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Wilde Chrysantheme

Wilde Chrysantheme

Titel: Wilde Chrysantheme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Flasche vorwärtstrank und meistens vergaß, das Glas des anderen Mannes desgleichen zu füllen. Er hatte keine Schwierigkeiten, die Wollust hinter Georges Rachegelüsten zu erkennen, und er wußte, daß sie sich gewinnbringend nutzen ließe. Der Fettsack war ein ländlicher Einfaltspinsel ohne jede Finesse. Und wenn ein Mann von den Zwillingsteufeln von Wollust und Rache getrieben wurde, dann konnte er unter der richtigen Führung ein unbesiegbarer Feind werden. Ein höchst wertvolles Werkzeug.
    Wenn Lucien Juliana als Mörderin entlarven, sie zitternd auf der Anklagebank sitzen sehen könnte, um ihr Todesurteil zu hören, dann würde Tarquins Schande fast ebenso vernichtend sein wie die des Mädchens. Sein verdammenswerter Stolz würde sich nie wieder von diesem Schlag erholen. Er würde zum Gespött von ganz London werden.
    George beendete seine Geschichte und trank sein Glas aus. »Ich hatte vor, es zuerst dem Herzog zu erzählen«, sagte er und warf einen bedauernden Blick auf die leere Flasche. »Würde Juliana vor ihm bloßstellen und dann sehen, wie es weitergeht.«
    Lucien schüttelte den Kopf. »Verlassen Sie sich drauf, er weiß bereits alles.«
    George griff demonstrativ nach der leeren Weinflasche und hielt sie kopfüber über sein Glas. »Wie können Sie sich da so sicher sein?«
    »Weil er es mir mehr oder weniger verraten hat.« Lucien winkte schließlich den Schankgehilfen herbei und bestellte die nächste Flasche. »Hat mir damals erzählt, die Schlampe würde alles tun, was er will. Da ist mir sofort klargeworden, daß er irgendwas gegen sie in der Hand haben muß. Etwas, womit er sie erpressen kann.« Seine Stimme wurde zunehmend undeutlicher, aber der boshafte Ausdruck in seinen Augen gewann an Schärfe.
    »Wenn ich Anzeige wegen Mordes gegen sie erstatten würde«, erläuterte George eifrig, »wenn ich das täte, dann würde sie sich vor Gericht verantworten müssen, selbst wenn sie abstreitet, Juliana Ridge zu sein. Oder ich kann auch ihren Vormund und seine Ehefrau dazu bringen, sie zu identifizieren, und bezeuge ebenfalls ihre Identität, dann überzeugt das die Richter todsicher!«
    Lucien sah skeptisch drein. »Das Problem ist, daß Tarquin mit allen Wassern gewaschen ist. Ein Mann muß schon einen messerscharfen Verstand haben und so glatt und schlüpfrig wie ein Aal sein, um ihn zu überlisten.«
    »Aber selbst der Herzog könnte nichts gegen die Aussage von Julianas beiden Vormunden ausrichten. Sie hat bei ihnen gelebt seit ihrem vierten Lebensjahr. Wenn die Forsetts und ich ihre Identität beeiden, dann müßte das doch bestimmt ausreichen.«
    »Schon möglich. Solange Tarquin nicht vorher Wind davon bekommt.« Lucien starrte in sein Glas und schwenkte nachdenklich die dunkelrote Flüssigkeit. »Es könnte unter Umständen einfacher sein, die Hure selbst zu bearbeiten.«
    »Sie entführen, meinen Sie?« George leckte sich die Lippen. »Daran habe ich auch schon gedacht. Ich würde sehr bald ein Geständnis aus ihr herauskitzeln.«
    Darauf starrte er blicklos in die Ferne. Erst wenn er Juliana in seiner Gewalt hatte, würde er endlich in der Lage sein, diesen alles verzehrenden Hunger zu stillen. Dann würde er in Frieden mit sich und der Welt leben und fähig sein, sein rechtmäßiges Erbe zurückzufordern. Keineswegs beabsichtigte er mehr, sie zu seiner Ehefrau zu machen. Aber er wußte, er würde nicht eher Ruhe finden, bis er dieses quälende Verlangen befriedigt hatte, das wie Prometheus' Geier in seinen Eingeweiden wühlte.
    Luciens Mund verzog sich zu einem verächtlichen Lächeln. Er konnte die Gedanken des Mannes lesen, als hätte er sie schriftlich auf einem Blatt Papier vor sich. Geiler, sabbernder, zügelloser Ochse… konnte es kaum erwarten, jenen abstoßend üppigen Körper zu besitzen! »Ich denke, wir sollten es erst auf dem gesetzlichen Weg versuchen«, sagte er salbungsvoll und lachte schadenfroh in sich hinein, als er die Enttäuschung in der langen Miene seines Trinkgenossen sah. »Wir werden mit der Unterstützung ihrer Vormunde Anzeige gegen sie erstatten und sie wegen Mordes belangen lassen. Wenn das nicht funktioniert, dann…« Er zuckte die Achseln. »Dann sehen wir weiter.«
    Nachdenklich zeichnete George mit einer breiten Fingerspitze einen dunkelroten Fleck auf der Holzplatte des Tisches nach. Wein oder Blut, in dieser Spelunke konnte es ohne weiteres beides sein. Langsam drang die Erkenntnis in sein benebeltes Hirn, daß er, wenn Juliana im Gefängnis

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