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Wilde Flucht

Wilde Flucht

Titel: Wilde Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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wie es ist, zu den Opfern zu gehören!«
    Stewie entfernte sich noch weiter von Finotta und dem Rind. Inzwischen trennten sie etwa dreißig Meter. Erneut hob er die Fernbedienung.
    » Die Schlagzeilen über den in die Luft gesprengten Umweltaktivisten waren gut, Finotta. Ich wette, Sie haben darüber lachen müssen. Aber die Schlagzeilen über den Vorsitzenden des Viehzüchtertrusts, der von seinem eigenen Rind in die Luft gejagt wurde, sind noch besser!«
    Aus dem Augenwinkel sah Joe eine Kette von Fahrzeugen mit blitzenden Signallichtern von der Landstraße her durch die Pyramidenpappeln kommen. Barnum fuhr in seinem Geländewagen voraus, und zwei weitere Autos des Sheriffbüros folgten. Trey Crumps grüner Pick-up der Jagd- und Fischereibehörde folgte. Die Autos fuhren quer über den Ranchhof und hielten am ersten Zaun. Türen gingen auf, und Beamte mit Gewehren und Schrotflinten strömten heraus. Joe sah Barnum, Trey Crump, Deputy McLanahan und Robey Hersig. Marybeth sprang auf der Beifahrerseite aus Treys Pick-up. Joe erkannte die bewaffneten Hilfssheriffs nicht, die sich längs der Koppel verteilten.
    » Bist du das, Mary?«, rief Stewie und zog sich hinter das Rind zurück, um Finotta und das Tier zwischen sich und die Ordnungshüter zu bringen. Joe hörte, wie Schrotflinten und Gewehre durchgeladen wurden.
    » Ich bin’s, Stewie«, antwortete Marybeth. Ihre Stimme war kräftig. » Bitte tu niemandem etwas, dir auch nicht.«
    Wie vertraut die beiden miteinander redeten! Joe durchfuhr ein kurzer, merkwürdiger Sturm verschiedenster Empfindungen: Eifersucht, Verwirrung, Wut und tiefe Trauer.
    Mary?
    » Stewie«, rief sie, » du musst zu mir kommen.«
    » Wie schön du noch immer bist, Mary«, sagte Stewie so bewundernd wie wehmütig. » Joe kann sich glücklich schätzen. Und Mary – Joe Pickett ist ein anständiger Kerl. Das ist hier in der Pampa etwas Seltenes.«
    Finotta wandte das Gesicht den Beamten am Zaun zu. » Barnum, Sie müssen ihn außer Gefecht setzen! Sofort!«
    Joe hörte, wie Barnum seine Hilfssheriffs anwies, nicht zu schießen.
    Deputy McLanahan, der am weitesten von Barnum entfernt stand, gebrauchte den Zaunpfahl als Stütze, nahm die obere Hälfte von Stewie Woods’ Kopf ins Visier und drückte ab. Der Gewehrschuss krachte durch die Luft.
    Stewie zuckte zurück und setzte sich ungebremst ins nasse Gras. Marybeth schrie, und Barnum ließ eine Tirade von Flüchen auf McLanahan los.
    Jim Finotta hob den Kopf, sah Stewie mit Fernbedienung und Revolver auf dem Schoß im Gras sitzen und schrie: » Noch mal! Er bewegt sich noch! Bringt ihn um!«
    Joe ließ sich vom Zaun auf die Weide runter, ging ein paar zögernde Schritte auf Stewie zu und sah ihm, dessen Gesicht schmerzverzerrt war und dessen Mundwinkel sich zu einem unangemessenen Lächeln gehoben hatten, in die Augen. Wie einsam er ist, dachte Joe und empfand ein Mitleid, das ihm durch Mark und Bein ging. Fast alle, die ihm wichtig waren, sind tot. Joe überlegte, zu ihm zu laufen und ihm die Fernbedienung aus den Händen zu reißen, doch etwas in Stewies Augen hielt ihn zurück. Mit wehmütigem Achselzucken drückte Stewie auf den Knopf.
    Die Explosion schleuderte Joe Richtung Koppel zurück, und er krachte mit voller Wucht gegen den Zaun.
    Durch schmale Lider und die Totenstille plötzlicher Taubheit hindurch sah er Teile von Jim Finotta, dem Rind und Stewie Woods sowie Grassoden scheinbar stundenlang vom Himmel regnen.

38
    Joe träumte im Krankenhaus üble Sachen. Einmal kletterten sie erneut aus dem Savage Run Canyon, und wieder lauerte Charlie Tibbs mit seinem weitreichenden Gewehr auf der anderen Seite. Diesmal allerdings war Stewie das Opfer. Ein Schuss riss ihm den Arm aus dem Schultergelenk, doch er kletterte weiter, machte immerfort Scherze und sagte, er sei froh, den rechten Arm noch zu haben, denn ohne den bekäme er keine Verabredungen mehr. Ihm voraus kletterte Joe, und seine Muskeln taten bei jeder Bewegung furchtbar weh. Ein weiterer Schuss traf Stewie in den Oberschenkel und brach ihm den Knochen, so dass er das rechte Bein nicht mehr gebrauchen konnte. Eine dritte Kugel traf ihn in den Rücken und trat vorn wieder aus, und seine Eingeweide blühten wie eine Seeanemone aus einem Loch im Bauch. Und doch kletterte Stewie ihm weiter nach und scherzte, diese Ballerei schlage ihm allmählich auf den Magen.
    Ein großes Stück Rind – es mochte der Kopf oder ein fleischiges Schulterstück gewesen sein – hatte Joe so hart

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