Wild (German Edition)
gemeinsame Party habt, sollten wir hier lang.«
Wir rannten über den leeren Schulhof zur Sporthalle. Hinter den Säulen ließ Orion Star auf den Boden gleiten. Sie atmete schwer, aber Moons Vorschlag, zu Dr. Händel zu gehen, wehrte sie vehement ab.
»Ruhig«, flüsterte Lucky. »Wenn das nicht unser Freund vom Tor ist.«
Direktor Soulman war offenbar bereits benachrichtig worden, denn er kam aus dem Gebäude und begrüßte den graugekleideten Herrn, mit dem wir am Vortag aneinandergeraten waren. Die beiden stritten miteinander, soweit wir das aus der Ferne beurteilen konnten. Jetzt rauschte auch noch Gandhi aus der Schule – mitten in der Unterrichtszeit! – und wedelte aufgeregt mit den Händen.
»Wenn die ahnen würden, dass wir hier sind«, sagte Moon, freudig erregt.
Eine Schar weiß uniformierter Wächter rückte an. Ich verkrampfte mich innerlich. Es waren so viele! Danach mussten vorne auf der Straße an die zwanzig Autos stehen. Wenn diese Kerle anfingen, das Gelände zu durchsuchen, hatten wir schlechte Karten.
»Was jetzt?«, fragte Moon, während Orion uns weiter ins Innere der Sporthalle winkte. Die vielen Säulen, die die Zuschauertribüne trugen, die Nischen und Treppen waren unser Revier. Trotzdem würden wir uns hier nicht allzu lange verbergen können.
»Wir brauchen ein Versteck«, sagte Orion. »Und wir müssen so schnell wie möglich herausfinden, wann die Verbrecher durchs Tor geschickt werden.« Er wandte sich an Star und Moon. »Sie haben uns gesehen. Die Genesungsschwestern, die Wächter. Zu viele. Es wird nicht lange dauern, bis sie unsere Namen haben.«
Mir wurde mit erschreckender Deutlichkeit klar, was das hieß. »Keiner von uns kann zurück.«
Nicht nur Orion, Lucky und ich. Star würde dabei sein.
Und Moon.
Wir würden zusammen mit Moon in die Wildnis fliehen.
Luckys Blick fing meinen ein. »Ja«, sagte er.
Star, die wie betäubt da saß, hob den Kopf. »Durchs Tor?« Etwas an ihr hatte sich verändert. Sie sah nicht mehr aus wie ein Püppchen, und würde ich je wieder ihre helle, süße Kaugummistimme hören? Ein wildes Wesen mit einer rauen, schroffen Stimme und brennenden Augen.
»Gut. Ich bin bereit. Und dass ihr’s nur wisst, ich bereue es nicht. Sie wollten Phil ausnehmen, bis nichts mehr von ihm übrig ist. Aber er ist tot! Er hat ein Recht darauf, tot zu sein, so tot, wie es nur geht. Er hat ein Recht auf das Feuer und den Glücksstrom. Wer wird ihn jetzt vom Pflaster kratzen, he? Sollen sie sehen, wie sie das erklären, wo er doch angeblich schon eingeäschert wurde.«
Ihre Wut machte uns alle eine Weile sprachlos.
»Also«, sagte Moon schließlich, die sich von der Qual in Stars Stimme nicht beeindrucken ließ. »Wenn ihr also partout nicht zurückkehren wollt, müssen wir feststellen, welches Tor geöffnet wird.« Selbst in ihrer rosa Wolke konnte sie erstaunlich klar denken. »Ich hoffe, ihr wollt nicht die Grenze abfahren und an allen Toren nachsehen.«
»Jupiter hat einen Onkel beim Sender«, sagte ich. »Er weiß immer alles, auch interne Dinge, die sonst kein Mensch mitkriegt.«
»Jupiter ist zwar nicht gerade ein Idiot … im intellektuellen Sinn«, meinte Lucky. »Aber würdest du wirklich Jupiter dein Leben anvertrauen?«
»Jupiter ist in mich verliebt«, sagte Moon. »Der würde mich garantiert in seinem Zimmer verstecken.«
»Schätzchen, alle Jungs sind in dich verliebt«, erinnerte Lucky. »Die haben sicher nichts dagegen, wenn ich aus dem Partnerprogramm genommen werde. Auch Jupiter könnte uns genau aus diesem Grund verraten.«
»Was meinst du, Pi?«, fragte Orion.
Wir mussten rasch eine Entscheidung treffen.
»Versuchen wir es bei ihm«, sagte ich. »Ich denke, er ist ganz in Ordnung. Immerhin hat er uns auch bei der Inszenierung im Genesungshaus geholfen. Den meisten ist es nicht besonders wichtig, was wir tun, daher machen sie sich auch nicht die Mühe, uns zu verraten. Wie man an Happiness sehen konnte.«
Und an Moon, dachte ich.
»Jupiter ist noch im Unterricht«, meinte Lucky. »Wir müssen bis nachmittags warten.«
»Gut«, sagte Orion. »Dann werde ich die Zeit dazwischen nutzen, um ein paar Dinge zu besorgen.«
»Was für Dinge?«, wollte ich wissen.
»Glaubst du, ich gehe so, wie ich bin, in die Wildnis? Wir brauchen Proviant. Wasser. Waffen – wenigstens ein Messer für jeden. Taschenlampen. Solche Dinge eben.«
»Du kannst nicht einfach einkaufen gehen. Sie werden dich erwischen«, prophezeite Lucky.
»Du hast kein
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