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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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denn getan?« verlangte Juliana zu wissen, und ihre Augen funkelten empört in dem flackernden orangefarbenen Licht der Fackeln und Ollampen.
    Bertrand zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen?«
    »Ihren Kunden übers Ohr gehauen, höchstwahrscheinlich«, giftete Frank. »Das tun sie doch alle. Sie betrügen ihre Kunden, betrügen ihre Zuhälter, betrügen ihre Puffmütter. Sie alle sollten ab und zu eine Weile im Gefängnis schmoren. Würde ihnen gut bekommen.«
    Juliana schluckte ihren Zorn hinunter. Es würde die Männer nur amüsieren, wenn sie Partei für die Mädchen ergriff. Gab es denn gar keine Möglichkeit, die Bedingungen zu verbessern, unter denen sich diese Frauen verkauften? Sie begriff durchaus, daß viele keine andere Wahl hatten, als sich ihren Lebensunterhalt auf diese Weise zu verdienen… verstand es jetzt aus bitterer Anschauung. Aber sicherlich müßten sie doch nicht ewig der gnadenlosen Gier jener ausgeliefert sein, die sie ausbeuteten?
    Gleich darauf wurde Juliana von einer energischen Hand zu einer Taverne hinübergeschoben, deren Tür zum Marktplatz hin offenstand. Heiseres Gelalle erschallte aus dem Schankraum, und mit dem trüben Lampenlicht ergoß sich eine undurchdringliche Wolke von Tabakqualm auf das Straßenpflaster.
    Eine Frau mit nackten Brüsten schwankte unter dem Gewicht eines mit Ale-Krügen beladenen Tabletts auf sie zu. »Was kann ich für Sie tun, M'lords?« Sie blinzelte den Männern zu und leckte sich in einer provozierenden Geste mit der Zunge über die Lippen.
    »Ale, Mädchen!« verkündete Bertrand und versetzte ihr einen unnötig kräftigen Klaps aufs Hinterteil, so daß das Tablett in ihren Händen erzitterte und Bier aus den randvollen Krügen schwappte. »Ungeschickte Schlampe«, knurrte er mit einem lässigen Achselzucken und zog eine Bank unter einem der langen Tische hervor.
    Juliana nahm neben ihren Begleitern Platz. Ihre Kehle war wie ausgedörrt, und Ale erschien ihr ein willkommener Trost. Uber das laute, erregte Stimmengewirr im Raum hinweg konnte sie hören, wie auf der gegenüberliegenden Seite unter wilden Flüchen und unflätigen Rufen die Wetteinsätze ausgerufen wurden, während die Würfel rollten. Die Gereiztheit im Schankraum entlud sich in erbitterter Schärfe, in bedrohlicher Aggression, so daß sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufrichteten in Erwartung der Gewalttätigkeit, die direkt unter der Oberfläche der scheinbar heiteren Ausgelassenheit brodelte.
    Ein Humpen Ale wurde vor Juliana auf den Tisch geknallt, sein Inhalt schwappte über und tropfte in ihren Schoß, doch sie hatte es längst aufgegeben, sich in diesem Inferno Sorgen um den Zustand ihrer Kleider zu machen. Wenn es bei einem beschmutzten Unterrock und einem Bierfleck auf ihrem Gewand blieb bei dieser grässlichen Unternehmung, dann konnte sie sich wahrhaftig glücklich schätzen. Dankbar trank sie einen großen Schluck von dem erfrischenden Gebräu.
    Nach ein paar Minuten, als sie den Eindruck hatte, ihre Gefährten wären voll und ganz darauf konzentriert, Wetten darüber abzuschließen, welche Richtung die große Ale-Pfütze auf dem Tisch nähme, erhob sich Juliana von der Bank und wollte unauffällig davonschleichen.
    Luciens Hand schoß vor und packte ihr Handgelenk. Sie blickte hinunter auf seine mageren weißen Finger und war ziemlich überrascht, wieviel Kraft in ihnen steckte. Das Blut floh aus ihrer Haut unter seinem eisenharten Griff. »Wo wollen Sie hin, Frau Gemahlin?« erkundigte er sich. Sein Ton war scharf, seine Worte klangen undeutlich.
    »Zum Abort«, erwiderte sie ruhig. »Sie tun mir weh.«
    Prustend gab er ihr Handgelenk frei. »Er ist draußen auf der Rückseite des Hauses, an der Küche vorbei. Bleiben Sie nicht zu lange weg.«
    Juliana bahnte sich einen Weg durch den Schankraum. Auf fast jedem Schritt des Weges wurde sie von Betrunkenen und Würfelspielern angepöbelt, aber sie vermied Augenkontakt und schüttelte die grabschenden Hände mit verächtlicher, hochmütiger Miene ab.
    Der Abort befand sich in einem Innenhof, der von einer hohen Mauer umschlossen war, und Juliana konnte keinen Fluchtweg entdecken. Sie kämpfte mit ihren weiten Röcken in der übelriechenden Dunkelheit, und ihr Kopf schmerzte von dem ohrenbetäubenden Lärm und dem stinkenden Tabakqualm sowie ihrer knochentiefen Müdigkeit. Wie sollte sie nur entkommen? Lucien würde eine diebische Freude daran haben, jeden Fluchtversuch zu vereiteln, und seine Freunde würden

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