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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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daß sie ihr Bett verlassen konnte, und lag, bequem in ihre Kissen gestützt, auf der Chaiselongue unter dem Fenster. Juliana las den Brief, der eine Vielzahl von Nachrichten für Lucy aus der Russell Street enthielt, und reichte ihn dann ihrer neuen Gefährtin.
    Lucy blickte neugierig von dem Brief auf. »Was ist das für ein Treffen, Juliana?«
    Juliana erklärte ihr ihren Plan. »Es ist höchste Zeit, daß wir etwas unternehmen«, schloß sie mit ihrer gewohnten Vehemenz. »Diese Leute verdienen schließlich ihren Lebensunterhalt mit uns, und warum sollten sie ewig damit durchkommen, uns so schlecht zu behandeln und uns nach Belieben auszunutzen?«
    Lucy sah verwirrt aus. »Aber doch nicht Sie, Juliana. Sie haben doch gar nichts damit zu tun.Wer nutzt Sie denn aus?«
    »Der Herzog hat Mistress Dennison dreitausend Guineen für mich bezahlt«, erwiderte Juliana kurz und bündig. »Ich wurde gekauft und verkauft wie eine Sklavin, ganz einfach deshalb, weil ich keinen Schutz hatte, kein eigenes Geld, keine Freunde und keine Zuflucht. Wenn die Schwesternschaft zu dem Zeitpunkt schon existiert hätte, hätte ich einen Ort gehabt, wohin ich hätte gehen können. Ein paar Guineen hätten allen Unterschied der Welt ausgemacht. Und denken Sie nur, was die Schwesternschaft auch für Sie hätte unternehmen können.«
    Lucy lehnte sich in die Kissen zurück, den Brief offen auf ihrem Schoß. »Ich glaube, Sie sind sich nicht darüber im klaren, wie weit die Macht der Zuhälter und Bordellwirtinnen reicht, Juliana.«
    »Oh, das entzieht sich durchaus nicht meiner Kenntnis«, gab Juliana zurück. »Und ich weiß, daß es genau diese defaitistische Einstellung unsererseits ist, Lucy, die ihnen diese Macht verleiht.« Sie wandte sich um, als ein Klopfen an der Tür ertönte, und rief: »Herein«, bevor ihr wieder einfiel, daß dies Lucys Refugium war, nicht ihr eigenes.
    Tarquin betrat den Raum. Lucy, die ihren Gastgeber bisher nur das eine Mal gesehen hatte, als sie in sein Haus gebracht worden war, quälte sich von ihrem Lager hoch.
    »Bitte bemühen Sie sich nicht«, sagte Tarquin, als er an die Chaiselongue trat. »Ich wollte mich erkundigen, wie es Ihnen geht.«
    »Oh, schon viel besser, Euer Gnaden«, stammelte Lucy errötend, während sie ihren Morgenmantel fester um sich zog. »Ich… ich bin sicher, ich werde morgen früh wieder völlig hergestellt sein…«
    »Es besteht keine Eile!« Er bückte sich, um den Brief aufzuheben, der von Lucys Schoß auf den Boden geflattert war. »Sie sind ein gerngesehener Gast unter meinem Dach, bis Henny Sie für kräftig genug hält, uns zu verlassen.« Er reichte ihr den Brief zurück, und Juliana fragte sich beklommen, ob er den Inhalt gesehen hatte oder nicht. Scheinbar hatte er keinen Blick darauf geworfen, aber bei Tarquin konnte man sich nie sicher sein. Seine Augen waren überall, selbst dann, wenn er sich vollkommen gleichgültig und unbeteiligt gab.
    Er nahm eine Prise Schnupftabak und blickte sich im Zimmer um. »Ich hoffe, Sie fühlen sich hier wohl, Madam.«
    Seine Frage und die höfliche Anrede schickten erneut eine verlegene Röte in Lucys Wangen. »O ja, sehr, Mylord. Ich kann meine Dankbarkeit für Ihre Güte gar nicht in Worte fassen. Wahrscheinlich verdiene ich es nicht, daß…«
    »Aber natürlich tun Sie das!« unterbrach Juliana sie heftig. »Sie verdienen genausoviel Freundlichkeit und Rücksichtnahme wie jedes andere menschliche Wesen. Ist es nicht so, Mylord?« Sie blickte ihn herausfordernd an.
    »Oh, Juliana, Sie dürfen so etwas nicht sagen«, protestierte Lucy schwach. »Ich möchte wirklich niemandem zur Last fallen.«
    »Sie sind keine Last. Oder, Sir?«
    Tarquin schüttelte mit einem trockenen Lächeln der Belustigung den Kopf, weigerte sich jedoch, sich in die Diskussion hineinziehen zu lassen. Er stieß sich vom Fensterbrett ab und hob Julianas Kinn zu sich hoch, um sie leicht auf den Mund zu küssen. »Wenn du deinen Besuch bei Lucy beendet hast, komm bitte zu mir in mein Arbeitszimmer.«
    Juliana, von dem Kuß etwas aus dem Konzept gebracht, warf einen Blick auf Lucy, die noch einmal sorgfältig den Brief durchlas. Ihr Gast dachte sich natürlich nichts dabei, wenn ein Gentleman neckisch mit seiner Mätresse tändelte.
    »Ich wünsche Ihnen eine baldige Genesung, Ma'am.« Tarquin verbeugte sich vor der aufgeregten Lucy und verließ den Raum.
    »Oh, er ist so freundlich!« seufzte Lucy hingerissen, nachdem sich die Tür hinter dem Herzog geschlossen

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