Wikinger meiner Traeume - Roman
einmal.«
Zu ihrer Verblüffung zeigte sich Lady Krysta weder entrüstet
noch erschrocken. Stattdessen nickte sie und lächelte sogar, als würde sie eigene Erinnerungen wecken. »Ach ja, die Sehnsucht nach einem vollkommenen Glück in dieser unvollkommenen Welt, selbst wenn man die Vernunft missachtet, um es zu erringen...«
Während Rycca dieses unerwartete Verständnis zu begreifen versuchte, klopfte es an der Tür, und sie erstarrte. Nun würde man sie wegbringen, anklagen, bestrafen.
Aber die Lady rief: »Herein«, und einige Dienstboten schleppten gefüllte Wassereimer ins Zimmer. Andere folgten ihnen mit Kleidern, Speisen und Getränken. Wenige Minuten später hatten sie eine Wanne gefüllt und verschwanden.
»Über das alles reden wir später«, entschied Krysta. »Nehmt jetzt Euer Bad. Danach wird es Euch besser gehen.«
Verwirrt ließ sich Rycca von der zerfetzten, schmutzigen Männerkleidung befreien, die nach dem langen Marsch durch den Fluss ziemlich übel roch, und in die Wanne helfen. Das warme Badewasser duftete – nach Rosen? Ja, unverkennbar. Nie zuvor hatte sie so verschwenderischen, herrlich femininen Luxus genossen. »Himmlisch«, flüsterte sie.
»Ja, nicht wahr?«, stimmte Krysta zu, inspizierte die unansehnlichen Kleider und warf sie in eine Ecke. »Nun will ich Euer Haar reinigen.«
Ohne die Verletzungen an der Stirn und der Wange des Mädchens zu berühren, seifte Krysta die langen kupferroten Strähnen ein und spülte den Schaum heraus. Rycca saß einfach nur in der Wanne und bemühte sich, die Situation zu verstehen. Was sie vorhin erzählt hatte, schien die Herrin von Hawkforte nicht im Mindesten zu stören. Als würden jeden Tag entlaufene, zerlumpte Bräute in dieser Festung auftauchen und unmoralische Geständnisse ablegen...
Als das Badewasser abgekühlt war, stieg sie mit Krystas Hilfe aus der Wanne, wurde in ein großes Badetuch gehüllt und auf einen Stuhl am Tisch gesetzt. Behutsam rieb die
Gastgeberin das frisch gewaschene Haar trocken und entwirrte es mit einer Bürste.
Dann reichte sie Rycca ein Nachthemd. »Zieht das an.«
Zu müde und konfus, um zu widersprechen, gehorchte Rycca. Im breiten Bett, warm zugedeckt und von weichen Daunenkissen gestützt, beobachtete sie, wie einige Mägde erschienen und das Zimmer in Ordnung brachten. Keine warf auch nur einen kurzen Blick zu ihr herüber.
Nachdem sie sich entfernt hatten, trug Krysta ein Tablett zum Bett. »Nun müsst Ihr endlich etwas essen. Die Suppe schmeckt köstlich. Auch eins von Lady Cymbras Rezepten. Sie war so freundlich, mir ein Kochbuch zu schicken. Offen gestanden, für solche Dinge bin ich nicht sonderlich begabt.«
Fügsam schob Rycca einen vollen Löffel in den Mund. Die Suppe schmeckte tatsächlich ausgezeichnet. Von plötzlichem Heißhunger erfasst, lehrte Rycca die Schüssel so schnell, wie es der Anstand erlaubte. Danach sank sie in die Kissen zurück. Vor den Fenstern brach die Nacht herein.
Krysta ergriff einen Feuerstein und eine Zunderbüchse und entfachte Flammen in zwei eisernen Kohlenbecken, die zu beiden Seiten des Bettes standen. »Hoffentlich werdet Ihr bald einschlafen.«
»Wie kann ich Eure Freundlichkeit jemals vergelten?« In Ryccas Augen glänzten Tränen. Aber sie rollten nicht über die Wangen. So viel Selbstkontrolle besaß sie immer noch.
»Als ich in Not war, standen mir gütige Menschen bei«, erwiderte Krysta. »Eines Tages werdet auch Ihr jemandem helfen, und das ist mir Dank genug.« Sie wollte sich zum Gehen wenden, aber Rycca hielt ihre Hand fest.
»Bleibt noch eine Weile bei mir.«
»Ja, natürlich.« Krysta setzte sich auf den Bettrand und nahm an, das Mädchen würde sich nach allem, was es durchgemacht hatte, vor der Einsamkeit fürchten.
Doch sie erlebte eine Überraschung, denn Rycca verfolgte mir ihrer Bitte einen ganz bestimmten Zweck. »Habt Ihr wegen des Bündnisses zwischen den Wikingern und den Angelsachsen geheiratet?«
»Deshalb kam ich nach Hawkforte«, antwortete Krysta lächelnd. »Aber es war eine Liebesheirat.«
»Wie ist das möglich?« Entgeistert hob Rycca die Brauen. »Niemand heiratet aus Liebe.«
»Gewiss, so etwas kommt selten vor. Trotzdem ist es geschehen. Das ist eine lange Geschichte, und ich denke, dafür seid Ihr jetzt zu müde. Träumt Ihr von der wahren Liebe? Oder wollt Ihr aus anderen Gründen nicht heiraten?«
»An die Liebe habe ich bisher nicht geglaubt. Wenn Ihr sagt, sie würde existieren, will ich noch einmal darüber
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