Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wikinger meiner Träume

Wikinger meiner Träume

Titel: Wikinger meiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josie Litton
Vom Netzwerk:
zu ihm hinüber. In der fremden Welt, die sie jetzt umgab, bot ihm nur seine Nähe ein bisschen Sicherheit.
    Scheinbar grenzenlos erstreckte sich das Meer nach allen Seiten. Sobald das Land hinter dem Horizont verschwunden war, schien es nicht mehr zu existieren. Nun gab es nur noch den Wind und das Wasser, die knarrende Takelage, geblähte Segel, das Ächzen der Ruderer.
    Im Bug war ein kleines Zelt für Rycca errichtet worden. Wenn sie Wert auf ihre Privatsphäre legte, konnten die Seitenwände herabgelassen werden. Aber vorerst zog sie es vor, sich umzuschauen. Für allen Komfort, den man an Bord ermöglichen konnte, hatte man gesorgt. In ihrem Zelt stand ein stabiles Bett, breit genug für zwei Personen, mehrere Truhen mit flachen Deckeln, die als Bänke dienten, niedrige Tische, sogar eine Öllampe, sorgsam an einen Holzpfosten gebunden, damit sie nicht umkippte.
    In gehobenen Positionen genoss man gewisse Vorrechte. Offenbar gehörte der Müßiggang nicht dazu, denn Dragon gönnte sich keine Ruhe. Bis zum Einbruch der Dunkelheit saß er auf der Ruderbank. Bevor das Tageslicht erlosch, entdeckte Rycca Land am Horizont - nur schwache Umrisse. Gehörte diese Küste zu den nördlichen Ländern? Sie hatte vermutet, die wären viel weiter entfernt. Bleich ging der Mond auf. Unter seinem silbrigen Glanz ankerten sie in einer seichten Bucht. Rycca sah nichts, was auf eine Besiedlung hinwies, und sie vernahm auch keine Geräusche in der stillen Nachtluft. Als Dragon endlich zu ihr kam, brachte er ihr eine Schüssel mit einem Eintopf und einen Becher Apfelwein. »Du musst dich stärken«, meinte er und wandte sich zum Gehen. Inzwischen hatten die Männer das Segel eingeholt und sich auf den Decksplanken ausgestreckt. Einige sprachen leise miteinander.
    »Warte...«, bat Rycca. Die Einsamkeit hatte sie nie zuvor gestört. Aber hier, wo das Land nur ein dunkler Streifen zwischen Meer und Himmel war, sehnte sie sich nach menschlicher Nähe. Wortlos drehte sich Dragon um. »Wo sind wir?«
    »Vor der Küste der Normandie. Morgen segeln wir nordwärts. Wenn das Wetter anhält, müssten wir in etwa einer Woche Landsende erreichen.«
    »Die Normandie...« So nahe - und jetzt so unerreichbar.
    Offenbar hörte er die Wehmut, die in ihrer Stimme mitschwang, denn er kniete vor ihr nieder, umfasste ihr Kinn und zwang sie, seinen Blick zu erwidern. »Wohin wolltest du gehen?«
    »Wann?«, fragte sie verwirrt. »Was meinst du?«
    Sein Griff verstärkte sich ein wenig. »Bei unserer zufälligen Begegnung. Ich nehme an, du warst auf dem Weg nach Hawkforte. Hattest du vor, ein Schiff zu suchen, das die Normandie ansteuern würde?« Ihr stockender Atem genügte ihm als Antwort, und er ließ ihr Kinn los. Aber er entfernte sich nicht. »Ist Thurlow dorthin gereist?«
    »Wieso weißt du von ihm?«, flüsterte sie bestürzt.
    »Hawk erzählte mir, dein Zwillingsbruder habe Wolscroft verlassen, und das beruhigt mich ein bisschen. Wenigstens ein Mitglied dieser Familie hat ein Fünkchen Verstand bewiesen.«
    Brennend stieg das Blut in ihre Wangen. Aber sie konnte ihm wohl kaum widersprechen.
    Dragon musterte sie noch eine Weile. Dann stand er auf und ließ die Zeltwände herab. »Wenn du gegessen hast, geh ins Bett.«
    »So früh am Abend? Ich bin noch nicht müde.«
    »Habe ich gefragt, ob du müde bist?« Ohne ihr einen Blick zu gönnen, öffnete er eine Truhe und nahm einen breiten Ledergurt heraus.
    Rycca hatte den Löffel in den Eintopf getaucht. Nun stellte sie die Schüssel beiseite und starrte den Gurt an. Trotz der milden Nachtluft fröstelte sie plötzlich. Mit einem solchen Riemen hatte der Vater sie geschlagen, oder mit einem Stock - was immer gerade zur Hand gewesen war. Würde ihr Ehemann sie genauso behandeln?
    »Wozu brauchst du das?« In Ryccas eigenen Ohren klang ihre Stimme laut und schrill.
    Als wollte er die Beschaffenheit des Gürtels prüfen, drehte er ihn hin und her. »Ich möchte keine nächtlichen Überraschungen erleben.«
    »Überraschungen?«
    »Bist du nicht hungrig?« Er kam zu ihr. In dem kleinen Zelt, an Bord des Schiffs, auf dem Meer gab es keinen Ausweg. »Dann streck deinen Arm aus.« Sie musste aufstehen, zumindest einen Schritt zurückweichen, nachdenken... »Warum?«
    »Keine Wiederworte! Wir ankern vor der Normandie. Glaubst du wirklich, ich würde dir eine Gelegenheit zur Flucht geben.«
    Entgeistert blinzelte sie. Was würde er ihr antun? Wollte er sie schlagen, damit sie nicht davonlaufen konnte?

Weitere Kostenlose Bücher