Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut
immer sie war.
Drew sah sie allerdings nie, nur seine Witterung verfolgte sie. Diese Schattenexistenz heizte ihre Verdrossenheit weiter an und befriedigte gleichzeitig einen Teil ihrer Sehnsucht. Sie hatte geglaubt, dass ihr Hunger durch die Distanz geringer werden würde. Aber er schien eher noch stärker zu werden – bis er schließlich in jeder Zelle pulsierte und sie anfing, nach den verdammten Küssen Ausschau zu halten.
»Ich schwöre, ich drehe ihm den Hals um«, murmelte sie leise, als ein Rudelgefährte sie angrinste, als sie sich auf dem Weg zu Hawke befand. Denn Drew, dieser Teufel, hatte das Rudel inzwischen auf seiner Seite.
»Er hat doch nur die Beherrschung verloren«, hatte Yuki vor ein paar Tagen gesagt. »Kann jedem einmal passieren.«
»Du musst ihm eine Chance geben, es wieder gutzumachen«, hatte sich Jem aus Los Angeles gemeldet – dank des Rudelfunks war sie bestens informiert. »Wie soll er es denn sonst lernen?«
»Mi Amigo ist traurig«, hatte Tomás nicht viel später mit langem Gesicht und traurigen Augen gemeint, sie hatte es ihm nicht abgekauft. »Wie kannst du jemanden, der dich so verehrt, so grausam behandeln?«
»Gönn ihm eine Verschnaufpause«, hatte Lara sie erst gestern gebeten. »Er sieht so niedergeschlagen aus, dass es mir das Herz bricht.«
»Niedergeschlagen, wer’s glaubt«, grummelte Indigo. Sie kannte ihn besser. Er nutzte seinen Charme, um jedermann hinters Licht zu – »Verdammt.« Sie hatte den kleinen Block vergessen, auf dem sie sich ein paar Dinge notiert hatte, die sie mit Hawke besprechen musste; sie machte kehrt und ging wieder zurück.
Das Grinsen vieler Kollegen hätte sie warnen sollen, aber sie rechnete nur mit einer weiteren Rose. Vielleicht hatte ihr Herz auch einen Schlag ausgesetzt bei diesem Gedanken, aber sie würde seinem rücksichtslosen Drängen nicht nachgeben. Andrew Liam Kincaid würde sie nicht in die Knie zwingen.
Dann war sie vor ihrer Wohnungstür angekommen. Und blieb wie angewurzelt stehen.
Es war ein Kuscheltier. Ein Wolf, um genau zu sein. Mit weichem silbrigem Fell und blauen Augen. In seinem Maul steckte ein Umschlag.
Indigo sah sich auf dem verräterisch leeren Flur um – die steckten wohl alle hinter der nächsten Ecke. Sie starrte das flauschige Bündel an. Würde es einfach ignorieren.
Sie öffnete die Tür, ging in die Wohnung und steckte den Block in die Tasche. Doch als sie wieder auf den Flur trat, saß der kleine Wolf so süß da, dass sie ihn einfach nicht dort sitzen lassen konnte. Grummelnd nahm sie ihn mit in die Wohnung und schloss die Tür.
Da sie das Kuscheltier nun schon in der Hand hielt, musste sie auch in den Umschlag schauen. Den Wolf im Arm, riss sie den Umschlag auf und zog eine Karte heraus, auf der eine geprägte Rose prangte, an deren Stiel jemand große Dornen gezeichnet hatte. »Nein, wie süß«, sagte sie giftig, ihre Wölfin fuhr die Krallen aus.
Sie öffnete die Karte, das konnte unmöglich Drews Handschrift sein. In feinen goldenen Lettern stand dort eine Einladung zu einem Abendessen für heute im nobelsten Restaurant San Franciscos, anlässlich der … Indigo blinzelte und las die Zeile ein zweites Mal.
… anlässlich der Abschiedsfeier von Andrew Kincaid.
Indigo kniff die Augen zusammen, ihre Wölfin war misstrauisch. Was hatte er bloß vor? Denn sie glaubte nicht, dass er aufgegeben hatte. Im Vokabular eines Gestaltwandlers fehlte dieses Wort.
Aber vielleicht wollte sie es auch nur nicht glauben. Denn falls er aufgegeben hatte, war es wirklich vorbei. Endgültig. Für alle Zeit. Ihre Wölfin würde nie jemanden akzeptieren, der klein beigab.
»Oh nein!«, sagte sie und schüttelte den Kopf. Er hatte es schon wieder geschafft, dass sie an ihn gedacht hatte, als würden sie immer noch wie Liebende umeinander werben. Das taten sie aber nicht. Doch sie würde seine Einladung annehmen.
Es wurde Zeit, dass sie die Sache von Angesicht zu Angesicht klärten.
35
Als er erfuhr, dass Indigo nicht nur das Kuscheltier mit in ihre Wohnung genommen hatte, sondern dabei auch ziemlich wütend ausgesehen hatte, stieß Andrew einen Seufzer der Erleichterung aus. »Sehr gut«, sagte er zu Brenna gewandt, die er von der Arbeit abhielt. Er lehnte mit dem Rücken an einer der Kommunikationskonsolen und hatte die Füße hochgelegt.
Brenna sah von ihrem Touchscreen auf. »Sehr gut? Du freust dich darüber, dass die stärkste und vermutlich gefährlichste Frau in der Höhle dich zu Schaschlik
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