Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen
Kardinal, wo er sich befand. Wer hat ihm das verraten?«
Ein unangenehmes Gefühl erfasste die junge Baronin, und sie machte sich zum Anwalt einer schlechten Sache: »Auch Guibot wusste Bescheid. Und Naïs, die wir eigentlich überhaupt nicht kennen …«
»Glaubst du das wirklich?«
»Verdächtigst du etwa mich?«
»Nein.«
»Wen dann? Saint-Lucq? Marciac? Almadès? Ballardieu? Und warum nicht gleich dich selbst, Leprat?«
Er sah sie ohne Wut, aber fast bekümmert an. »Du wirst schon sehen …«
3
In einem der Beichtstühle von Saint-Eustache wartete der Graf von Rochefort. Zur verabredeten Stunde nahm auf der anderen Seite der geschnitzten Fenstersprossen jemand Platz.
»Ihre Eminenz wirft Euch vor, dass Ihr sie nicht über La Fargues Pläne in Kenntnis gesetzt habt«, begann Rochefort.
»Welche Pläne?«
»Die Pläne, Malefiz aus dem Châtelet zu befreien.«
»Ich kannte sie nicht.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Es fällt schwer, das zu glauben … Wo befindet sich Malefiz jetzt?«
»La Fargue hat ihm die Freiheit geschenkt, im Austausch für die Informationen, die es uns ermöglichten, Agnès zu retten und darüber hinaus der Schwarzen Kralle zu schaden. Wenn er auch nur für einen Sou Verstand hat, wird er das Königreich bereits verlassen haben.«
»Das ist bedauerlich.«
»Ich hatte angenommen, eine Niederlage der Schwarzen Kralle wäre in Eurem Sinne …«
»Versucht bloß nicht, mich für dumm zu verkaufen. Dafür bezahlen wir Euch nicht … Wusstet Ihr auch, dass die sogenannte Cécile in Wahrheit La Fargues Tochter ist?«
Betretenes Schweigen war die Antwort.
»Nein«, sagte der andere schließlich.
»Ihre Eminenz möchte wissen, wo sie sich befindet.«
»In Sicherheit.«
»Danach habe ich Euch nicht gefragt.«
»Cécile, oder wie sie auch heißen mag, ist nur ein Opfer
in dieser ganzen Affäre. Sie verdient es, in Ruhe gelassen zu werden.«
»Gewiss. Aber Ihr habt meine Frage nicht beantwortet.«
»Ich werde sie auch nicht beantworten.«
Am Tonfall seines Gesprächspartners erkannte Rochefort, dass es keinen Sinn hätte zu insistieren. »Wie Ihr meint«, lenkte der Mann des Kardinals ein. »Aber ich muss schon sagen, Marciac, Euren Lohn verdient Ihr mehr schlecht als recht.«
4
Im Hof des prächtigen Palais de Tournon stand eine Eskorte aus Edelmännern zu Pferde bereit und wartete auf die Abfahrt einer prunkvollen Karosse. Nur der Graf von Pontevedra, der sich wieder auf den Weg zurück nach Spanien machen wollte, fehlte noch.
Die geheimen Verhandlungen mit Frankreich hatten eine unerwartete Wendung genommen. Da sie dadurch zu früh unterbrochen wurden, waren sie ergebnislos geblieben. Nun blieb dem Botschafter nichts anderes übrig, als nach Madrid zurückzukehren und den König und Minister Olivares da rüber in Kenntnis zu setzen.
Pontevedra hatte sich gerade zum Aufbruch bereit gemacht, als ihm noch ein letzter Besucher angekündigt wurde. Er konnte eine gewisse Überraschung nicht verbergen, als ihm der Name genannt wurde. Nach einigem Zögern gab er an, ihn unter vier Augen im Salon empfangen zu wollen.
Als er den Raum betrat, war La Fargue dort bereits anwesend.
Die beiden Männer sahen sich lange an. Sie waren etwa im gleichen Alter, aber einer von ihnen war ein Hofadliger geworden, der die Intrige kannte, und der andere ein kriegserfahrener Ehrenmann. Doch es war nicht der Graf von Ponte vedra, Sondergesandter Spaniens und Günstling von König Philipp IV., den der alte Kapitän nun unverwandt ansah. Es war Louveciennes, sein früherer Waffen- und Blutsbruder, der einzige wahre Freund, den er jemals gehabt und der ihn verraten hatte.
»Was willst du?«
»Ich bin hier, um dir zu sagen, dass Anne, meine Tochter, wohlauf und in Sicherheit ist. Ich dachte, du hättest verdient, das zu erfahren.«
Pontevedra verzog das Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. »›Deine Tochter‹?«
»Sie ist meine Tochter, und du weißt das. Du hast es immer schon gewusst. So wie ich. So wie Oriane. Inzwischen weiß sogar Anne Bescheid. Und sie weiß auch, wer du wirklich bist.«
Ein hasserfüllter Ausdruck entstellte das Gesicht des Botschafters. »Was hast du ihr erzählt?«, zischte er.
»Nichts. Ich zähle nicht zu dieser Sorte Mann.«
»Woher weiß sie es dann?«
»Ein Brief ihrer Mutter. Ihrer Mutter, die du nie so geliebt hast, wie sie es verdient hätte …«
»Ein Vorwurf, den du dir nicht machen kannst«, erwiderte der andere mit bitterer Wut.
»Ich habe mir wegen
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