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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Sie mir nicht einfach alles? Ich kann Ihnen versichern, daß ich schon jede erdenkliche Geschichte gehört habe, und es gibt weniges auf der Welt, was mich noch überraschen oder schockieren könnte.«
    Juliana lehnte den Kopf an die blaßblauen Samtpolster, und vor ihren müden Augen verschwamm einen Moment lang alles, als sie das freundlich lächelnde Gesicht ihres Gegenübers musterte. Ihr schoß der Gedanke durch den Kopf, daß der einzige Mensch bisher, der sie jemals mit derart freundlichem Interesse angelächelt hatte, Sir John Ridge gewesen war. Tränen stiegen in ihren Augen auf, und sie blinzelte sie hastig fort.
    »Armes Kind, was ist Ihnen zugestoßen?« fragte Elizabeth mitfühlend, während sie sich vorbeugte und Julianas Hände in ihre nahm. »Bitte glauben Sie mir, Sie sind bei mir gut aufgehoben.«
    'Warum sollte ich einem wildfremden Menschen vertrauen?
dachte Juliana. Aber' es war nur ein vager, flüchtiger Gedanke im hintersten Winkel ihres Bewusstseins. Die Versuchung, jemandem die schrecklichen Ereignisse mitzuteilen, jemandem, der Lebenserfahrung besaß und den Lauf der Dinge kannte, war überwältigend. Wenn sie ihre Identität nicht preisgab und nicht verlauten ließ, woher sie kam, könnte sie die wichtigsten Punkte ihres Geheimnisses trotzdem hüten. Sich trotzdem vor dem langen Arm des Gesetzes schützen.
    »Es ist eine seltsame Geschichte, Madam«, begann sie.
    Wenn Mylord mir die unschätzbare Ehre erweisen würde, mich heute abend in der Russell Street aufzusuchen, könnte ich Ihnen etwas zeigen, das möglicherweise für Sie von Interesse wäre.
    Ihre sehr ergebene
Elizabeth Dennison
    Der Herzog von Redmayne überflog die Nachricht mit ausdrucksloser Miene. Dann blickte er zu dem Lakaien auf. »Ist der Bote noch da?«
    »Ja, Euer Gnaden. Er hat Anweisung, auf eine Antwort zu warten.«
    Tarquin nickte und schlenderte zu seinem Sekretär, wo er ein Blatt Pergament bereitlegte, eine Feder in das Tintenfass tauchte und rasch zwei Zeilen zu Papier brachte. Er streute Sand über das Geschriebene und faltete den Bogen zusammen.
    »Geben Sie dies dem Boten, Roberts!« Tarquin ließ das Schreiben auf das silberne Tablett in den Händen des Dieners fallen, worauf dieser unter einer Verbeugung den Raum verließ.
    »Worum ging es denn?« erkundigte sich Quentin, als er von seinem Buch aufblickte.
    »Ich bezweifle, daß du das wirklich wissen willst«, erwiderte der Herzog mit einem angedeuteten Lächeln. »Es betrifft eine Angelegenheit, die nicht deine Zustimmung fände, mein Freund.«
    »Oh!« Quentins gewöhnlich so gütige Miene wurde ernst. »Doch nicht etwa jene Sache mit Lucien und einer Ehefrau?«
    »Richtig, mein Bester, genau die. Sherry?« Tarquin hielt die Karaffe hoch, eine Braue fragend gelüftet.
    »Danke.« Quentin legte sein Buch beiseite und erhob sich aus dem Sessel. »Du bist tatsächlich entschlossen, diesen diabolischen Plan in die Tat umzusetzen?«
    »Felsenfest.« Der Herzog reichte seinem Bruder das gefüllte Glas. »Aber warum nennst du meinen Plan diabolisch, Quentin?« In seinen Augen glomm leichter Spott auf, und um seine Mundwinkel lag ein amüsierter Zug.
    »Weil er diabolisch
ist,
deshalb«, gab Quentin knapp zurück. »Wie willst du das Mädchen vor Lucien schützen? Angenommen, er beschließt, seine ehelichen Rechte einzufordern?«
    »Oh, das Problem kannst du getrost mir überlassen«, meinte Tarquin leichthin.
    »Mir gefällt das Ganze nicht!« Quentin starrte stirnrunzelnd in sein Glas.
    »Das hast du bereits mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht.« Tarquin klopfte seinem Bruder lächelnd auf die nüchtern gewandete Schulter. »Aber du hältst ja auch sonst nicht viel von meinen Plänen.«
    »Nein, und zum Teufel, ich wünschte, ich wüsste, warum ich trotzdem soviel von
dir
halte«, erwiderte der andere fast unwillig. »Du bist ein gottloser Mann, Tarquin, und spielst zu gerne mit dem Feuer.«
    Tarquin setzte sich und kreuzte seine elegant beschuhten Füße. Seine Stirn war in nachdenkliche Falten gelegt, als er die mit glitzernden Diamanten besetzten Schuhschnallen betrachtete. »Ich frage mich, ob juwelenbesetztes Schuhwerk nicht doch eine Spur überspannt wirkt. Mir ist aufgefallen, daß Stanhope bei dem Morgenempfang neulich sehr ansprechende Schnallen aus schlichtem Silber trug… andererseits bezweifle ich, ob dich dieses Thema interessiert, Quentin.«
    »Nein, ich kann wirklich nicht sagen, daß ich dem etwas abgewinnen kann.« Quentin warf einen

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