Wikinger meiner Traeume - Roman
Herz ist verwundet.«
»Ja, das hatte ich befürchtet. Sie ist sehr schön.«
»Nicht nur ihre Schönheit hat ihn bezaubert. Er dachte, sie wäre ungewöhnlich mutig und charakterstark. Und jetzt hat er eine Braut am Hals, die sich in ihrer Selbstsucht kein bisschen um den Frieden kümmert.«
»Da irrst du dich – der Frieden bedeutet ihr sehr viel. Sie meint nur, das Bündnis würde nicht dazu führen.«
»Was denn sonst? Ein neuer Krieg?« In Hawks Stimme schwang der Abscheu eines Mannes mit, der zu viele Jugendjahre auf Schlachtfeldern verbracht hatte.
»Das ist kein guter Beginn für eine Ehe«, seufzte Krysta.
»Trotzdem muss sie geschlossen werden.«
Aus der Wiege, die neben dem Bett stand, drangen leise, glucksende Laute. Falcons Eltern setzten sich auf, hielten den Atem an und fürchteten, nun wäre es um die Nachtruhe geschehen. Wenig später schlief das Baby wieder tief und fest. Erleichtert sanken sie in die Kissen zurück. Hinter Krystas Stirn kreisten immer noch Gedanken.
»Ein verwundeter Drache«, wisperte sie, an ihren Mann geschmiegt.
»Sieht so aus«, murmelte er im Halbschlaf.
Gefährlich, flüsterte eine warnende innere Stimme. Aber inzwischen fühlte sie sich zu erschöpft, um darauf zu hören. Außerdem war das nicht ihre Sorge.
Umso schwerer lastete das Problem auf Ryccas Seele. Während sie in dem breiten, luxuriösen Gästebett lag, zählte sie die langen nächtlichen Stunden und fragte sich, was der Morgen bringen würde. So gut gemeint Lady Krystas Versprechen auch war – Rycca bezweifelte, dass ihr ein schöner Tag bevorstand.
7
Endlich wurde sie vom Schlummer überwältigt – und am nächsten Morgen genauso freundlich betreut wie am Vortag. Als sie die Augen öffnete, blinzelte sie in hellen Sonnenschein, dann erblickte sie geschäftige Dienerinnen und eine entschlossen lächelnde Krysta. Der Tag sah aus wie blank geschrubbt, und Rycca fühlte sich so ähnlich, nachdem sie aus ihrem zweiten Bad gestiegen war.
Mit einem Hemd bekleidet, das Krysta ihr gebracht hatte, setzte sie sich an den Tisch vor der Fensterfront. Von hier aus sah sie die Dächer der zahlreichen Nebengebäude, die hohen steinernen Mauern, die Stadt mit dem Hafen, wo reges Leben und Treiben herrschte. Sicher war nur Winchester größer, die königliche Residenz, die Rycca einmal besucht hatte.
Die Aussicht auf Hawkforte milderte sogar ihre düsteren, ungeordneten Gedanken. Entlang der Straßen reihten sich Läden aneinander, manche zweistöckig, weil die Besitzer in den Obergeschossen wohnten. Große Gärten lagen hinter den Häusern. Da und dort grasten Ziegen, Schweine wälzten sich im Schlamm. Plötzlich leuchtete sonniges Weiß auf und lenkte Ryccas Blick auf eine kleine Schafherde, die zum Markt getrieben wurde.
Am Kai schaukelte ein halbes Dutzend Schiffe auf sanften Wellen, und Rycca fragte sich, auf welchem sie wohl zur Normandie gefahren wäre, hätte das Schicksal ihr diese Gunst gewährt. Vielleicht auf keinem – denn ihr Plan war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Trotzdem versank sie noch für eine kleine Weile in ihrem Traum, da es ihr widerstrebte, die Hoffnung auf Freiheit für immer aufzugeben.
Krysta holte sie in die Wirklichkeit zurück, mit sanfter Stimme, als spürte sie das Bedauern, das dunkle Schatten unter
Ryccas Augen hinterlassen hatte. »Heute Morgen ist Euer Vater eingetroffen.« Was die Herrin der Festung Hawkforte davon hielt, deuteten die leicht verkniffenen Lippen an. »Er sprach mit meinem Gemahl. Worum es bei dieser Unterredung ging, weiß ich nicht. Jedenfalls wirkte Wolscroft danach etwas ruhiger.«
»Ruhiger?« Rycca hob die fein gezeichneten Brauen und wandte ihren Blick von dem Frühstückstablett ab, das vor ihr auf dem Tisch stand. In diesem Augenblick würde sie keinen Bissen hinunterbringen. Nachdem sie die Neuigkeit vernommen hatte, erschien ihr die Last, die ohnehin schon auf ihrer Seele lag, noch schwerer. Viel zu schnell stürmten Ereignisse auf sie ein, die sie nicht beeinflussen, geschweige denn kontrollieren konnte. Sie fühlte sich wie in einem Käfig, dessen Gitterstäbe näher und näher rückten. »Dieses Wort hörte ich noch nie, wenn mein Vater beschrieben wurde.«
»Nun, Hawk übt eine erstaunlich beschwichtigende Wirkung auf seine Mitmenschen aus, wenn er sich darum bemüht.« Wie Krystas Lächeln erkennen ließ, war der Ausdruck »beschwichtigend« vermutlich die falsche Formulierung für das Verhalten ihres
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