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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Ärger kriegen.«
    Er lächelte. »Ich kenne dich seit ein paar Jahren, Peas, und ich kann dir eins sagen: Du bist für das Leben hier in Neustadt nicht geschaffen. Früher oder später hätte dich ja doch dieses Schicksal ereilt, und sie hätten das Tor für dich geöffnet. Besser jetzt, als später, wenn du dich nicht mehr so gut an das Leben in der Wildnis anpassen kannst.« Leiser fügte er hinzu: »Ich bin Arzt geworden, um Menschen zu helfen – selbst wenn dafür eine radikale Maßnahme nötig ist wie diese hier.«
    Ich nickte. Moon hatte den Verschluss schon abgedreht und hielt mir das Fläschchen entgegen. »Da, nimm.«
    »Alles?«, fragte ich bang.
    Dr. Händel nickte. »Ja«, sagte er streng, »alles. Spätestens wenn du Blut hustest, gehst du zu Dr. Aristoteles. Sie werden glauben, dass dein Vater aus Versehen Viren aus dem Institut mitgebracht hat. Die Behörden werden informiert werden, und alles nimmt seinen Lauf. Viel Glück.«
    Du bist stark, sagten meine Gedanken, und wieder sprachen sie mit Orions Stimme, nicht mit meiner eigenen. Du bist so stark, wie du sein musst, weißt du das denn nicht? Du wirst tun, was immer nötig ist, um zurückzukehren.
    »Weiß mein Vater von dem Heilmittel? Wird er nicht versuchen, mich zu retten?«
    »Es muss sehr schnell gehen«, sagte er. »So schnell, dass du draußen in der Wildnis bist, bevor Dr. Friedrichs mitbekommen hat, was mit dir passiert ist.«
    Weitere Fragen hatte ich nicht. Ich wünschte, mir würde noch eine einfallen, eine so gravierende Frage, dass die Antwort mich hiervon abhalten konnte.
    Dann dachte ich an Star, an Phil in ihren Armen. An den Ausdruck in ihren Augen, das Wissen, dass alles möglich war, dass sie alles tun konnte. Alles. Denn es gab keine Angst mehr. Es war, als würde sie selbst aus dem Fenster springen und fliegen.
    Ich konnte es auch, so sein wie sie.
    Ich wollte nicht trinken. Aber ich trank, während sie mich beide beobachteten, Moon und Dr. Händel.
    Er ging. Sie blieb.
    Und ich wartete erneut auf das Ausbrechen der Symptome, auf die Krankheit. Diesmal war es die echte.
    »Hast du das zweite Fläschchen?«, fragte Moon. »Pack es gut ein. Verlier es nicht. Oh Pi, ich kann nicht fassen, dass du das wirklich getan hast. Das ist solch ein Abenteuer!«
    Sie rückte in die andere Ecke des Sofas, so weit wie möglich von mir fort, und zappte sich durch das Fernsehprogramm.
    Fünf Tage.

35.
    »Du kannst ruhig hierbleiben«, sagte Moon am Morgen, während sie sich zur Schule fertig machte.
    Ich hatte mich im Spiegel gesehen: blass, dunkle Ringe unter den Augen, trockene, aufgeplatzte Lippen. Dabei konnte es eigentlich noch gar nicht angefangen haben.
    »Danke, aber ich komme mit. Du hast selbst gesagt, dass ich nicht ansteckend bin und es nichts zu befürchten gibt. Möchtest du mich schminken?«
    »Dazu ist keine Zeit.« Sie war nervös, und ich konnte es ihr nicht verdenken. Heute hatte sie nicht die Absicht, mir zu nahe zu kommen. Objektiv gesehen war ich nicht gefährlich, aber das reichte nicht, um sie zu beruhigen. Sie wollte bloß weg von mir. »Sag mal, willst du wirklich den Bus nehmen? Mit all den anderen Schülern?«
    Wenn später bekannt wurde, dass ich krank war, würde eine Panik ausbrechen. Ich zeigte mich einsichtig.
    »Ich gehe zu Fuß. Du kannst Gandhi sagen, ich hätte heute Morgen so lange getrödelt, dass ich ihn verpasst habe.«
    »Ja, mach ich.« Sie floh aus der Wohnung.
    Ich blickte mich um und versuchte es merkwürdig und traurig zu finden, dass ich dies alles verließ, aber ich konnte nicht anders, als mich auf die Wildnis zu freuen. Bald. Bald bin ich wieder da …
    Der Fußmarsch dauerte beinahe eine Stunde, und so war ich viel zu spät. Außerdem kostete mich die Anstrengung mehr Kraft als erwartet. War ich im Wald nicht stundenlang marschiert? Hatte ich mich nicht stark gefühlt dabei und gesund und unermüdlich?
    Du bist nicht gesund. Siehst du? Jetzt hustest du sogar.
    Der Unterricht hatte natürlich schon angefangen, und da ich nicht stören wollte, lungerte ich bis zur Pause im Flur herum. Moon wurde blass, als sie mich sah. »Warst du noch nicht bei Dr. Aristoteles?«
    »Mach ich gleich.«
    »Du hast Nasenbluten.«
    Das hatte ich gar nicht gemerkt. Ich wischte es hastig weg. Fing es wirklich an? War dies real? Die Stunden meiner fünf Tage zerrannen.
    »Ich geh schon in den Schulhof.« Moon drehte sich nicht nach mir um. Sie war fertig mit mir.
    Doch Lucky zögerte, während der Strom der Schüler

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