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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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sie fest; derweilen rappelte sich Lucien wieder auf, eine Hand an seinem Kinn, seine Augen zu bösartig funkelnden Schlitzen verengt.
    »Elende Hure«, zischte er leise. »Das sollst du mir büßen.«
    Sie hätte ihm erneut einen heftigen Tritt versetzt, wenn die Männer ihre Fesseln nicht so erbarmungslos umklammert hätten. Benommen schwankte sie, Übelkeit stieg in ihrer Kehle auf, und kalter Schweiß brach auf ihrem Rücken aus. Wie war sie bloß in diesen Alptraum geraten? Luciens Niedertracht und Gemeinheit waren ihr bekannt, aber selbst in ihren finstersten Vorstellungen hätte sie ihm nicht eine solche Brutalität zugetraut. Aber der Herzog hatte davon gewußt. Er hatte immer gewußt, wozu sein Cousin fähig war. Er hatte es gewußt, aber es hatte ihn nicht davon abgehalten, sie zu benutzen… sie diesem Satan zu überantworten.
    Lucien rief in einem betrunkenen Singsang: »Also, Gentlemen, was bieten Sie mir für dieses prächtige Weib? Wollen wir bei einem Gebot von zwanzig Guineen anfangen?«
    Ein Chor von Antworten schallte ihm aus der Menge entgegen. Juliana blickte hinunter und sah kleine, blutunterlaufene Augen lüstern zu ihr hinaufstarren, gierige Augen, die sie nackt auszogen und sie mit ihrem obszönen Grinsen schändeten. Sie konnte sich nicht rühren, weil die Männer ihre Fesseln noch immer mit stahlhartem Griff umklammert hielten, und Lucien zog so erbarmungslos an dem Seil, daß es ihr in den Nacken schnitt.
    George Ridge erwachte schließlich aus seinem Verdauungsschlaf, als das Spektakel um ihn herum noch an Lautstärke zunahm. Er hob den Kopf und blinzelte verwirrt, für einen Moment völlig orientierungslos. Als er sah, daß er inmitten der fettigen Überreste seines Dinners geschlafen hatte, erinnerte er sich wieder daran, wo er war. Er rülpste laut und hob die Portweinflasche an den Mund. Sie enthielt nur noch einen letzten Schluck; schmatzend leckte er sich die Lippen, stellte die Flasche auf den Tisch zurück und drehte sich um, um sich eine neue zu bestellen.
    Sein Blick fiel auf die Szene auf der gegenüberliegenden Seite des Schankraums. Zuerst konnte er nicht so recht erkennen, was dort vor sich ging; der Lärm hatte jetzt fast ohrenbetäubende Ausmaße angenommen, und die Menschenmenge, die sich dort drängte, war undurchlässig. Offenbar wetteten die Leute auf irgend etwas, und das Bieten hatte etwas Wildes, Erregtes an sich, das augenblicklich Georges Interesse weckte. Er blinzelte und schüttelte sich, um den letzten Rest schläfriger Benommenheit aus seinem Kopf zu vertreiben. Dann blinzelte er noch einmal und setzte sich auf.
    Juliana stand auf dem Tisch. Es war kein Zweifel möglich. Nicht bei jener üppigen, wildgelockten Mähne feuerroten Haares, jenen jadegrünen Augen, die mit solch verzweifelter Wut blitzten, jener hochgewachsenen, üppigen Figur.
    Aber was, zur Hölle, ging dort vor? Er schob seinen Stuhl zurück und stand langsam auf, während er verständliche Worte aus dem allgemeinen Stimmengewirr herauszukristallisieren versuchte. Er hörte jemanden rufen: »Einhundert Guineen. Nun kommen Sie schon, Gentlemen. Meine Ehefrau ist mindestens das Dreifache wert.«
    Ehefrau!
George näherte sich dem Rand der Menge. Das Bieten wurde zunehmend lebhafter. Einhundertfünfzig, zweihundert. Juliana stand stocksteif da, wie zu Stein erstarrt. Der Mann, der das Seil um ihren Hals in der Hand hielt, der Mann, der sich als ihr Ehemann bezeichnete, trieb die Zuschauer förmlich zur Raserei, als er begann, auf Julianas diverse Reize hinzuweisen.
    Georges Mund war plötzlich staubtrocken. Er schluckte und strengte sich an, etwas Speichel zu produzieren. Die Situation war schier unglaublich und dennoch Wirklichkeit. Hastig drängelte er sich durch die Menge und räusperte sich. »Fünfhundert Guineen!« Seine Stimme klang spröde und schwach, und zuerst schien ihn niemand zu hören. Er versuchte es noch einmal und brüllte: »Ich biete fünfhundert Guineen für sie!«
    Georges Stimme riß Juliana aus der Trance, in die sie sich geflüchtet hatte, als sie die unerträgliche Demütigung nicht mehr hatte aushalten können, die lähmende Angst, die sie um den Verstand zu bringen drohte.
Sieh ihn nicht an! Reagier einfach nicht auf ihn!
Der Befehl ihrer inneren Stimme durchdrang die Benommenheit in ihrem Hirn. Sie durfte keine Notiz von George nehmen. Wenn sie sich weigerte, ihn zu kennen, dann konnte er ihre Identität nicht beweisen. Sie war noch immer Viscountess Edgecombe, stand

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