Wikinger meiner Träume
Krysta für unverzichtbar hielt.
Am Nachmittag - Rycca sorgte sich allmählich um die Kosten für ihre neue Garderobe - bestand Krysta darauf, mit ihr in die Halle hinunterzugehen. Dort würde sie ihr etwas zeigen, erklärte sie. Was immer es sein mochte, blieb ein Geheimnis, weil die Männer in diesem Moment vom Turnierplatz zurückkehrten.
Später sollte Rycca überlegen, ob das Zusammentreffen ein Zufall gewesen war. Wie sie mittlerweile festgestellt hatte, war die schöne Lady Krysta nicht nur überaus gütig, sondern auch raffiniert. Aber im Moment hatte sie nur Augen für Dragon.
Seit dem Morgen des vergangenen Tages war sie ihm nur selten begegnet. Den Großteil seiner Zeit verbrachte er auf dem Turnierplatz, jagte mit Hawk in den Wäldern, oder sie segelten über das Meer. In der vergangenen Nacht hatte er wieder auf seiner Seite des Betts gelegen, ohne seine Frau anzurühren. Sie redete sich ein, sie sei erleichtert, und die Lüge lastete bleischwer auf ihrer Seele.
Nun durchquerte er die große Halle, roch nach Wind, Sonne und Sattelleder - und sehr männlich. Offensichtlich war er in bester Stimmung, obwohl Rycca glaubte, Schatten unter seinen Augen zu sehen.
»Mylord!«, rief Krysta. Nachdem sie seine Aufmerksamkeit erregt hatte, knickste sie anmutig.
Dragon lachte, und Hawk hob warnend die Brauen. »Sei vorsichtig, mein Freund, sie will was.«
»Lass den Unsinn!«, tadelte sie und schlug spielerisch auf seinen Arm. »Es ist wirklich wichtig.«
»Sicher weltbewegend...« Mit seinem Spott handelte er sich einen weiteren Klaps auf den Arm ein und grinste.
Verblüfft beobachtete Rycca die Szene. Noch nie hatte sie Eheleute gesehen, die so unbefangen miteinander umgingen. Und dieser Mann war der meist gefürchtete Krieger von England, bekannt für seinen eisernen Willen und seine unbesiegbare Kampfkraft.
Krysta sprach unbeirrt weiter.
Belustigt hörte ihr Gemahl zu, mit einem zärtlichen Lächeln. Das muss die wunderbare Macht der Liebe sein, dachte Rycca wehmütig.
»Voller Respekt vor deiner prall gefüllten Börse, mein guter Dragon, fürchtet deine Frau, wir wären zu verschwenderisch«, gab Krysta zu bedenken.
»Oh«, das bezweifle ich«, erwiderte Dragon, sichtlich überrascht. »Um wie viele Kleidungsstücke geht es?« Diese Frage richtete er an Rycca.
Aber es war Krysta, die hastig antwortete. »Ein Dutzend Hemden, dieselbe Anzahl Tuniken, einige Umhänge, Schuhe, Gürtel, Handschuhe, Schleier - das Übliche.«
»Reicht die Zeit nicht für etwas mehr Sachen?«
»Leider nicht - es sei denn, ihr verlängert euren Aufenthalt.«
«Krysta...« Mahnend berührte Hawk die Schulter seiner Lady.
»Schon gut, ich fange nicht mehr damit an. Also glaubst du nicht, wir hätten übertrieben, Dragon?«
»Keineswegs«, betonte er und warf Rycca einen kurzen Blick zu. »Für die nächsten Monate müsste diese Garderobe genügen.«
Genügen? Diese vielen kostbaren Kleider würden nur genügen?
»Vielleicht möchtest du die Pelze selber aussuchen, Dragon«, schlug Krysta vor.
»Ja, natürlich«, stimmte Dragon zu, als wäre das nichts Besonderes.
Lächelnd drehte sich Krysta zu Rycca um. »Darüber wirst du dich im nächsten Winter freuen. Cymbra hat mir erzählt, in den Nordländern sei es fast das ganze Jahr eiskalt. Aber das stört sie nicht. Ständig lodern helle Flammen, alle Leute sind fröhlich, und Wolf hat ihr einen wunderbaren Schlitten geschenkt. Davor sind Rentiere gespannt, die von den Lappen dressiert wurden. Ist das nicht erstaunlich?«
Rycca nickte schweigend und spürte Dragons Blick. Doch sie konnte ihn nicht erwidern. Nach einer Weile räusperte er sich. »Was hältst du von einem Besuch in der Sauna, Hawk?«
Damit war Hawk einverstanden. Bevor er seinem Freund aus der Halle folgte, schaute er Krysta an. In ihren Augen las er, dass sie das Verhalten des frisch vermählten Paares ebenso sonderbar fand wie er selbst.
Diese Sorge teilten sie auch am nächsten Tag, auf dem Weg zum Kai. Während Rycca neben ihrem Mann zum Hafen ritt, versuchte sie, die drei wartenden Schiffe nicht anzustarren. Lang und schnittig, mit einem Mast in der Mitte und Ruderbänken, schaukelten sie auf den Wellen. Seinen Reichtum hatte Dragon auf Geschäftsreisen erworben. Aber er hatte nicht die üblichen Handelsschiffe benutzt, sondern solche Drakars - Drachenschiffe für den Drachenlord -, mit geschwungenen doppelten Bügen, die sogar dem tapfersten Herzen Angst und Schrecken einjagten.
Schaudernd
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