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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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säße, die Aufseher bestechen könnte. Er könnte sie sich dienstbar machen für die Dauer des Prozesses. Jeder der beiden Pläne würde ihm die Situation bescheren, nach der er sich verzehrte.
    Er blickte auf und nickte. »Gut. Ich werde morgen früh nach Hampshire zurückfahren. Den Forsetts die Angelegenheit unterbreiten. Wo kann ich Sie erreichen, Mylord?«
    Lucien runzelte finster die Stirn, als er sich von neuem daran erinnerte, daß er jetzt dazu verdammt war, unter seinem eigenen unbequemen, von Geldeintreibern belagerten Dach zu logieren. »Mein Haus ist in der Mount Street, aber diese Schenke hier tut es ebenso wie jeder andere Ort. Hinterlassen Sie am besten eine Nachricht bei Gideon.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf den Mann an der Theke, der Humpen mit Ale zapfte, bevor er wieder nach seinem Glas griff und George halb die Schulter zuwandte in einer Geste, die der andere korrekt als Hinweis deutete, daß der Viscount die Unterredung als beendet ansah.
    George schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Er zögerte noch immer, sich zu verabschieden. Es schien zu unbefriedigend, jetzt einfach fortzugehen, aber der Viscount machte keine Anstalten, ihn zum Bleiben zu ermuntern. »Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend, Sir«, sagte George schließlich, ohne auch nur soviel wie ein Grunzen als Antwort zu erhalten. Er entfernte sich vom Tisch in der Absicht, zu seinem früheren Platz am Fenster zurückzukehren; doch plötzlich belebte ihn eine rastlose Energie, ein erregendes Hochgefühl bei dem Gedanken, daß er zu guter Letzt einen Mitstreiter gefunden hatte, und so ging er statt dessen hinaus auf den Marktplatz. Eine schlampige junge Frau näherte sich ihm mit einem fast zahnlosen Lächeln.
    »Eine halbe Guinee, werter Sir?« Sie reckte ihm ihren Busen entgegen und funkelte ihn aus schwarzen Augen an.
    »Fünf Shilling«, bot er dagegen.
    Sie zuckte die Achseln, nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu den Abdeckplanen, die hinter den Marktständen aufgestapelt waren. Für fünf Shilling lohnte es sich nicht, ihn mit auf ihr Zimmer in der King Street zu nehmen, wo sie für Kerzen bezahlen und wahrscheinlich noch die Bettwäsche würde wechseln müssen.
    »Am Mittwoch vormittag im Bedford Head.«
    Die Nachricht sprach sich in Windeseile in den Bordellen von Covent Garden herum, wo Frauen, noch im morgendlichen Neglige, müßig in Salons zusammensaßen, ihre Erlebnisse mit ihren Kunden der vergangenen Nacht austauschten, Kaffee tranken und die aktuelle Damenmode in den neuesten Magazinen diskutierten. Die Nachricht stammte von Frauen aus Mistress Dennissons Etablissement; sie wurde einem Kreis aufmerksam vorgebeugter Köpfe zugeflüstert und mit stiller Neugier aufgenommen. Die Worte
Schwesternschaft
und
Solidarität
wurden von Zungen geäußert, die bei den unvertrauten Begriffen ins Stocken gerieten. Und dann gingen die Frauen der Russell Street weiter zum nächsten Haus, um die Saat keimen zu lassen, mit der Schilderung von Lucys Elend als Dünger.
    Mistress Mitchell, die Wirtin des »Bedford Head«, hatte sich Lillys Erklärung angehört, daß eine Gruppe von Mädchen aus Covent Garden ein kleines Geburtstagsfest feiern wolle. Man bat sie, Erfrischungen bereitzustellen, und Lilly zuckte nicht mit der Wimper über Mistress Mitchells unverschämte Preise für so schlichte Genüsse wie Kaffee, Schokolade und süße Biskuits. Sie eilte mit einem heiteren Lächeln aus dem »Bedford Head« und ließ Mistress Mitchell in höchst nachdenklicher Stimmung zurück.
    Warum sollten die Frauen für eine Geburtstagsfeier ein Hinterzimmer in einer Schenke mieten wollen, wenn jede von ihnen die Möglichkeit hatte, die anderen unter das Dach ihrer eigenen Bordellwirtin einzuladen? Keine der Besitzerinnen der gehobeneren Liebestempel würde einem ihrer Mädchen die Räumlichkeiten für eine derartige Feier verweigern.
    Mistress Mitchell begab sich auf die Runde, um ihre Kolleginnen um Rat zu fragen. Keine von ihnen vermochte eine einleuchtende Erklärung zu liefern. Es wurde entschieden, daß Mistress Mitchell an dem bewußten Mittwochvormittag Posten an dem Guckloch zum Hinterzimmer beziehen sollte. Mit Hilfe eines gegen die Wand gepreßten Becherglases würde sie in der Lage sein, die Unterhaltung der Frauen mitzuhören.
    Als Juliana bei Lucy im gelben Zimmer saß, erhielt sie eine Nachricht von Lilly, daß das Treffen am Mittwoch vormittag arrangiert sei. Lucy war inzwischen wieder so weit zu Kräften gekommen,

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