Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut
aber das bekommen wir schon hin, wenn die Ursache der Probleme erst einmal mit Stumpf und Stiel ausgerottet ist.«
Shoshanna überlegte. Ein offener Krieg würde das Weltgeschehen beeinflussen und auch die Geschäfte, die ihnen im Augenblick noch den Rücken stärkten, aber andererseits konnte ein gezielter Schlag auch neunzig Prozent der Probleme im Handumdrehen lösen. »Wie stark ist deine Armee?«
»In zwei Monaten ist sie bereit.«
Dann würde San Francisco brennen.
46
Achtundvierzig Stunden nach dem Schusswechsel saß Indigo mit ihrem Vater am Rand der Weißen Zone. Sie hatte Drew nicht einen Augenblick allein lassen wollen, aber Lara hatte Hawke gerufen, und der hatte Indigo gedroht, sie eigenhändig hinauszutragen, wenn sie nicht sofort eine Pause einlegte.
»Ich habe mich für ihn entschieden«, erzählte sie Abel. »Meine Wölfin hat sich für ihn entschieden, aber er weiß es nicht.« Zu viele Leute hatten herumgestanden, als Drew aufgebrochen war, um die Schicht zu übernehmen, und sie hatte warten wollen, bis sie allein waren, es sollte ein ganz besonderer Moment werden. »Ich wollte es ihm sagen, sobald er wieder zu Hause war, aber – «
Ihr Vater strich ihr mit seiner großen Hand übers Haar. »Meinst du nicht, er hat gemerkt, wie das Band eingerastet ist?«
»Aber wenn ich ihn nur eher als Gefährten akzeptiert hätte, dann hätte ich – «
»Du hast ihn gehalten«, sagte Abel unerschütterlich. »Mehr kann eine Gefährtin nicht tun. Und du tust es immer noch.«
»Ich liebe ihn so sehr«, sagte sie, »dass der Gedanke, ich könnte ihn verlieren, mir fast das Herz zerreißt.«
»So sind wir nun mal, Spätzchen.«
Der Kosename aus Kinderzeiten sollte ihr ein Lächeln entlocken. Aber das funktionierte jetzt nicht. Nichts hätte funktioniert. Doch sie ließ sich von seinen starken Armen trösten. »Davor habe ich die ganze Zeit Angst gehabt – jemanden so sehr zu lieben und ihn dann zu verlieren.«
Abel strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Du kannst gar nicht anders, als aus ganzem Herzen zu lieben, mein Schatz. So bist du nun mal.«
»Und er auch«, flüsterte sie. »Er hat so viel Liebe in sich, Dad.« Das Band zwischen ihnen zeigte, dass seine Gefühle noch tiefer waren, als sie vermutet hatte. Andrew Liam Kincaid war etwas ganz Besonderes, und er gehörte ihr. »Ich wünschte, du könntest ihn mit meinen Augen sehen.«
»Das wäre gegen die Natur«, sagte ihr Vater trocken. »Ich muss ihm in den Hintern treten können, wenn es nötig ist – deshalb muss ich in ihm den Mistkerl sehen, der es gewagt hat, meiner Tochter wehzutun, indem er sich eine Kugel eingefangen hat.«
»Drohst du etwa meinem schwer verwundeten Gefährten?«
Abel küsste sie auf die Stirn. »Ich werde mich zurückhalten, bis er wieder bei Kräften ist.«
Indigo wollte gerade antworten, als ein vertrauter Duft sie ablenkte. »Evie ist da.«
»Ja, natürlich.«
Fast hätte sie geweint, als ihre Schwester sie umarmte, aber sie schluckte die Tränen hinunter. Sie würde nicht weinen. Denn damit würde sie sich geschlagen geben. Und sie würde Drew niemals aufgeben.
Nachdem Hawke eine Stunde an der Seite des regungslosen Drew verbracht hatte, war er vor die Zimmertür gegangen. Er stemmte sich mit beiden Händen gegen die Flurwand und hätte am liebsten auf sie eingeschlagen, wollte Vergeltung, obwohl er wusste, dass es Drew auch nicht geholfen hätte, wenn er Henry Scott in diesem Augenblick erwürgt hätte.
Der Wolf dachte nicht logisch. Er war zornig und –
Eine Witterung. Wie exotische Gewürze. Sandpapier auf seiner Haut.
Er bewegte sich nicht, hoffte, sie würde verdammt noch mal vorbeigehen.
Doch sie blieb stehen und legte ihm sogar vorsichtig die Hand auf den Rücken. »Ist er … ?«
Hawke drehte sich nicht um, denn wenn er ihr jetzt in die Augen sah, würde er vielleicht Dinge tun, die er nie wieder rückgängig machen konnte. »Sein Zustand ist stabil, sonst aber unverändert.«
Ihre Fingernägel kratzten über sein T-Shirt, als sie die Hand zur Faust ballte. »Aber er wird doch wieder gesund, nicht wahr?«
Er sollte sie beruhigen, jeden anderen aus dem Rudel hätte er jetzt in den Arm genommen. Aber bei Sienna Lauren konnte er sich selbst nicht über den Weg trauen. »Er ist stark genug.« Als sie die Hand von seinem Rücken nahm, war es wie ein Verlust, ein Stich ins Herz. »Lara ist recht hoffnungsvoll – und dein Onkel hat mitgeholfen, die Verletzungen im mikroskopischen Bereich zu
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