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Wild (German Edition)

Wild (German Edition)

Titel: Wild (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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fremd und furchteinflößend als der Wald. Die Laternen warfen orangefarbenes Licht über den Hof, die Bänke und Säulen schufen schwarze Schatten. Irgendwo weiter an der Straße ging eine Gruppe Jugendlicher vorbei, Gelächter wehte zu mir herüber.
    Mein Tom versuchte verzweifelt zu vibrieren und zu klingeln und diverse Melodien zu spielen, um mir mitzuteilen, dass eine weitere wichtige Nachricht eingetroffen war.
    Einen Moment lang war ich irritiert, rechnete mit dem Schlimmsten.
    War das Lucky, der meinen Plan erraten hatte und mir zuschrie: Tu’s nicht?
    Der Name des Absenders sprang mir ins Auge, irritiert starrte ich auf den Namen Boyprince – wer sollte das denn sein? – und las die ersten Wörter, bevor ich meinen Tom vor Schreck beinahe fallen ließ.
    »Man hat uns einander zugeteilt«, stand da, »wie wäre es mit einem ersten Treffen?«
    Woher hatte er bloß meine Nummer? Über die Schule? Vom Arzt? Mindestens zehn Nachrichten waren inzwischen eingetroffen. Angewidert verschob ich die letzten Date-Bemühungen von Boyprince in die Mülltonne.
    »Wusste ich doch, dass du was vorhast.«
    Hinter mir war Moon aufgetaucht, sie lachte mich an. »Ich habe bei dir zu Hause angerufen, als du nicht an deinen Tom gegangen bist, und deine Mutter sagte mir, du seist mit mir verabredet. Also, was soll das?«
    Moon liebte geheimnisvolle, verbotene Unternehmungen. Zuerst erwog ich, sie anzulügen, dann entschied ich, dass ich genauso gut die Wahrheit sagen konnte.
    »Ich muss in die Schule. Weil ich krank werden will.«
    Sie lachte ungläubig. »Du bist verrückt, Pi, weißt du das?«
    »Wenn ich krank bin, werfen sie mich raus. So einfach ist das.«
    Moons Gesicht wirkte im Laternenschein verändert. Wie von einer fremden, goldenen Sonne beschienen, das dunkle Haar umgab sie wie ein Schleier. Ich hatte sie immer geliebt. Bewundert. Ich hatte mir gewünscht, wie sie zu sein. Und dass unsere Freundschaft nie, nie enden sollte.
    »Gut«, sagte sie. »Ich helfe dir.«
    Wir schlichen uns über die Rückseite heran. Das Gerüst hatten die Arbeiter längst abgebaut. Die Fenster waren alle geschlossen; der Hausmeister achtete auf so etwas.
    »Da ist noch Licht.«
    Ein Raum war hell. Wir schlichen geduckt bis dorthin und spähten durch die Scheibe. Das Arztzimmer. Felix, der Assistent, ordnete den Inhalt der Schränke.
    »Das trifft sich ja gut.« Moon klopfte an die Scheibe.
    »Bist du verrückt?«, zischte ich. Ich zog sie weg, doch sie wehrte sich, und als Felix das Fenster öffnete und in den dunklen Hof hinausschaute, ließ ich sie schnell los und duckte mich.
    »Hallo, Onkel Doktor«, sagte Moon zu ihm.
    »Ich bin noch kein Doktor.« Er starrte sie an. Jeder Mann im ganzen Universum würde Moon anstarren, wenn sie so lächelte. Es war kalt und windig, und ihr dunkles Haar wehte ihr ins Gesicht.
    »Soll ich nicht lieber reinkommen? Ganz schön frostig hier draußen.«
    »Äh … ja, klar.« Welcher Mann hätte sie abgewiesen? »Ich räume hier bloß noch auf.«
    Sie winkte mir. »Na los, Pi. Er hat uns eingeladen.«
    Möglicherweise war er enttäuscht, mich zu sehen, doch er ließ sich nichts anmerken.
    »Hallo, Peas. Auch so spät noch unterwegs?«
    Felix half uns, durchs Fenster zu klettern. Seine Wangen glühten, als er Moon über das Sims hob. Mich dagegen fertigte er wie ein Gepäckstück ab.
    »Wie aufregend«, sagte sie. Kaum waren wir im Zimmer, hatte sie schon auf der Patientenliege Platz genommen und wippte mit den Füßen. »Es muss toll sein, ein Mediziner zu sein. Menschen zu helfen.«
    »Ja«, stammelte er. »Ich helfe immer gerne.«
    Mühelos brachte sie das Gespräch auf Krankheiten. Überredete ihn dazu, uns alles zu zeigen, was damit zusammenhing. Folgsam trottete er hinter ihr her, als sie den Weg zur Aufbewahrungskammer einschlug. Vielleicht hoffte er auf einen Kuss.
    Würde sie ihn wirklich küssen, nur um mich an die Wildnis loszuwerden? Ich hoffte nicht. Ein Teil von mir wollte unbedingt an das Präparat, aber ein anderer Teil war bloß traurig, dass sie sich so sehr wünschte, ich würde verschwinden. Sie verriet mich, indem sie mir half, und ich verriet sie, indem ich mir von ihr helfen ließ.
    Felix schloss die Tür auf.
    »Pi, würdest du uns einen kleinen Moment alleine lassen?« Moon schubste mich in die Kammer und blieb mit dem armen Assistenten draußen auf dem Flur.
    Da stand ich nun. Vor Regalen mit Kisten und Gläsern, mit Schachteln und uralten Ordnern aus prähistorischen Zeiten. Und

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