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Wiedersehen in Virgin River

Wiedersehen in Virgin River

Titel: Wiedersehen in Virgin River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robyn Carr
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sie selbst außer Sichtweite der Bar oder der Straße zur Seite gezerrt. Die Mülltüte fiel zu Boden, und sie spürte etwas Hartes und Kaltes unter ihrem Kinn.
    „Das hast du mir leicht gemacht“, hörte sie Wes Lassiter mit gefährlich leiser Stimme sagen. „Ich dachte, ich müsste reinkommen und dich suchen. Wir haben zwei Möglichkeiten. Du kannst jetzt gleich mit mir kommen, immer hübsch ruhig, oder wir können durch diese Tür wieder hineingehen, ein wenig herumschießen und meinen Sohn holen.“
    „Wes“, wisperte sie. „Lieber Himmel. Nein.“
    „Das hast du mir angetan, Paige. Du hast es immer schon geschafft, einen Weg zu finden, mich zu provozieren, mich wahnsinnig zu machen. Du hast mich verdammt noch mal ins Gefängnis gebracht!“
    „Bitte“, flehte sie leise. „Alles …“
    „Vorwärts, Paige. Nimm dich in Acht. Im Augenblick bist du es allein. Oder besser, wir drei, ohne dass er mit betroffen ist.“
    Sie blinzelte, und die Tränen fielen ihr aus den Augen und liefen ihr die Wangen hinunter. Anstatt aber darum zu beten, dass John sie hören und kommen würde, betete sie darum, dass er es nicht tat. Wenn es nur um sie ging, dann war mit Christopher alles in Ordnung. John würde niemals zulassen, dass ihm etwas geschah, und er würde ihn gut erziehen. Also ließ sie sich zu einem alten Truck führen, der hinter der Mülltonne stand. Wes stieß sie durch die Fahrertür hinein und rutschte neben sie.
    „Wes“, sagte sie mit zitternder Stimme, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. „Damit machst du doch alles nur noch viel schlimmer. Nicht nur für mich, sondern für dich.“
    Er drehte sich zu ihr um und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, dennoch konnte sie erkennen, dass seine Pupillen stecknadelkopfgroß waren. Er war high, und sein Lachen klang grausam. „Das glaube ich nicht, Paige“, sagte er. „Ich werde endlich aus dieser ganzen Scheiße rauskommen.“ Er warf den Motor an, drehte hinter der Mülltonne eine Kehrtwende und fuhr dann anstatt an der Bar vorbei in die entgegengesetzte Richtung davon. Paige strengte sich an, sah aber nicht eine einzige Person auf der Straße, niemanden, der auf seiner Veranda saß. Und soweit sie feststellen konnte, wurde sie auch von niemandem gesehen.
    Sie wusste es besser, als zu versuchen, ihm mit vernünftigen Argumenten beizukommen. Dies übertraf alle Albträume ihres Lebens. Ihr war klar, dass John nicht allzu viel Zeit verstreichen lassen würde, bis er aus der Küchentür schauen und den verlassenen Müllbeutel dort entdecken würde. Sie fasste einen Entschluss. Sie wollte sich aus dem Truck werfen, und wenn sie das überlebte, würde sie losrennen. Aber nicht, bevor sie ein wenig weiter aus dem Ort heraus wären. Nicht, bevor John Zeit hatte, festzustellen, dass etwas fürchterlich nicht in Ordnung war, und sich und Christopher in Sicherheit bringen konnte.
    Wes sagte kein Wort. Das Gewehr hatte er sich über den Schoß gelegt, saß vorgebeugt in dem Truck und hielt das Lenkrad fest. Das verkniffene Kinn und die schmalen Augen, an die sie sich nur allzu gut erinnern konnte, waren auf die Straße gerichtet, während sie dahinrollten. Der Truck besaß schlechte Stoßdämpfer, der Sitz war hart und ließ sie auf und ab hüpfen. Sie fuhren den Berg hinunter in Richtung Highway 101, der sie zu allen Städten führen könnte, wo sie ihre Vorräte einkauften – Garberville, Fortuna oder Eureka. Und wenn er weiterfuhr, sogar noch weiter südlich bis runter nach L. A. Sie begegneten nur wenigen Fahrzeugen, von denen sie keines erkannte.
    Nachdem sie zehn Minuten lang schweigend gefahren waren, verließ er die Straße bei Alderpoint und fuhr den Berg wieder hinauf in Richtung Virgin River. Diese Straße konnte sie allerdings nicht nach Virgin River hinein führen, vielmehr umging sie den Ort. Wenigstens wusste sie ungefähr, wo sie sich befanden. In einer plötzlichen verzweifelten Bewegung packte sie den Griff an der Tür und versuchte, sie wütend zu öffnen. Sie suchte nach einem Sperrknopf, während sie gleichzeitig gegen die Tür drückte, aber sie gab nicht nach. Immer wieder drückte sie auf den kleinen Knopf oben auf der Tür unter dem Fenster – auf und ab, auf und ab, zerrte an dem Griff, stieß dagegen. Nichts.
    Dann wurde sie hart am Oberarm gepackt und wandte ihre tränennassen Augen in voller Panik zu Wes. Finsteren Blickes starrte er sie an, und dann verzog sich seine düstere Miene zu einem gemeinen Grinsen.

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