Wilde Leidenschaft, zärtliches Glück
„Ich frage aus reiner Neugier. Die letzten Jahre warst du selten hier.“
„Wie willst du das wissen? Du hast ja in Houston gelebt.“
„Houston ist nicht aus der Welt. Ich bin mit meinen Freunden und meinem Bruder in Kontakt geblieben. Sie haben mir immer erzählt, was in Royal so vor sich geht.“
„Mir auch“, sagte Rick. „Also, dein Bruder nicht. Er und ich waren nie wirklich befreundet.“
„Stimmt“, bestätigte sie und dachte, dass das jetzt sogar noch viel weniger der Fall war als früher – was Rick nur noch nicht wusste.
„Joe Davis hat mir damals gesagt, dass du wegziehst“, sagte Rick.
Sadie nickte lächelnd. Joe, der inzwischen die beste Autowerkstatt der Stadt leitete, und Rick hatten sich schon immer nahegestanden. Auch deshalb hatte sie sich beeilt, Royal zu verlassen. Joe hätte Rick sonst mit Sicherheit von ihrem Geheimnis erzählt – und der Himmel weiß, was dann passiert wäre.
„Das mit Michael hat er mir auch erzählt. Nachträglich mein Beileid …“
Sie spürte einen Stich in der Brust. Ihr Bruder hatte oft in Schwierigkeiten gesteckt, war irgendwie nie zur Ruhe gekommen und hatte schließlich Trost im Alkohol gesucht. Vor acht Monaten war er in Kalifornien mit seinem Wagen betrunken von der Straße abgekommen und über die Klippen gestürzt.
Sadie vermisste ihn schrecklich, und ihr einziger Trost war, dass er keine unschuldigen Menschen mit in den Tod gerissen hatte. Und wer weiß, vielleicht hatte er jetzt endlich den ersehnten Frieden gefunden.
Sie hob das Kinn. „Danke. Es war schlimm, ihn auf diese Art zu verlieren.“
„Er war ein prima Kerl.“
„Und ein prima Bruder“, sagte sie mit einem traurigen Lächeln. Michael hatte viele gute Seiten gehabt und würde ihr immer in Erinnerung bleiben.
„Und jetzt kehrst du also Houston den Rücken“, sagte Rick und wechselte damit das Thema. „Lebst du wieder bei deinem Dad?“
„Nur vorübergehend, bis ich etwas Passendes gefunden habe. Seit Moms Tod vor ein paar Jahren reist Dad zum Angeln um die Welt. Zurzeit ist er in der Karibik. Brad wohnt auch nicht mehr daheim …“
„Fühlst du dich allein in dem großen Haus nicht einsam?“
„Einsam?“ Fast hätte sie gelacht. „Ehrlich gesagt, schon lange nicht mehr.“
Rick runzelte die Stirn. „Wie heißt denn dein Freund?“
„Ich habe keinen. Dazu fehlt mir gerade wirklich die Zeit.“ Vorerst beließ sie es dabei, denn gleich würde er selbst sehen, warum.
Eine Weile hörte man nur den Motor und das leise Rauschen der Klimaanlage.
Sadie sah aus dem Fenster. Sogar die Bäume litten unter der enormen Hitze.
„Irgendwie habe ich dich besser gelaunt in Erinnerung“, sagte Rick.
Oh ja, daran erinnerte sie sich gut! So gut sogar, dass sie unwillkürlich auf dem Beifahrersitz herumrutschte. Von den Bildern, die unwillkürlich vor ihrem geistigen Auge auftauchten, wurde ihr siedend heiß. Rick und sie. Umarmungen … leidenschaftliche Küsse und nie gekannte Gefühle …
Trotz ihrer Aufregung würde sie schon bei der geringsten Berührung in Flammen stehen, das war ihr bewusst.
„Aber wenn du sagst, dass alles bestens ist …“, sagte er mit seiner dunklen Stimme, die ihre Haut zu streicheln schien.
Das konnte sie nun beileibe nicht behaupten. Trotzdem log sie: „Ja, wie gesagt, mir geht’s gut.“
Die vertraute Landschaft glitt vorüber, als sie auf dem Highway zum exklusiven Pine Valley fuhren. Dort lag das Haus der Familie Price, aus dem Sadie vor drei Jahren ausgezogen war, um in der Anonymität der Großstadt neu anzufangen.
Jetzt, da sie zurück war, holte die Vergangenheit sie ein.
Wieder betrachtete sie Rick mit seinen kurz geschnittenen braunen Haaren. Sie kannte ihn schon ihr ganzes Leben, aber nähergekommen waren sie sich nur dieses eine denkwürdige Mal. Er wirkte älter, ernster – und noch selbstbewusster als früher. Mit seinen kräftigen Händen steuerte er sicher den Wagen.
„Ist wirklich alles in Ordnung?“ Er sah sie kurz an und dann sofort wieder auf die Straße.
Typisch Rick. Er nahm seine Verantwortung ernst und ließ sich nicht so leicht ablenken. Ordnung und feste Regeln waren ihm wichtig, und er gehört zu den Männern, die stets taten, was sie für richtig hielten.
Aber was ihr richtig erschienen war, würde er kaum gutheißen. Nein, dieser Tag würde nicht gut enden, so viel stand fest. Natürlich würden die Leute reden, und dass Rick bisher noch nichts wusste, lag nur daran, dass er erst am Vortag
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