nach Mel. „Sieht mir ganz nach einem positiven Appix aus“, sagte er, womit er eine Blinddarmentzündung meinte.
„Ups“, sagte Mel, trat ein und sah Jodie in die verdrehten Augen. „Schlimm, was?“
„Fieber, Übelkeit, Schmerzen“, erklärte Doc.
„Haben Sie ihr mal auf die Fußsohlen geklopft?“, fragte Mel. Wenn der Blinddarm nämlich darauf reagierte, war das ein Zeichen.
„Natürlich. Legen Sie mir doch bitte schon mal eine Infusion an, okay? Ich glaube, wir werden sie ins Krankenhaus bringen.“
„Muss sie operiert werden?“, fragte Carrie. „Wie können Sie da so sicher sein?“
„Wissen Sie was, oft sind wir das nicht einmal“, erklärte ihr Mel. „Tatsächlich entfernen die Chirurgen öfter mal einen gesunden Blinddarm, und zwar ganz einfach deshalb, weil es sicherer ist, sich zu irren, was die Notwendigkeit einer Operation angeht, als es zu einem Durchbruch kommen zu lassen. Wenn im Krankenhaus noch Zeit dazu ist und die Blinddarmschmerzen nicht allzu groß sind, werden immer noch ein paar Bluttests durchgeführt, um die Anzahl der weißen Blutkörperchen zu bestimmen. Wenn es zu viele sind, ist das ein Zeichen dafür, dass er raus muss. Aber die Symptome bei Jodie sind sehr deutlich. Es wird das Beste sein, wir beeilen uns und fahren einfach. Dann soll der Chirurg entscheiden.“
Mel holte den Infusionsständer und legte ihr eine Kanüle an. Es dauerte nicht lange, und Jodie konnte auf die Krankentrage gelegt werden.
„Soll ich mitkommen?“
„Lieber Himmel, nein!“, sagte Doc. „Carrie kann hinten bei ihr sitzen. Eine
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